Der 4K-Betrug, der niemandem auffällt
Hintergrund

Der 4K-Betrug, der niemandem auffällt

Luca Fontana
16.11.2018
Bilder: Thomas Kunz

Wenn Hersteller die Werbetrommel für ihre 4K-Fernseher rühren, dann versprechen sie mehr Pixel, als sie liefern. Das Komische: Niemanden stört es.

Ein bisschen komisch ist das schon: Fernsehhersteller propagieren ihre Ultra-HD-Fernseher so, als ob sie eine 4K-Auflösung hätten. Dass das nicht stimmt, hindert sie nicht daran, überall dort die magische Vier mit dem K draufzuknallen, wo es eine Glotze ans Volk zu bringen gilt.

Offenbar ist «4K» marketingtauglicher als «Ultra HD».

Nichtsdestotrotz: Die Hersteller kommen mit dieser Unwahrheit durch, ohne, dass jemand die Nase rümpft. Vermutlich deswegen, weil die Meisten gar nicht wissen, dass 4K nicht dasselbe ist wie Ultra HD (UHD).

Reden wir mal über Bildauflösung

Falls dir Begriffe und Abkürzungen wie Full HD (FHD), Ultra HD (UHD), 4K und 8K nichts sagen: Sie beschreiben die Bildauflösung. Sie tut nichts anderes, als dir zu sagen, wie viele Pixel sich auf dem Bildschirm befinden. Das ist wichtig, denn die Pixel erzeugen das Bild, und je mehr Pixel vorhanden sind, desto schärfer kommt das Bild rüber.

Noch vor wenigen Jahren besass der typische Fernseher eine Auflösung von 1920×1080 Pixeln, Full HD genannt. Ganz genau bedeutet das:

  • Auf jeder horizontalen Pixelzeile hat es 1920 Pixel
  • Auf jeder vertikalen Pixelspalte hat es 1080 Pixel

Multiplizierst du diese beiden Zahlen, bekommst du die Gesamtzahl der Pixel, die sich auf dem TV-Bildschirm befinden. Also 2 073 600 Pixel im Fall von Full HD. Heutige Fernseher – besonders ab einer Bilddiagonalen von 55 Zoll – besitzen über acht Millionen Pixel. Diese Auflösung hat die Bezeichnung Ultra HD und wird immer in 3840×2160 Pixeln angegeben.

Pixel in der Breite mal Pixel in der Höhe ergibt die Gesamtanzahl Pixel
Pixel in der Breite mal Pixel in der Höhe ergibt die Gesamtanzahl Pixel
Quelle: Luca Fontana

Was jetzt kommt, ist entscheidend für die «4K ist nicht gleich UHD»-Debatte: In Hollywood haben Kinofilme ein anderes Verhältnis von Breite und Höhe als Produktionen fürs Fernsehen.

Update 20.11.2018, 9:52 Uhr: 4K wird von digitalen Kinos verwendet und entspricht in der Regel einer Auflösung von – und das ist ein bisschen die Variable, die absolute Aussagen verunmöglicht – bis zu 4096×2160 Pixeln. Das entspricht einem Seitenverhältnis von etwas mehr als 17:9. Anschliessend wird das Bild durch «cropping», also das Wegschneiden von Pixeln, auf das in Kinos gängige Format von 21:9 gebracht. Danke @Kommentarspalte für diese Präzisierung!

Im Kino beträgt das Seitenverhältnis also meistens 21:9. Bei Fernsehfilmen und -serien ist das Verhältnis hingegen 16:9. Salopp gesagt: Das Bild ist bei Kinofilmen breiter. Damit Kinofilme am TV links und rechts nicht beschnitten werden, kommen stattdessen oben und unten schwarze Balken am Bildschirmrand. So bekommt der Kinofilm ein 16:9-Format, das auf dem Fernseher abgespielt werden kann.

Das Bild im Kinoformat – Cinemascope – ist breiter als das übliche 16:9-Bild einer TV-Produktion – darum hat’s die schwarzen Balken
Das Bild im Kinoformat – Cinemascope – ist breiter als das übliche 16:9-Bild einer TV-Produktion – darum hat’s die schwarzen Balken

Hollywood hat sein Kinoformat nach der Anzahl Pixel, die sich auf der horizontalen Achse befinden, benannt. Sprich: Aus 2048×1080 Pixeln wird 2K, und aus 4096×2160 Pixeln wird 4K. Da das Bild breiter ist, besitzt es etwa 0.6 Millionen Pixel mehr als die üblichen TV-Produktionen.

Darum sind 4K-Fernseher keine 4K-Fernseher

Wenn ein TV-Hersteller mit 4K wirbt, dann verspricht er etwa 8.8 Millionen Pixel, die sich auf dem Panel befinden. Das ist faktisch falsch. Denn ein Fernsehpanel wird mit dem für TV-Produktionen üblichen 16:9-Bildverhältnis gebaut; die Auflösung kann daher rein physisch gar nicht 4K sein – der Fernseher ist zu schmal dafür.

Korrekt wäre also die Bezeichnung UHD-Fernseher. Denn das ist die Bezeichnung für die Auflösung mit 16:9-Verhältnis. Und diese besitzt «nur» 8.2 Millionen Pixel.

Das ist wichtig. Die höhere Gesamtzahl an Pixeln bei 4K auf der Oberfläche eines herkömmlichen UHD-Fernsehers würde eigentlich auf eine höhere Pixeldichte deuten – ein effektiver Vorteil. Die Anzahl Pixel ist aber genau jene von UHD. Der Hersteller verspricht den Kunden mit 4K also mehr, als er einhalten kann, ohne, dass die Kunden es merken, weil die meisten den Unterschied zwischen 4K und UHD nicht kennen.

Warum tut niemand etwas dagegen?

Das Problem ist: 4K ist als Begriff oder Label – anders als Ultra HD oder gar Ultra HD Premium – nicht durch Kriterien und Mindestanforderungen geschützt. Hersteller könnten also ohne weiteres ihre Produkte mit 4K-Labeln versehen, ohne, dass etwas passieren würde.

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So, und jetzt kommen langsam aber sicher die ersten 8K-Fernseher auf den Markt, die eigentlich «nur» eine Auflösung von 7680×4320 Pixeln haben und daher gar keine 8K-Fernseher sind. Aber wie heisst es dann? Während meinen Recherchen bin ich auf Begriffe wie «Super Hi-Vision» oder «UHD-2» gestossen. Ich werde in Zukunft bei UHD-2 bleiben und ergänze meine Tabelle entsprechend.

Ob der Begriff «4K» jemals geschützt wird? Ich glaube nicht. Nicht, solange die breite Masse nicht Bescheid weiss und findet, dass die Hersteller ihre eigene Produkte korrekt zu bewerben hätten.

Update 16.11.2018, 9:04 Uhr: Laut Kommentar-Spalte vermarktet auch digitec.ch die UHD-TVs zu Unrecht als 4K-TVs. Recht hat sie!

Grafiken: Made with Flourish.

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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