
3 inklusive Designs, die sich der Barrierefreiheit widmen
An der Mailänder Designwoche gab es auch Projekte, die sich mit inklusivem Design befassen. Diese drei Beispiele haben mir am meisten imponiert.
Weil es fast nichts mehr gibt, das es nicht schon gibt, sollten sich Gestalterinnen und Gestalter heute meiner Ansicht nach vor allem auch Bereichen widmen, die noch Designwüsten sind. Genau dort setzen drei Projekte an, die ich in Mailand gesehen habe. Sie versuchen, den Weg für Menschen mit körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen etwas weniger holprig und neu zu gestalten.
Ein Stuhl, der dich umarmt
«Oto – Hugging Chair» wurde für autistische Menschen designt; er kann aber allen helfen, die einmal eine Umarmung brauchen. Der Stuhl verfügt über aufblasbare Innenwände, die leichten Druck auf den Körper ausüben. Dieser Druck soll dazu beitragen, dass sich Betroffene entspannter fühlen. Gleichzeitig kann die Umarmung dazu führen, dass du empfänglicher wirst. Für ein Gespräch oder einen Lernprozess. Hinter dem Design steckt Alexia Audrain. Die Tischlerin und Möbeldesignerin hat den Prototyp dieses Stuhls 2021 im Rahmen eines Abschlussprojekts gebaut, um den Bedürfnissen einer bestimmten Gruppe von Nutzenden gerecht zu werden.



Quelle: Pia Seidel
«Oto» wird seither im Austausch mit Expertinnen und Experten im EXAC-T, dem Kompetenzzentrum für Autismus und neurologische Entwicklungsstörungen, in der französischen Stadt Tours weiterentwickelt. In diesen Prozess sind auch Menschen mit Autismus involviert. Sie teilen ihre Erfahrungswerte für ein optimales Ergebnis. Denn für Audrain hat die Benutzerfreundlichkeit oberste Priorität. Produkte sollen auf ein Problem oder einen Bedarf reagieren und Wissenschaft ins Möbeldesign integrieren.
Design für alltägliche Aufgaben wie Schuhe binden
In der interaktiven Ausstellung wurden die Ergebnisse des ETH-Projekts «Cybathlon» gezeigt. Das gemeinnützige Projekt fordert Teams aus aller Welt dazu auf, unterstützende Technologien zu entwickeln, die für den täglichen Gebrauch für Menschen mit Behinderungen geeignet sind. Es erkundet Design mit dem Ziel, Barrieren abzubauen. Das gilt auch für die Erschwinglichkeit und Recycelbarkeit der Endprodukte.
Unter diesen Produkten waren modernste Hilfsmittel, wie zum Beispiel der Roboterarm «SoftHand Pro». Er wurde in Zusammenarbeit mit Maria Rosanna Fossati entwickelt, die selbst eine Handprothese trägt.



Quelle: Pia Seidel
Trinkgläser der etwas anderen Art
Alena Halmes entwirft Dinge, die schön aussehen und noch viel schöner klingen. Die in Basel lebende Designerin verfolgt dabei einen neuartigen Ansatz, bei dem sie Blindheit als Chance sieht, das Nicht-Visuelle in ihre Entwürfe zu integrieren. Für ihr Abschlussprojekt «Augen zu – eine unsichtbare Designsprache» an der HGK Basel hat sie diesen erstmals in Objekte umgesetzt.



Quelle: Pia Seidel
Halmes hat geburtsblinde Menschen gefragt, wie sie zum Beispiel Wasser beschreiben, das auf eine heisse Kochplatte fällt und zischt. In diesem Video kannst du reinhören. Im Anschluss hat sie die Beschreibungen zum Leben erweckt und mit dem neu gewonnenen Repertoire an Eigenschaften ein Gläserset entworfen, das ein haptisches, akustisches und spielerisches Erlebnis schaffen soll und diesen neuen Designansatz repräsentiert. Im Moment ist die Designerin dabei, eine kleine Stückmenge zu produzieren, damit diese im Herbst an der Food Experience von Steinbeisser mit den Köchinnen Zizi Hattab und Karime López eingesetzt werden können.


Quelle: Pia Seidel
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.