Aus der Hüfte geschossen: Street Photography – so wirds gemacht
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Aus der Hüfte geschossen: Street Photography – so wirds gemacht

Denny Phan
1.9.2016

Nach Portrait- und Landschaftsfotografie ist Street Photography eines der beliebtesten Motivthemen. Ich verrate dir meine wichtigsten Tipps + Tricks!

Wie du dir vielleicht schon denken kannst, geht es nicht darum, die Strassen als solche zu fotografieren. Viel mehr dreht es sich um das Leben, das sich darauf abspielt. Und dieses gilt es so ungeschminkt, ungestellt und authentisch einzufangen wie nur möglich. Dabei muss man nicht zwingend in New York unterwegs sein. Strassenfotografie passiert überall dort, wo Menschen und ihre Bauwerke miteinander agieren.

1. Inspiration für die Motivwahl

Auf den Strassen dieser Welt tummeln sich etliche Motive, doch worauf sollte man seine Linse richten, wenn man im Dorf oder Grossstadtdschungel unterwegs ist? Ein beliebtes Thema, das ich selber auch am meisten aufgreife, ist das Hervorheben von Gegensätzen. Alte Gebäude und junge Leute, riesige Personen in winzigen Autos, betrunkene Gesellen vor eindeutigen Verbotsschildern… ich denke du verstehst, was ich meine. Sozialkritische, lustige oder sarkastische Botschaften sind dabei besonders interessant.

Menschen neigen dazu, ihre Bauwerke im rechten Winkel und symmetrisch zu gestalten. Dies natürlich aufgrund von Statik und Stabilität. Insgeheim bin ich mir aber sicher, dass die Architekten den starken Wunsch verspüren, dass ihre Bauwerke fotografiert und bewundert werden. Wir sollten ihnen den Gefallen tun und nach den Symmetrien und Linienführungen Ausschau halten, denn sie wirken auf uns Menschen unglaublich ästhetisch.

Graffiti und Schatten sind zwei weitere Gestaltungselemente, die sich sehr gut in die Strassenfotografie einbinden lassen. Graffiti verfügen in den meisten Fällen über eine Botschaft, die man sich in Verbindung mit Passanten zu nutze manchen kann. Schatten sind vor allem bei tiefem Sonnenstand interessant und können deinen Bildern das gewisse Etwas verleihen.

2. Die Überwindung, Menschen zu fotografieren

Menschen spielen in der Strassenfotografie eine äusserst wichtige Rolle. Diese erkennbar zu fotografieren, ist in der Schweiz aber eine rechtliche Grauzone. Grundsätzlich darf man niemanden ohne seine Einwilligung fotografieren und erst recht nicht veröffentlichen. Trotzdem ist es der Wunsch vieler Street Photographer, Personen ungestellt mit echten Emotionen einfangen. Die Spontanität gebietet, dass man vorher nicht um Erlaubnis bitten kann. Leute ohne ihr Wissen zu fotografieren und dabei riskieren, erwischt zu werden, ist zu Beginn nicht jedermanns Sache.

Ich vertrete stark die Meinung, dass man seine eigene Komfortzone bis zum Mond und zurück ausweiten kann, wenn man nur engagiert genug ist. Wichtig ist es, sich bewusst zu machen, dass man seine Nervosität meist nach aussen trägt und dadurch zögert, den Auslöser zu drücken. Zögern ist der grösste Feind des Street Photographers. Es ist auffällig und führt dazu, dass du den entscheidenden Moment verpasst. Es gilt also, sich so oft wie möglich in diese unbequeme Situation zu begeben. Bis man sich zum Punkt gebracht hat, wo es erst unbequem wird, wenn man seinem Motiv mit einer Makrolinse bis auf 30 cm Abstand auf die Pelle rückt. Übung macht auch hier den Meister!

Spiel mit Schwarz und Weiss.

Nach dem Schiessen des Fotos, wo eine oder wenige Personen klar erkennbar sind, geht man selbstverständlich zu seinem «Opfer» und fragt um Erlaubnis. Meiner Erfahrung nach verlangen die wenigsten Menschen, dass das Bild gelöscht werden muss. Eine Übersicht zur Rechtslage in der Schweiz findest du übrigens hier.

3. Emotionen und entscheidende Momente

Auf der Suche nach Motiven auf der Strasse spielt das Einfangen von menschlichen Emotionen eine äusserst wichtige Rolle. Oft zeigen sie sich nur für einen Sekundenbruchteil in Form eines Gesichtsausdrucks, einer Handbewegung oder einer Körperhaltung. Das sind die entscheidenden Momente, nach denen du Ausschau halten und dann deine Kamera im Anschlag haben musst.

4. Erfolgsrezepte und Techniken

Manche Motive sind etwas kamerascheu und brauchen etwas Zeit, bis sie sich dir zeigen und ihre Ausdruckskraft entfalten. Da hilft leider nur warten, warten und noch länger warten. Es kam schon vor, dass ich mehrere Minuten vor einem coolen Hintergrund stand und darauf gewartet habe, dass eine interessante Person das Bild komplettiert. Das sind dann leider auch genau die Momente, in denen es sich anfühlt, als wäre gerade eines der apokalyptischen Hollywood-Szenarien eingetroffen und du seist nun der letzte Mensch auf Erden. Aber vertraue mir, warten lohnt sich immer!

Wenn du das Gefühl hast, dass deine Strassenschnappschüsse nicht interessant genug sind, kann es helfen, den Betrachtungswinkel zu wechseln. Versuch es mal auf Bodenebene, um allfällige Reflektionen in Pfützen hervorzuheben. Oder mit der Kamera überm Kopf, um etwas mehr Übersicht zu gewinnen. Nutze Perspektiven und unterschiedliche Distanzen dazu, etwas im Bild stärker zu gewichten. Diese Tipps sind der optimale Ausgleich zur zuvor beschriebenen Wartetaktik.

Eine Technik, die von vielen Strassenfotografen praktiziert wird, um Menschen unauffällig zu fotografieren, ist das Schiessen aus der Hüfte. Dabei richtet man die Kamera auf sein Motiv und betätigt den Auslöser, ohne durch den Sucher zu schauen. Dies braucht etwas Übung und setzt einen vertrauten Umgang mit der eigenen Kamera voraus. Heutzutage verfügen viele Kameras über einen ausklappbaren Bildschirm, der dir diese Technik um einiges erleichtert. Ich kenne auch Fotografen, die eine Smartphone-App oder einen Fernauslöser benutzen.

Kommt es bei dir vor, dass Motive eigentlich sehr interessant aussehen, aber auf deinem Foto nicht wirklich gut zur Geltung kommen? Dann könnte es sein, dass du noch nicht nahe genug am Geschehen bist. Trau dich! Geh näher ran und vergiss nicht zu lächeln, um eine allenfalls unangenehme Situation direkt zu entschärfen.

5. Die Ausrüstung

Egal mit welcher Kamera du unterwegs bist, solange du bereit bist, einige Meter zu laufen und geduldig bist, hält dich eigentlich nichts davon ab, in die Strassenfotografie einzutauchen. Natürlich gibt es einige Kameras und Linsen, die dir helfen können, den gewünschten “Streetlook” zu erhalten. Traditionell benutzt man eine Brennweite zwischen 28mm und 50mm (Vollformat). Diese Brennweiten erzeugen einen Bildwinkel, der dem menschlichen Auge ähnlich ist und erlauben dir, die Motive mit genügen Hintergrund und Kontext abzubilden. Da man oft nur Sekundenbruchteile hat, um den entscheidenden Moment einzufangen, hilft eine Kamera, die trotz hoher Sensorempfindlichkeit (ISO-Wert) eine gute Abbildungsleistung hat. Dadurch kannst du auch bei schwierigen Lichtverhältnissen den entscheidenden Moment ohne Bewegungsunschärfe einfangen.

Fazit

Die Strassenfotografie bietet ein riesiges Potenzial, das du am besten abschöpfst, indem du mit weit offenen Augen, einem schnellen Zeigefinger und einer niedrigen Hemmschwelle auf Motivjagd gehst.

Ist dir eine besonders gute Aufnahme gelungen? Wir würden uns freuen, wenn du sie mit uns in den Kommentaren oder auf Facebook teilst!

Welches Objektiv für Street Photography?

Es gibt kein richtig und falsch, fotografieren kann man mit jeder guten Kamera und Linse. Generell sind kompakte, leichte Kameras aus den oben erwähnten Gründen besser geeignet. Lieber eine kleine Systemkamera statt eine ausgewachsene, schwere DSLR.

Wenn du eine Systemkamera besitzt, empfehle ich fürs Objektiv eine Festbrennweite. Warum keine praktische Zoomlinse? Der gute Street Photographer bewegt sich! Er kauert nieder, verbiegt sich für interessante Blickwinkel und sucht den besten Ausschnitt. Ausserdem kennst du bei einer Festbrennweite mit einiger Übung den Ausschnitt, bevor du die Kamera gezückt hast. Das Benutzen einer Festbrennweite schärft deine Sinne für Fotografie.

Folgende Objektive seien dir exemplarisch für die Street Photography ans Herz gelegt:

Canon EF 50mm f/1.8 STM (Canon EF, Vollformat)
127,77 EUR

Canon EF 50mm f/1.8 STM

Canon EF, Vollformat

Canon EF 50mm f/1.8 STM (Canon EF, Vollformat)
Objektiv
127,77 EUR

Canon EF 50mm f/1.8 STM

Canon EF, Vollformat

Das Canon EF 50 mm f1.8 ist legendär. Spitznamen: «nifty fifty» und «plastic fantastic». Es ist günstig, scharf und leicht. Mit seiner geringen Schärfentiefe kann man super Objekte herauslösen und es liefert ein schönes Bokeh. Einfach gut.

Nikon AF-S Nikkor 35mm f/1.8G DX (Nikon DX, APS-C / DX)
169,– EUR

Nikon AF-S Nikkor 35mm f/1.8G DX

Nikon DX, APS-C / DX

Nikon AF-S Nikkor 35mm f/1.8G DX (Nikon DX, APS-C / DX)
Objektiv
169,– EUR

Nikon AF-S Nikkor 35mm f/1.8G DX

Nikon DX, APS-C / DX

Das Nikon AF-S DX 35mm f/1.8G ist weitwinkliger. Man sieht mehr von der Szenerie, was viele Street Photographer schätzen.

Kameratipps

Wenn du eine kompakte Kamera suchst, wirst du vielleicht mit diesen Geräten glücklich (Auswahl!):

Fujifilm X100T (16.30 Mpx, APS-C / DX)
Kamera

Fujifilm X100T

16.30 Mpx, APS-C / DX

Canon PowerShot G7 X Mark II (24 - 100 mm, 20 Mpx, 1")
Kamera
599,– EUR

Canon PowerShot G7 X Mark II

24 - 100 mm, 20 Mpx, 1"

Olympus PEN-F Kit (17 mm, 20.30 Mpx, Micro Four Thirds)
Kamera

Olympus PEN-F Kit

17 mm, 20.30 Mpx, Micro Four Thirds

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Denny Phan
Senior Category Buying Manager & AS
denny.phan@digitecgalaxus.ch

In der einen Hand meine Kamera und in der anderen ein Flugticket. So sieht mein persönlicher Idealzustand aus.

Mehr zu mir und meiner Fotografie findest du auf <a href="https://www.instagram.com/35waves/" target="_blank">Instagram</a> oder meiner <a
href="https://www.35waves.com/" target="_blank">Website</a> 


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