Cats: Der Butthole Cut lässt tief in die Missstände Hollywoods blicken
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Cats: Der Butthole Cut lässt tief in die Missstände Hollywoods blicken

«Cats» ist einer der faszinierendsten Kino-Flops der vergangenen Jahre. Irgendwo soll ein Cut existieren, in dem Katzen After haben. Die Suche nach dem Butthole Cut offenbart Einblick in die schlimmen Arbeitsbedingungen Hollywoods.

Der Kinofilm «Cats» ist einer der faszinierendsten Filme der vergangenen Jahre. Nicht, weil die Hollywood-Version des Musicals aus der Feder Andrew Lloyd Webbers so grossartig war, sondern weil der Film so grossartig schlecht ist. Am Film ist nichts okay.

Mittlerweile ranken sich wilde Gerüchte um den Film. Das hartnäckigste, da war einst ein Cut des Films, in dem die Katzen anatomisch korrekte Geschlechtsteile hatten. Sprich: Jede Katze habe einst einen Anus gehabt. Einen sichtbaren Anus. Die Legende des «Butthole Cut» war geboren.

Dieser ist nun Realität. Zumindest für ein paar Minuten. Denn nachdem die paar Minuten «haha» durch sind, tut sich ein Abgrund auf, in dem die Arbeitsbedingungen für Hollywood-Produktionen, die Eigenheiten eines Regisseurs und die Unsichtbarkeit derer, die deinen Film überhaupt machen, offengelegt werden.

Doch zuerst der lustige Part.

Die Legende des «Butthole Cut»

Es ist der 18. März 2020. Comedian Jack Waz erzählt auf Twitter von einem Kumpel. Dieser habe in Hollywood am Film «Cats» gearbeitet. Sein Job sei es gewesen, sicherzustellen, dass die humanoiden Katzen im Film keinen sichtbaren Anus haben.

Er schlussfolgert daraus: Irgendwo da draussen muss ein Cut des Films existieren, in dem die unheimlichen Mensch-Katzen-Hybriden im Film anatomisch korrekte After haben.

Der Butthole Cut.

Es dauert nicht lange, bis #ButtholeCut und #ReleaseTheButtholeCut auf Twitter trenden. Während sich die Medien auf die Spur des Cuts machen, haben sich die 21 Mitarbeiter der XVP Studios in Chicago hingesetzt und beschlossen, die Welt zu verbessern.

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Die Wahrheit hinter dem Hintern

Aber waren jetzt da je Katzen mit Anus? Da Twitter Twitter ist, gibt es immer jemanden, der jemanden kennt, der irgendwie mal irgendwo irgendwas mit dem Thema du jour zu tun hatte. Darunter Filmautor und Special-Effects-Macher Ben Mekler, der sich seine Sporen mit «G.I. Joe: Retaliation» verdient hat. Er hat einen Kollegen gefragt, der anscheinend auch an «Cats» gearbeitet hat. Die Antwort seines Kollegen:

Da waren nie Bilder von Katzen mit After. Oder sicher nicht als bewusster Design-Entscheid, nicht dass ich sie gesehen hätte. Aber da waren etwa ein Dutzend Shots, in denen die Haut und das Fell der Katzen so animiert wurde, dass sie wirklich so aussahen wie ziemlich fellige weibliche Geschlechtsorgane und After. Zufall. Die Arbeit (wie es es üblich ist mit Filmen, die viel CGI brauchen) fiel dem 2D-Department zu, das die Sache beheben musste, sobald diese entdeckt wurden. Tägliche Meetings waren dann permanent seltsame Diskussionen, in denen Leute ihren ganzen Mut zusammennehmen und sagen mussten: Sieht das wie eine Vagina aus?
Anonymous, via Ben Mekler, Twitter, 18. März 2020

Fertig lustig.

Die Praxis eröffnet einen recht finsteren Blick hinter die Kulissen Hollywoods. Nachforschungen der Journalisten graben alte Tweets aus. Nachdem «Cats» an den Oscars im Februar von den eigenen Stars James Corden und Rebel Wilson lächerlich gemacht wurde, meldet sich Yves McCrae zu Wort:

Hey Leute, ich habe nicht die ganze Oscar-Verleihung gesehen, aber ich gehe mal davon aus, dass die beiden richtig stilvoll waren und mir für die 80-Stunden-Wochen gedankt haben, die ich geleistet habe, bis ich gefeuert wurde und das Studio seine Türen geschlossen hat.
Yves McCrae, Twitter, 11. Februar

Seltsam: Yves McCraes IMDB-Page listet sein Involvement mit «Cats» nicht. Aber IMDB ist zumindest teilweise von Usern kuratiert, ist daher nicht zwingend vollständig.

Doch McCrae, involviert oder nicht, ist nicht der einzige, der die Arbeitsbedingungen am Film anspricht.

«Fast Sklaverei» in Hollywood?

Das Magazin The Daily Beast spricht in der Folge der ganzen Butthole-Cut-Sache mit einem Animator am Film. Dieser, oder diese, spricht von 90-Stunden-Wochen und Schlaf unter dem Bürotisch. Alles nur, weil Regisseur Tom Hooper den Prozess der Animation nicht verstehe.

Bei am Computer generierten Effekten werden einzelne Sequenzen zweimal gerendert, also vom Computer zu einem Film durchgerechnet. Der erste Render-Vorgang generiert einen sogenannten Playblast, eine rohe Version, in der nur Bewegungen und Formen erkennbar sind. Texturen und Farben fehlen in dieser Version noch völlig, da es unverhältnismässig viel länger dauert, bis Farben, Licht, Texturen und so weiter vom Computer berechnet sind. Bei Playblasts geht es darum, eine Bewegung anzusehen und im Notfall vor dem aufwändigen Rendern zu verbessern.

Tom Hooper aber habe das nicht verstanden und immer nach voll gerenderten Versionen seiner Katzen gefragt. Sollte er doch einmal einen Playblast zu Gesicht bekommen haben, so habe er böse E-Mails an Mitarbeiter gesendet. Schlimmer noch: Tom Hooper habe oft verlangt, dass seine CGI-Katzen die Bewegungen echter Katzen exakt nachmachen. «Und wie wir alle wissen: Katzen tanzen nicht», sagt die anonyme Quelle zu The Daily Beast.

Am Ende seien dann sechs Monate vergangen, bis der erste Trailer fertiggestellt war. Das liess den Animatoren nur noch vier Monate Zeit, bis die Kinoversion fertig sein musste. Denn «Cats» sollte einst im Rennen um die Oscars antreten. Der Film sei dann erst am Tag vor der Premiere fertiggestellt worden.

«Es war fast Sklaverei für uns. So viel Arbeit, so wenig Zeit und alles war kompliziert», sagt die Quelle zu The Daily Beast, «Wir waren so unter Zeitdruck, dass wir keine Zeit für irgendetwas hatten. Wenn also Leute sagen 'Oh, die Effekte waren nicht gut' oder 'Die Animationen sind nicht gut' oder etwas in der Art, dann ist das nicht der Fehler der Animatoren. Wir haben keine Zeit. Sechs Monate für einen zweiminütigen Trailer und vier Monate für einen kompletten 90-minütigen Film. Ich kann gut rechnen… und jeder kann sehen, dass das keinen Sinn ergibt.»

So. Fertig. Mir sind die Synonyme ausgegangen. Daher: Katzenarschloch. Einfach, damit es gesagt ist.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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