Deine Daten. Deine Wahl.

Wenn du nur das Nötigste wählst, erfassen wir mit Cookies und ähnlichen Technologien Informationen zu deinem Gerät und deinem Nutzungsverhalten auf unserer Website. Diese brauchen wir, um dir bspw. ein sicheres Login und Basisfunktionen wie den Warenkorb zu ermöglichen.

Wenn du allem zustimmst, können wir diese Daten darüber hinaus nutzen, um dir personalisierte Angebote zu zeigen, unsere Webseite zu verbessern und gezielte Werbung auf unseren und anderen Webseiten oder Apps anzuzeigen. Dazu können bestimmte Daten auch an Dritte und Werbepartner weitergegeben werden.

News & Trends

Cosplay-Interview: «Sinn gibt das, was einen Menschen ausfüllt»

Martin Jud
8.5.2018
Bilder: Thomas Kunz

Cosplayerin Tiffie gibt Einblick in ihre Leidenschaft. Im Interview spricht sie über Materialschlachten, wachsendes Selbstbewusstsein und Fussfetischismus.

Tiffie, wie bist du zu Cosplay gekommen?

«Es war der Anfang meiner Teenie-Zeit. Wir waren drei Freundinnen, welche sich regelmässig in einem Hobby-Keller trafen. Wir hatten ein Sofa, Computer, TV und gefühlt sämtliche existierenden Konsolen sowie Games.

Irgendwann stiessen wir auf die Homepage cosplay.com. Einem Forum, in welchem sich User über die Herstellung von Kostümen und Requisiten unterhielten. Ganz im Sinne von: 'Wer weiss, wie ich folgendes herstellen kann…?' oder 'Wo bekomme ich jenes Material zum Rüstung bauen?'
Damit eröffnete sich mir eine vollkommen neue Welt.»

Was geschah danach?

«Damals hatten die Boutiquen Claires und Metro frisch extravagante Modestücke und Accessoires im Sortiment. Wir kauften uns Netze, Strümpfe, Handschuhe und erste Perücken. Lokal eingedeckt, versuchten wir als erstes den zu Naruto passenden Ninja-Stile nachzumachen. Wir bastelten wie die Wilden und halfen uns unter anderem auch mit Alufolie aus, um passende Stirnbänder herzustellen.»

Damals hast du die Materialien lokal besorgt – wie sieht es heute aus?

Machst du alles von Hand, wenn du ein Kostüm herstellst?

Was kostet bei dir ein Outfit im Durchschnitt?

Möchte man ein Outfit mit viel Rüstung herstellen – beispielsweise jenes von Iron Man – kann dies mit EVA-Platten gelöst werden. Diese kosten allerdings relativ viel. Eine 50 x 50 cm Platte kostet schnell mal 20 Dollar, womit allerdings erst eine Armschiene hergestellt werden kann. Für eine Komplett-Rüstung gibst du schätzungsweise um die 800 Franken aus.»

Wie lange bastelst du, wenn du ein Outfit von Grund auf herstellst?

«Je nachdem habe ich wenige Tage bis hin zu mehreren Monaten. Kommt auch darauf an, wie viel Zeit ich täglich investiere. Möchte man sich ein aufwändiges Kostüm in einer Ferienwoche selber machen, müsste man schon täglich acht Stunden investieren, um nach einer Woche ein Resultat vor Augen zu haben.»

Von wachsendem Selbstvertrauen

Tiffie, was gibt dir eigentlich Cosplay – warum tust du das?

«Äääähm… Naja, das hat verschiedene Gründe. Bevor ich damit begann, hatte ich sehr viele Selbstzweifel. Meine eigene Person stellte ich oft in den Hintergrund, ich verzichtete aus Unsicherheit auf Aufmerksamkeit. Stress, enttäuschende Jugendliebe und einschneidende Ereignisse nagten am Selbstbewusstsein.

Als ich dann mit Cosplay anfing, konnte ich jemand anderes sein. Jemand, der stark ist. Ich konnte meiner Realität entfliehen. Endlich hatte ich nebst dem Gamen eine Beschäftigung, die mir half, vom ganzen Stress herunterzukommen. Cosplay war für mich damals sowas wie Eigentherapie, ich merkte auf einmal, dass nicht alles schlecht ist, was passiert. Allmählich gewann ich an Selbstbewusstsein.

Haben sich die Gründe für Cosplay im Laufe der Zeit geändert?

Gibt es eigentlich Menschen, welche Cosplay hauptberuflich betreiben – die davon leben können?

«Ja, es gibt wenige, welche das geschafft haben. Diese werden oft als Aushängeschild an Conventions eingeladen. Sie verkaufen dann Prints von sich, geben Unterschriften und nehmen allenfalls auch Aufträge an, um für andere Cosplayer Kostüme zu bauen. Sie geben Workshops, machen Promotion für Auftraggeber oder sitzen in der Jury eines Cosplay-Wettbewerbs.»

Wenn es nun den Zufall möchte, dass du künftig das Glück hättest, von Cosplay leben zu können. Würdest du das wollen?

Fingierte Namen und schlüpfrige Angebote

Lass uns mal über deinen Künstlernamen sprechen. Sobald du dich verkleidest, nennst du dich Tiffie…?

«Beinahe alle, welche öfters Cosplay betreiben, haben einen Künstlernamen. Dieser dient nebst der Wiedererkennung auch als Schutz. Man hat nicht immer Lust darauf, auf dem privaten Facebook-Account von Unbekannten angeschrieben zu werden. Daher macht es sich gut, hier eine Trennung zu haben und Tiffie abgesondert auftreten zu lassen.»

Der Künstlername ist also auch ein Stalker-Schutz?

«Ja, absolut. Man hört oft von kuriosen Anfragen, welche Cosplayer erhalten. Und früher oder später trifft es auch dich selbst. So kam es schon vor, dass ein Fussfetischist Geld für Fotos und ein Video in gewünschtem Outfit und entsprechenden Socken anbot. 100 Franken für Fotos und 1000 für das Video wären mein Lohn gewesen.

Solche Anfragen würde ich als beängstigend empfinden, kämen diese bei einem privaten Social Media-Account herein. In diesem Fall blockierte ich die Person und machte mir nicht weiter Gedanken. Übrigens ist es aus solchen Gründen auch notwendig, sich mit Privatsphären-Einstellungen auseinanderzusetzen und diese richtig anzuwenden.»

Mal Abgesehen von eigenartigen Angeboten; je nach verkörpertem Charakter hat Cosplay durchwegs auch eine erotische Komponente. Wie weit gehst du, wenn du einen solchen Charakter spielst?

Natürlich gibt es auch einen Markt für sexy Cosplay-Outfits. So findet man beispielsweise auf patreon.com auch Umsetzungen, in welchen Game-Charaktere plötzlich nur im Bikini oder gar oben ohne, die Brüste mit den Händen abgedeckt, daherkommen. Einerseits ist das Fan-Service, anderseits ist es fraglich, ob das wirklich sein muss.

Von Erfolg und der Fantasy Basel

Was ist, persönlich gefühlt, dein bisher grösster Cosplay-Erfolg?

«Das Erfolgsgefühl habe ich in erster Linie, wenn ich ein neues Outfit fertig habe und mich darüber freue. Das Schöne an Cosplay ist, sich unter Gleichgesinnten zu bewegen und sich mit diesen auszutauschen. Ich posiere gerne für ein Bild, werde ich an einer Convention aufgefordert – doch Träume ich nicht davon, auf einem sich selbst drehenden Podest stundenlang auf der Bühne zu stehen und bestaunt zu werden.»

Am Donnerstag beginnt die dreitägige Fantasy Basel – was hast du dafür geplant? Ich habe gehört, dass du nicht als normale Besucherin gehst?

«Normalerweise gehe ich auch gerne mal im Casual-Outfit an eine Convention. Doch für Basel habe ich mit einer Kollegin einen Stand gebucht. Daher wird man mich jeden Tag in einem anderen Outfit antreffen. Wir teilen uns die Kosten und den rund zwei Meter breiten Stand – daher bezahle ich lediglich 150 Franken. In den Standkosten ist auch ein Dreitagespass enthalten.»

Wie lange wirst du haben, um dich am Morgen in ein Outfit zu werfen? Machst du das in Basel oder zuhause?

«Bisher habe ich mich immer zuhause bereit gemacht. Was vor allem bei einem Charakter wie Tyrande von Vorteil ist. Denn da benötige ich auch ein Bodypainting und muss Ohren ankleben, was auf der Toilette der Convention nicht ganz einfach sein dürfte. Ich werde wohl 30 bis 60 Minuten für eine Verkleidung benötigen.»

Auf was freust du dich am meisten, wenn du an Basel denkst?

«Auf die Atmosphäre und die Menschen. Einfach mal wieder mit der Community Spass zu haben und Kontakte zu knüpfen. Merchandising ist natürlich auch angesagt – ich kaufe gerne neue Figuren. Allerdings sollte ich mich wegen meinem Portemonnaie etwas zurückhalten, denn dieses freut sich nicht immer über meine Einkäufe.»

Wo können dich allfällige künftige Fans erreichen – wie pflegst du den Kontakt?

Abschlussfrage: Was ist für dich der Sinn des Lebens?

«Boah… Haha… Ich glaube das ist der Spass. Ich möchte einfach leben können, nach vorne schauen, meine persönlichen Ziele umsetzen, Freude empfinden und mir selbst treu bleiben. Sinn gibt das, was einen Menschen ausfüllt. Und ein grosser Teil davon macht in meinem Leben Cosplay aus.»

Vielen Dank, Tiffie!

55 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.


News & Trends

Vom neuen iPhone bis zur Auferstehung der Mode aus den 80er-Jahren. Die Redaktion ordnet ein.

Alle anzeigen