«Der Kartograph» im Test: Dorf, Feld, Fluss
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«Der Kartograph» im Test: Dorf, Feld, Fluss

«Der Kartograph» ist das perfekte Spiel für eine Zugreise oder einen Flug: Es entführt dich in ein fremdes Land, das du kartografieren sollst. Dazu braucht es nur etwas Platz auf einem Tisch für deine Landkarte und einen Bleistift mit Spitzer.

Die Zugreise von Barcelona nach Paris verspätet sich. Wir stehen irgendwo im Nirgendwo bei Montpellier. «Terra Incognita» auch vor mir auf dem heruntergeklappten Tisch im Zweierabteil des TGV. Auf einer dem Spiel «Der Kartograph» beiliegenden Landkarte aus Papier, auf der viereckige Kästchen aufgedruckt sind, habe ich Wälder, Dörfer, Seen und Felder eingezeichnet – die ordne ich so an, dass sie mir am Schluss des Spiels möglichst viele Punkte bescheren. Ich muss eine bessere Karte zeichnen als mein Gegenspieler auf dem Sitz rechts von mir (wobei das Spiel laut Hersteller für bis zu 100 Mitspielende geeignet sein soll).

Die Karten, die die Welt bedeuten

In jeder Runde wird eine Spielkarte aufgedeckt. Sie diktiert, wieviele Kästchen die Kartografinnen und Kartografen ausfüllen dürfen und welche Formen (ähnlich wie bei Tetris) sie einzeichnen. Auch die Art der eingezeichneten Form bestimmt die aufgedeckte Spielkarte: Wasser, Feld, Wald, Dorf oder Goblins. Alle müssen dabei die auf der öffentlichen Spielkarte aufgedruckte Figur auf ihren Landkarten einzeichnen. Ich darf die Figur dazu drehen und spiegeln, wie ich will. Damit hat niemand einen Vor- oder Nachteil, weil es keine Handkarten oder kein Würfelglück gibt.

Wofür es Punkte zu holen gibt, bestimmen die Dekrete, die sich zufällig auf die vier Jahreszeiten verteilen. Das sorgt für abwechslungsreiche Spiele und erfordert taktisches Geschick, weil jedes Dekret nur zweimal gewertet wird.

Auslegeordnung: Die Dekrete oben entscheiden darüber, wie ich Punkte machen kann.
Auslegeordnung: Die Dekrete oben entscheiden darüber, wie ich Punkte machen kann.
Quelle: Simon Balissat

Ich kann mich also entscheiden, die Dekrete im Frühling weniger zu beachten, um dafür im Sommer und im Herbst richtig zu punkten. Oder ich probiere, in jeder Jahreszeit durch geschicktes Einzeichnen ähnlich viele Punkte zu machen.

Richtig fies sind die Goblin-Karten, bei der ich einer Spielerin oder einem Spieler links oder rechts von mir Goblins auf der Karte einzeichnen und so sichergeglaubte Siegpunkte vermiesen darf.

Grosse Welt, kleines Spiel

Nach einem Jahr wird abgerechnet. Wer die Ländereien am geschicktesten kartographiert hat, macht am meisten Siegpunkte und gewinnt die Runde. Bonuspunkte gibt es für gesammelte Goldmünzen. Abzüge für Felder mit Goblins, die ein freies Feld neben sich haben.

Unterdessen setzt sich unser Zug nach einer Stunde wieder in Bewegung, was vom Zugbegleiter leicht euphorisiert kommentiert wird. Ich habe währenddessen zwei Runden verloren, weil ich die schlechteren Karte eingezeichnet habe. Irgendwo fehlte mir immer ein letztes Stück Feld oder ein Dorf war falsch eingezeichnet. Bis Paris sollten es noch viele weitere Karten werden – gesiegt habe ich nie und trotzdem hat das Spiel enorm Spass gemacht.

Eine der vielen Landkarten, die wir auf der Fahrt von Barcelona nach Paris ausgefüllt haben
Eine der vielen Landkarten, die wir auf der Fahrt von Barcelona nach Paris ausgefüllt haben
Quelle: Simon Balissat

Fazit

«Der Kartograph» ist ein ideales Ferienspiel für unterwegs oder am Familientisch. Klein im Format, einfach zu verstehen und dennoch gross in der Spieltiefe. Da eine Runde nicht länger als 45 Minuten dauert, eignet sich das Spiel gut für zwischendurch. Vor allem gefällt mir die ausgeglichene Spielmechanik - niemand am Tisch hat durch Glück einen Vorteil. Und das Spielmaterial ist liebevoll gestaltet. Auf jeder Karte lässt sich etwa ein Wappen gestalten; das hat zwar keinen Einfluss aufs Spiel, lässt mich aber in die Thematik eintauchen.

«Der Kartograph» ist geeignet ab 10 Jahren, dauert pro Runde etwa eine halbe Stunde und ist für bis zu 100 Spielerinnen und Spieler.

Mit «Die Kartographin» gibt es schon eine Nachfolgerin. Auch Erweiterungen mit neuen Landkarten gibt es.

Titelfoto: Simon Balissat

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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