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Dayan Pfammatter
Hintergrund

Der Moment, in dem die Schweiz stillsteht

Die Uhr der SBB ist eine wahrhafte Ikone. Mitsamt dem roten Sekundenzeiger, der kurz vor jeder vollen Minute eine Pause macht. Aber warum genau ist das eigentlich so?

Es ist 15:51 Uhr. Ich warte auf Gleis 4 am Bahnhof Visp auf den IC6 Richtung Bern. In einer Minute müsste der Zug einfahren. Ein Blick auf die Uhr am Gleis: Der Sekundenzeiger bewegt sich auf die 12 zu. Doch anstatt dass die Uhr auf 15:52 Uhr springt, bleibt kurz alles stehen. 15:51:00 Uhr. Was soll das?

Einen Augenblick später bewegt sich der Minutenzeiger auf die 52 und der Sekundenzeiger setzt sich auch wieder in Bewegung. Der Zug fährt fahrplanmässig ein, alles im Grünen.

Wenn du dir die ikonische SBB-Uhr schon für mehr als 60 Sekunden angeschaut hast, ist dir das auch schon aufgefallen. Pünktlich zur vollen Minute bleibt alles für einen winzigen Augenblick auf Stillstand. Dann springt der Minutenzeiger ruckartig vor und alles läuft weiter, als wäre nie was gewesen. Aber warum eigentlich diese Verzögerung? Immerhin ist das Schweizer Zugnetz ja in der Regel gerade für seine Pünktlichkeit bekannt.

Wie eine Design-Ikone entstand

Um zu erfahren, woher dieser Ruckler kommt, müssen wir die Uhr ein paar Jahre zurückstellen. Die heute legendäre Bahnhofsuhr wurde 1944 vom Schweizer Ingenieur und Gestalter Hans Hilfiker entwickelt. Damals noch ohne roten Sekundenzeiger, der erst Jahre später dazu kam. Das gesamte Layout hat Hilfiker bewusst simpel gehalten, damit die Uhr auch aus grosser Distanz gut lesbar bleibt.

Im Jahr 2012 hat Apple unsere SBB-Uhr sogar aufs iPad kopiert – ohne vorher um Erlaubnis zu fragen. Die SBB stellten zwar keine Klage, einigten sich jedoch mit Apple aussergerichtlich auf eine Lizenzgebühr von satten 20 Millionen Franken.

Wie eine Hürde zum Duktus wurde

Jedenfalls hatten die SBB schon von Beginn an einen hohen Anspruch auf Pünktlichkeit ihrer Uhren. Die mittlerweile über 5000 Bahnhofsuhren in der ganzen Schweiz sollen nicht nur genau, sondern auch synchron laufen. Vor 80 Jahren war es aber gar nicht so einfach, so viele Uhren sekundengenau aufeinander abzustimmen – also wählte man kurzerhand einen anderen Ansatz.

An jedem Bahnhof wurde ein eigenes Uhrensystem installiert, mit je einer Mutteruhr und mehreren Nebenuhren. So musste nur die Mutteruhr den Takt angeben und zu jeder vollen Minute einen Impuls an alle anderen Nebenuhren schicken. Das erklärt schon mal den Minutensprung des langen Zeigers.

Vom Manko zum Markenzeichen

Heute wäre es natürlich ein Leichtes, alle Uhren zu synchronisieren und die Sekundenpause zu eliminieren. Genauso wie das schlichte Design ist aber mittlerweile der sonderbare Minutensprung zum Merkmal der Schweizer Bahnhofsuhren geworden. Selbst die rein digitale Mega-Uhr am Bahnhof Wankdorf in Bern bleibt zu jeder vollen Minute kurz stehen.

Beim Blick ins Ausland realisiert man schnell, dass unsere Bahnhofsuhr gewissermassen die Messlatte gesetzt hat. So erinnern etwa die Uhren der Deutschen Bahn nicht nur optisch stark an diese der SBB – auch der stehenbleibende Sekundenzeiger wurde direkt übernommen. Auch in Österreich und Italien ist die Ähnlichkeit der Uhren an den Gleisen und Bahnhöfen nicht von der Hand zu weisen.

In meinen Augen hat dieser Sekundenstopp auch eine schöne Symbolik. Manchmal lohnt es sich eben, kurz innezuhalten, einen tiefen Atemzug zu nehmen und erst dann weiterzumachen. Genau wie es unser ikonischer, roter Sekundenzeiger zu jeder vollen Minute macht.

Titelbild: Dayan Pfammatter

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Praktisch seit ich denken kann fasziniert mich alles, was Tasten, Displays und Lautsprecher hat. Als Journalist mit Fokus auf Technik und Gesellschaft schaffe ich Ordnung im Dschungel aus Tech-Jargon und unübersichtlichen Spec-Sheets.


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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