Der Roboter-Master von Kosmos macht nicht alles richtig
Produkttest

Der Roboter-Master von Kosmos macht nicht alles richtig

Mit dem Robotik-Set von Kosmos erhalten Jugendliche Einblicke in die Welt des Programmierens. Verschiedene selbst zusammengebaute Robotermodelle sollen dabei helfen. Ob der Roboter-Master auch Spass macht?

Aus über 200 Teilen können Jugendliche ihre eigenen Maschinen bauen und danach via App auf dem Smartphone oder Tablet selbst programmieren. Diverse Experimente helfen dabei, dem Coder-Nachwuchs die Blockprogrammiersprache «Scratch» näherzubringen. Motoren und Sensoren helfen, die Roboter zum Leben zu erwecken und sollen kurzweilige Fun-Elemente ins Spiel zu bringen. Die Programmierer in spe können aus acht Modellen auswählen und mit ihnen vorgegebene Experimente durchführen. Kreative Köpfen erstellen ihre eigenen Roboter und füttern sie mit selbstgemachtem Code. Ich teste, ob Kosmos' Roboter-Master angehende Coder und junggebliebene Programmier-Asse lehrt, anspornt und unterhält.

Unboxing: Grosse Teile und viel Leere

Die Schachtel, in der Kosmos den Roboter-Master liefert, ist riesig. Als ich sie öffne, sehe ich aber nur vier kleine Plastiksäcke mit Bauteilen, einen Sack fürs Batteriefach sowie zwei Motoren. Dazu eine fast 100 Seiten umfassende Anleitung im A4-Format. Spoiler-Warnung: In der App gibt's keine digitale Anleitung. Alles, was ich nach Vorgabe bauen kann, finde ich im beigelegten Heft. Das ist weder ökologisch noch zeitgemäss und hat Verbesserungspotenzial. Auch die Tatsache, dass ich Batterien – die nicht im Lieferumfang dabei sind – ins dafür vorgesehene Fach legen muss und der Roboter-Master nicht mit einem Akku funktioniert, ist suboptimal. Sind Batterien eingelegt, aktiviert sich das Bluetooth automatisch und ist eine Minute lang auffindbar. Danach muss ich das Batteriefach schütteln, um es erneut einzuschalten. Dennoch habe ich das Gefühl, dass das Ding nie wirklich aus ist.

Ein überschaubarer Inhalt mit überdimensionierten Bauteilen.
Ein überschaubarer Inhalt mit überdimensionierten Bauteilen.

Was mich ärgert, ist die Tatsache, dass die Box zur Hälfte leer ist. Auf den ersten Blick wirkt die Anzahl Teile knapp bemessen, da ich doch acht verschiedene Roboter damit bauen kann. Ein Zwischenboden in der Schachtel trennt den oberen vom unteren Bereich. Alle Teile inklusive Anleitung und Motoren befinden sich oben, unter dem Karton in der Mitte ist nur heisse Luft. Die Verpackung selbst ist ansprechend gestaltet und wirkt nicht so kindlich wie beispielsweise bei Tinkerbots' My first Robot. Für eine Zielgruppe zwischen neun und fünfzehn Jahren passt das Erscheinungsbild meiner Meinung nach sehr gut. Das Set ist gemäss Sticker auf der Box ausserdem mit anderen Kosmos-Kits kompatibel.

Die Box wirkt ansprechend, auch wenn die Hälfte davon leer ist.
Die Box wirkt ansprechend, auch wenn die Hälfte davon leer ist.

Zusammenbau: Anders, aber nicht schlecht

Die ersten Worte in der Anleitung lauten: «Liebe Eltern». Es wird explizit darauf hingewiesen, dass die Erziehungsberechtigten ihren Nachwuchs zumindest beim Einstieg begleiten sollten. Je schneller die Kinder von selbst die Lösungen der Aufgaben erarbeiten und die dahinterstehenden Programme verstehen, desto früher können sie sich alleine mit dem Roboter-Master beschäftigen. Danach werden kurz und knapp die einzelnen Elemente erklärt, die einen Roboter ausmachen. Es folgt eine Übersicht aller im Set befindlichen Teile, wie die Batterien ins Fach einzulegen sind, weitere Einzelheiten zur Bauanleitung und wie die App funktioniert. Nun muss ich prüfen, ob die Motoren und der Sensor laufen. Die Batterien sind korrekt eingelegt und die angeschlossenen Teile funktionieren.

Das Batteriefach liefert Strom für zwei Motoren und einen Ultraschallsensor.
Das Batteriefach liefert Strom für zwei Motoren und einen Ultraschallsensor.

Insgesamt stehen 230 Teile zur Verfügung, aus denen sich acht Modelle mit drei Schwierigkeitsgraden bauen lassen: leicht, mittel oder schwer. Für jedes Modell existiert in der App ein vordefiniertes Programm. Am Ende des Zusammenbaus wird es anhand der Bewegungen des Roboters erklärt. Zusätzlich kann ich zehn Experimente machen, die weiteres Material wie Klebeband, Schnur oder einen Ball benötigen. Nach all den Hinweisen kann ich endlich mit dem Zusammenbau des ersten Roboters beginnen, den der Hersteller als Käfer bezeichnet. Die Art und Form der Teile sind neu – sie sind weder mit LEGO noch irgendetwas anderem zu vergleichen, das ich kenne. Sie sind auffallend gross. Fast so, als wären sie für Kleinkinder gemacht. Mich stört es nicht, denn so habe ich beim Zusammenbau weniger Schmerzen in den Fingerkuppen und es fällt kaum ein Teil vom Tisch.

Die Teile sind handlich, solid verarbeitet und erleichtern so das Zusammenbauen.
Die Teile sind handlich, solid verarbeitet und erleichtern so das Zusammenbauen.

Der Warnhinweis, die Batterien gleich zu Beginn ins Fach einzulegen, ist Gold wert. Sonst müsste ich den Roboter je nach Modell nochmals zerlegen, um das nachzuholen. Die Anleitung ist anders als beispielsweise bei LEGO, überzeugt mich aber dennoch. Ich verliere nie den Überblick, weiss immer, welches Teil ich zu welchem Zeitpunkt wohin stecken muss und komme zügig voran. Ein spezielles System, aber es scheint zu funktionieren. Falsch platzierte Teile, die festsitzen, entferne ich dank des mitgelieferten Helferleins in Form eines Brecheisens mühelos. Ich integriere in den letzten Bauschritten die beiden Motoren und den Ultraschallsensor, der sich im Kopf respektive den Augen des Roboters befindet. Nach ungefähr eineinhalb Stunden habe ich die Kabel ans Batteriefach angeschlossen und den Käfer zusammengebaut. Fast, denn ein kleines Teil scheint zu fehlen. Dieses könnte ich via Email oder telefonisch beim Hersteller nachbestellen. Es beeinträchtigt die Funktionsweise des Käfers jedoch kaum, daher lasse ich es bleiben.

Die spezielle Anleitung schafft es, dass ich schnell vorankomme.
Die spezielle Anleitung schafft es, dass ich schnell vorankomme.

Programmieren: Kaum Möglichkeiten

Mit meinem unvollständigen Käfer mache ich mich ans erste Programm. Der Startbildschirm der App signalisiert mit grünen Kreisen, ob der Ultraschallsensor ein Hindernis erkennt. Eine Zahl zeigt ausserdem in Zentimetern an, wie weit das Hindernis vom Roboter entfernt ist. Ich klicke aufs Einstellungssymbol, öffne – wie es die Anleitung vorsieht – das erste Programm und sehe acht Blöcke mit weissen Zahlen und Balken. Die Zahlen geben an, wie lange der entsprechende Coding-Block ausgeführt werden soll. Die Balken sagen mir, wie stark sich die Motoren drehen sollen und in welche Richtung. Ich drücke auf die Play-Taste, der Roboterkäfer bewegt seine Flügel, geht vor und zurück und dann passiert nichts mehr. Er scheint blockiert zu sein. In der Anleitung steht, ich soll die Zahnräder kontrollieren, falls der Roboter sich nicht mehr bewegt. Nach etwas Herumwürgen zappelt er weiter.

Das erste Programm ist – wie die ganze App – relativ simpel.
Das erste Programm ist – wie die ganze App – relativ simpel.

In der App wird jeweils hervorgehoben, welchen Code-Block der Roboter ausführt. Beim ersten Programm beschränken sich die Aktionen aufs Vorwärts- und Rückwärtsgehen sowie mit den Flügeln wackeln. Das Basisprogramm sieht vor, dass sich der Roboter so lange vorwärts bewegt, bis er ein Hindernis erkennt. Ist dieses näher als 50 Zentimeter, bewegt er seine Flügel langsamer, ist es näher als 30 Zentimeter, bewegt er sie schneller. Kommt das Hindernis näher als 20 Zentimeter, krabbelt der Käfer rückwärts. Das Ganze passiert in einer Endlosschleife. Diese Feststellungen, was in den jeweiligen Abstandssegmenten passiert, könnte ich zusätzlich in die Anleitung übertragen. Das überlasse ich jedoch lernwilligen Kids. Das war's dann auch schon mit den Möglichkeiten, die der Käfer in Kombination mit der App bietet.

Ich blättere durch die Anleitung und entscheide mich, auch noch den Droiden zu bauen. Der Käfer hat mich nicht überzeugt und ich will dem Roboter-Master eine weitere Chance geben. Denn auch wenn das Rütteln an den Zahnrädern geholfen hat, blockiert der Roboter in Käferform immer wieder und dann geht gar nichts mehr. Der Droide sieht aus wie ein Skelett und soll aufrecht gehen können. Nach ungefähr zwei Stunden habe ich den Roboter-Master komplett auseinandergenommen und das neue Modell fertig gebaut. Das vom Hersteller vorgegebene Programm lässt den Roboter vorwärts gehen, bis er auf ein Hindernis trifft. Dabei fuchtelt er wild mit den Armen.

Stösst er auf ein Hindernis, umgeht er es – je nach Entfernung – mit einer Rechts- oder Linksdrehung. Dazu öffnet und schliesst er seinen Mund. Ausserdem gibt er Pfeiftöne von sich. Die kommen allerdings aus dem Handy, auf dem ich die App nutze. Dieses Modell bewegt sich weit weniger stockend als der Käfer. Allerdings ist der Droide extrem laut und fällt ab und zu hin. Die Idee und Ausgestaltung des Droidenmodells gefallen mir besser als der Käfer. Das Ganze ist durchaus clever gemacht, mit verhältnismässig wenigen Teilen umgesetzt und läuft relativ flüssig.

Spielen: Vorwärts, rückwärts, rechts und links

Alle Roboter kann ich im Start-Screen der App auch fernsteuern, ohne Programmierungen abzuarbeiten. Die Möglichkeiten beschränken sich aber aufs Steuern der beiden Motoren. Nebst den vorgegebenen Modellen und Programmen kann ich auch eigene Roboter zusammenbauen und programmieren. Dabei helfen mir die letzten Seiten der Anleitung. Dort steht geschrieben, was ich beim Eigenbau bezüglich Motoren und Sensor zu beachten habe. Die Programmierblöcke lassen nicht viel Spielraum offen. Ich kann die Motoren in zwei Richtungen laufen lassen, mit dem Ultraschallsensor arbeiten, Töne abspielen und Pausen einfügen. Damit hat sich's dann aber bereits. Andere Elemente oder weitere Programmiersprachen sind nicht möglich. Das ist zu wenig, um sowohl mich als auch einen Neunjährigen länger mit dem Roboter-Master zu beschäftigen.

Der Startbildschirm dient auch zur Fernsteuerung des Roboter-Masters.
Der Startbildschirm dient auch zur Fernsteuerung des Roboter-Masters.

Fazit: Okay, mit Luft nach oben

Der Roboter-Master hat ein paar positive Aspekte. Ich finde die Grösse der Bauteile sehr angenehm. Auch die Art und Weise des Zusammenbau und die Anleitung gefallen mir. Der Programmiermodus und das freie Steuern sind okay, reissen mich aber nicht vom Hocker. Leider überwiegen die Nachteile. Kein Akku, keine Ersatzteile, falls eines verloren geht, keine digitale Anleitung, sehr eingeschränkte Programmiermöglichkeiten und eine App, die kaum mehr als die absoluten Basics bietet – da hat Kosmos noch viel unerschöpftes Potenzial. Für einen stolzen Preis von über 100 Franken ist das eindeutig nicht genug. Wenn du mit deinem Kind in die Robotik eintauchen möchtest, dann empfehle ich für jüngere Semester bis sechs oder sieben Jahre My first Robot von Tinkerbots. Für ältere Robotik-Novizen und Möchtegern-Coder ist Clementonis Robomaker die richtige Wahl. Der Roboter-Master von Kosmos gibt sein Bestes, kann mit der Konkurrenz aber nicht mithalten.

Die Modelle sehen zwar cool aus, haben aber noch Verbesserungspotenzial.
Die Modelle sehen zwar cool aus, haben aber noch Verbesserungspotenzial.

Welchen Roboter ich mir als Nächstes ansehen werde, steht in den Sternen. Ob ich einen finde, der nach dem eher durchschnittlichen Roboter-Master von Kosmos etwas mehr bietet und mit den Superstars von Clementoni und Tinkerbots mithalten kann? Falls du einen Tipp hast, rein damit in die Kommentarspalte. Willst du stets up-to-date sein und keine Robotik- oder Gadget-Highlights mehr verpassen, dann klicke auf den «Autor folgen»-Button bei meinem Autorenprofil.

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Wenn ich nicht gerade haufenweise Süsses futtere, triffst du mich in irgendeiner Turnhalle an: Ich spiele und coache leidenschaftlich gerne Unihockey. An Regentagen schraube ich an meinen selbst zusammengestellten PCs, Robotern oder sonstigem Elektro-Spielzeug, wobei die Musik mein stetiger Begleiter ist. Ohne hüglige Cyclocross-Touren und intensive Langlauf-Sessions könnte ich nur schwer leben. 


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