

Die besten schlechten Kameras aller Zeiten
Was macht eine Kamera legendär? Bestimmt nicht technische Perfektion, eher im Gegenteil. Eine halb liebevolle, halb spöttische Hommage an das Unperfekte.
Nicht wenige Kameras sind trotz oder sogar wegen ihrer technischen Mängel in die Geschichte eingegangen. Sie haben eine grosse Bedeutung, oft sogar Kultstatus. Hier meine persönlichen Favoriten.
1. Kodak Instamatic
Ursprünglich nahm ich an, diese Kamera habe Instagram den Namen gegeben. Sie schiesst nämlich quadratische Bilder. Aber laut Wikipedia rührt der Name Instagram einfach von «instant camera». Wäre auch zu viel der Ehre gewesen.
Ich kenne dieses Wunderwerk der Technik aus eigener Erfahrung. Als elfjähriger Bub durfte ich die alte Instamatic meiner Eltern weiterbenutzen.
Erstes Highlight: Die Kodak Instamatic hat keinen Autofokus. Sie hat aber auch keinen manuellen Fokus. Mit der kleinen Blende wird einfach alles scharf, was weiter als zwei Meter entfernt ist – wenn man Glück hat. Leider bringt eine kleine Blende auch wenig Licht herein, sodass die Aufnahmen meist verwackeln.
Auch nicht schlecht: Zum Blitzen brauchts einen Blitzwürfel. Dieser hat auf allen vier Seiten eine Blitzbirne, die genau einmal zünden kann. Jedes vierte Foto braucht man also einen neuen Würfel. Dafür funktioniert das alles ohne Strom.
Ein älteres Modell als meines, aber mit denselben BlitzwürfelnHeute kann man die Instamatic nicht mehr benützen. Es gibt keine Blitzwürfel mehr, keine Filme, keine Fotolabors, die die Filme entwickeln. Gut so.
Eingescanntes Negativ einer typischen Aufnahme mit der Kodak Instamatic. Costa Brava, 19882. Holga
Bleiben wir beim Quadrat. Der chinesischen Plastik-Edelmarke Holga ist 1982 die Quadratur des Kreises gelungen: Das Objektiv beleuchtet nur den mittleren Teil des quadratischen Fotos.
Das ist aber noch lange nicht alles. Die Holga-Objektive leisten sich so ziemlich jeden Abbildungsfehler, den man sich überhaupt vorstellen kann: Verzerrung, Farbverfälschungen, Randunschärfe, chromatische Aberration – you name it, Holga liefert. Bonus: die Kamera ist nicht ganz sauber abgedunkelt, so dass auf dem Film Lichtstörungen auftreten. Die sind bei jedem Gerät anders. Jede Holga ist ein Unikat!
Oberlehrer Wikipedia doziert: «Seit einiger Zeit ist auch eine reine Holgalinse verfügbar, mit welcher die holgatypischen Fehler an modernen SLR-Kameras erreicht werden.» Das musste ich natürlich ausprobieren. Das Holga-Objektiv hat angeblich eine Blende von f/8. Wie sieht denn so eine Blende aus? So:
Man könnte nun mäkeln, dass die Hersteller dieses «Objektivs» den Unterschied zwischen einer Blende und einer Blume nicht kennen, aber das wäre kleingeistig. Denn hier lebt doch der Spirit, der Holga gross gemacht hat, unverfälscht weiter.
Der Spass fängt schon damit an, dass die Kamera gar keine Blende anzeigt und man nur im manuellen Modus fotografieren kann. Im Sucher sehe ich praktisch nichts, weil die Linse so wenig Licht durchlässt. Ich werde nicht enttäuscht: Die Bilder sind mindestens so schlecht wie erwartet.
Übrigens: Die Original-Holga ist eine Mittelformatkamera. Das passt irgendwie nicht so recht zum Billig-Konzept und macht die Kamera noch ein bisschen seltsamer als sie es ohnehin schon ist. Das gleiche gilt für die Diana, einer weiteren Billig-Mittelformatkamera aus Hongkong, die jetzt unter dem Markennamen Lomo neu aufgelegt wird.
Und damit gleiten wir elegant über zur dritten Kultkamera.
3. Lomo LC-A
Was die Chinesen können, können die Russen schon lange. Die Filmkameras der Marke Lomo (Leningradskoje optiko-mechanitscheskoje obedinenije) zeugen heute noch vom Ruhm längst vergangener Sowjet-Tage. Sie werden aber heute natürlich in China gebaut.
Die Lomo kenne ich nicht aus eigener Erfahrung. Und ich möchte das auch nicht ändern. Ich gebe es nur ungern zu, aber: ja, du kannst diese Kamera in einer «verbesserten» Version bei uns kaufen. Es stört mich absolut nicht, wenn du eine kaufst, aber ich persönlich verzichte gern.
4. Polaroid-Sofortbildkamera
Jetzt gibt es die Polaroid wieder analog.
5. Selbstgebastelte Pinhole-Kamera
Man hätte natürlich auch die Kartonschachtel des Fotopapiers als Kameragehäuse verwenden können, was den Vorteil gehabt hätte, dass das Papier genau reingepasst hätte. Aber dann hätte man ja keine Verzerrung gehabt.
Und was sind deine persönlichen All-time-Kultkameras?
TItelbild: Raymondlafourchette, CC BY-SA 2.0Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.
Vom neuen iPhone bis zur Auferstehung der Mode aus den 80er-Jahren. Die Redaktion ordnet ein.
Alle anzeigen











