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Hintergrund

Die Jungfräulichkeit

Wie erkennst du, ob eine Frau schon mal Sex hatte? «Gar nicht», sagt Sexualtherapeutin Dania Schiftan. Ein Gespräch über den absurden Stellenwert der weiblichen Unberührtheit und den Mythos «Jungfernhäutchen».

Klingt alles altbacken.
Das ist es auch. Die weibliche Jungfräulichkeit ist ohnehin ein kulturelles Konzept ohne medizinische Grundlage. Es entstand aus der religiös-patriarchal motivierten Absicht, die weibliche Sexualität zu kontrollieren. Die Unterdrückung sexueller Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen ist leider heute noch ein Thema, das sich hartnäckig hält und in so gut wie allen Weltreligionen zu finden ist.

Inwiefern fehlt hier die medizinische Grundlage?
Die Jungfräulichkeit ist anatomisch gar nicht nachweisbar. Dennoch ist in diesem Kontext oft die Rede vom sogenannten «Jungfernhäutchen», an dem man vermeintlich erkennen soll, ob eine Frau schon einmal Geschlechtsverkehr hatte oder nicht. Der korrekte Begriff lautet übrigens Hymen.

Was stimmt mit dem Begriff «Jungfernhäutchen» nicht?
Erstens suggeriert er, dass es sich beim Hymen um ein Häutchen handelt und zweitens, dass nur Jungfrauen noch eins besitzen. Beides ist falsch. Das Hymen ist keine Haut, die den Vaginaleingang wie Frischhaltefolie verschliesst.

Sondern?
Du musst dir das Hymen wie einen dünnen Gewebekranz vorstellen, der keinem spezifischen Zweck dient. Ähnlich wie ein zerknäultes Haargummi. Das Hymen besitzt im Normalfall eine dehnbare Öffnung, die sich zum Beispiel an einen Tampon oder Penis anpassen kann. Ohne diese Öffnung wären Frauen gar nicht in der Lage zu menstruieren. Deshalb lässt sich anhand des Hymens auch nicht nachweisen, ob eine Frau bereits Sex hatte oder nicht.

Jungfräulichkeit ist also keine physische Eigenschaft?
Korrekt. Sprechen wir weiterhin vom Jungfernhäutchen, sprechen wir dem Hymen eine Bedeutung zu, die es gar nicht hat. Und wir halten einen Mythos am Leben, der weitreichende Folgen hat: Er verhindert die Gleichberechtigung und setzt Frauen weltweit unter Druck.

Die wären?
In Indien arbeiten Frauen mit Blutkapseln, die sie sich vor der Hochzeitsnacht in die Vagina einführen, damit diese dann die rote Farbe freigeben. Und es gibt hierzulande Frauen mit muslimischem Hintergrund, die sich sogar einer Hymen-Rekonstruktion unterziehen.

Wie lässt sich etwas rekonstruieren, das beim Sex gar nicht kaputtgeht?
Bei der sogenannten «Revirginisierung» wird die Öffnung im Hymen künstlich verkleinert, sodass es beim Geschlechtsverkehr zwangsweise einreissen muss. Es ist also faktisch keine Rekonstruktion, sondern eine Neukonstruktion.

Ob ein Mann schon Sex hatte, scheint hingegen niemanden zu interessieren ...
Bei denen ist es eher andersrum. Haben sie zu wenig oder gar keinen Sex, werden sie als Schlappschwanz oder Schwuchtel beschimpft. Wir Frauen hingegen gelten als rein und unbefleckt. Schlafen wir aber mit mehreren Sexualpartnern, werden wir als Huren, Nutten, Schlampen, Flittchen, leichte Mädchen oder sonst was tituliert. Männer aber sind Aufreisser, Playboys oder Paschas.

Das klingt, als laste auch auf den Männern ein wenig Druck?
Viele Männer fühlen sich wertlos oder schämen sich, wenn sie in einem bestimmten Alter noch keine sexuellen Erfahrungen gesammelt haben. Manche erwägen dann auch für Sex zu bezahlen, um endlich mitreden zu können und dazuzugehören.

Dania Schiftan arbeitet seit 15 Jahren als Sexologin und Psychotherapeutin in ihrer eigenen Praxis in Zürich. Zudem ist sie auch als Psychologin bei Parship tätig. Mehr über sie und ihren Job erfährst du im Interview mit ihr:

Alle weiteren Beiträge aus der Serie findest du hier:

Auftaktbild: cottonbro studio via Pexels

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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich. 


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