Die Siegesbilder der Sony World Photography Awards 2024
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Die Siegesbilder der Sony World Photography Awards 2024

Die Sony World Photography Awards zeichnen Arbeiten in 10 Profi-Kategorien aus. Der Titel «Fotografin des Jahres» geht dieses Jahr an die Französin Juliette Pavy. Der legendäre Fotograf Sebastião Salgado wird für sein Lebenswerk geehrt.

Jeden Frühling verleiht Sony mit viel Pomp und Bombast seine «World Photography Awards» an einer Zeremonie in London. Der wichtigste Titel «Fotografin der Jahres» ist mit 25 000 US-Dollar dotiert. Er geht dieses Jahr an die Französin Juliette Pavy für ihre Serie «Spiralkampagnen».

Juliette Pavy widmete ihren Award den Inuit-Frauen, die sie für Ihre Arbeit portraitierte.
Juliette Pavy widmete ihren Award den Inuit-Frauen, die sie für Ihre Arbeit portraitierte.
Quelle: Sony

Beim diesjährigen Wettbewerb wurden insgesamt 380 000 Arbeiten aus über 200 Ländern eingereicht. Gut die Hälfte davon in den Profi-Kategorien. Unter diesem Link findest du alle Bilder der jeweils ersten drei Plätze.

Die Siegesserien haben eines gemeinsam: Sie bestehen nicht einfach aus «schönen Bildern», sondern erzählen eine Geschichte – manchmal mit einem persönlichen Bezug. Die Jury belohnte Bilder mit vielschichtiger Bedeutung und betonte damit den künstlerischen Anspruch des Wettbewerbs. Hier alle Gewinnerinnen und Gewinner der Profi-Kategorien:

Reportage: Juliette Pavy

Die Reportage «Spiralkampagnen» arbeitet die Zwangsverhütung in Grönland durch die dänischen Behörden auf. Zwischen 1966 und 1975 wurden 4500 Inuit-Frauen und -Mädchen ohne Einwilligung Spiralen zur Verhütung eingesetzt. In gewissen Fällen führte der Eingriff unbeabsichtigt zur dauerhaften Sterilisation. Die Kampagne sollte die Population der Einheimischen reduzieren und kam erst 2022 ans Licht.

Juliette Pavys Reportage versucht das kollektive Trauma in Bilder zu fassen. Sie kombiniert Fotos von Grönlands Hauptstadt Nuuk mit Aufnahmen von Röntgenbildern und dänischen Archiven. Neben Opfern der Kampagne fotografierte Pavy auch Ärzte, welche die Eingriffe vornahmen und ihre Rolle heute bereuen.

2019 erzählte Nanja Lyberth (links) ihre Leidensgeschichte einer Lokalzeitung in Nuuk – und brachte damit den Skandal ins Rollen. Rechts ein fotografiertes Röntgenbild einer implantierten Spirale.
2019 erzählte Nanja Lyberth (links) ihre Leidensgeschichte einer Lokalzeitung in Nuuk – und brachte damit den Skandal ins Rollen. Rechts ein fotografiertes Röntgenbild einer implantierten Spirale.
Quelle: Juliette Pavy

Die französische Fotografin stiess per Zufall auf das Thema, als sie in ihrer Lokalzeitung eine kleine Agenturmeldung darüber sah. Sie arbeitete bereits früher in Grönland und begann, betroffene Frauen ausfindig zu machen. In ihrer Dankesrede sagte Pavy: «Ich hoffe, dass ich mit diesem Award denjenigen eine Stimme geben kann, die fast ein halbes Jahrhundert lang zum Schweigen gebracht wurden.»

Hier geht's zur ganzen Serie.

Nuuk, die Hauptstadt von Grönland.
Nuuk, die Hauptstadt von Grönland.
Quelle: Juliette Pavy

Landschaft: Eddo Hartmann

«The Sacrifice Zone» des niederländischen Fotografen Eddo Hartmann erforscht eine abgelegene Gegend in Kasachstan, in der zwischen 1949 und 1989 über 450 russische Nukleartests stattfanden. Die Fotos wurden mit einer Infrarotkamera aufgenommen. Das Lichtspektrum ist für das menschliche Auge unsichtbar – genau wie die radioaktive Strahlung, die noch immer besteht.

Hier geht's zur ganzen Serie.

Die sogenannte geopferte Zone im östlichen Kasachstan darf wegen der radioaktiven Strahlung noch heute nur mit Schutzanzügen betreten werden.
Die sogenannte geopferte Zone im östlichen Kasachstan darf wegen der radioaktiven Strahlung noch heute nur mit Schutzanzügen betreten werden.
Quelle: Eddo Hartmann

Umwelt: Mahé Elipe

Die Melipona-Biene ist eine seltene Spezies, die keinen Stachel hat. Sie ist heilig für die Nachkommen der Mayas, die sich im Südosten von Mexiko gegen die Landwirtschaftsindustrie wehren. 2023 verloren hunderte Imker ihre Völker, weil sie von einem Insektizid vergiftet wurden. Mahé Elipes Serie «Echoes of the Hive» dokumentiert diese Tragödie.

Hier geht's zur ganzen Serie.

Über 4000 Kolonien der Melipona-Biene fielen einer tödlichen Dosis Fipronil zum Opfer
Über 4000 Kolonien der Melipona-Biene fielen einer tödlichen Dosis Fipronil zum Opfer
Quelle: Mahé Elipe

Portrait: Valery Poshtarov

«Father and Son» von Valery Poshtarov zeigt Väter mit ihren Söhnen. Für die Portraits halten sich die Männer an den Händen. Einige davon taten dies zum ersten Mal in ihrem Leben – ein Moment von Nähe und Intimität, aber oft auch Zögern und Widerstand. Die Bilder entstanden vor allem in osteuropäischen Ländern wie Bulgarien, Türkei, Serbien und Griechenland.

Hier geht's zur ganzen Serie.

Poshtarovs Serie soll auch die Frage erforschen, was alles unsere Identität formt.
Poshtarovs Serie soll auch die Frage erforschen, was alles unsere Identität formt.
Quelle: Valery Poshtarov

Creative: Sujata Setia

Die wohl mutigste Arbeit dieses Jahres stammt von Sujata Setia. «A Thousand Cuts» ist eine fortlaufende Serie über häusliche Gewalt in Südasien, welche die Fotografin am eigenen Leib erfahren hat. Setia druckt Portraits von betroffenen Frauen auf dünnes Papier und versieht die Bilder danach mit zahllosen kleinen Schnitten. Die Technik soll das Trauma der Opfer symbolisieren und ist eine Anspielung auf die alte asiatische Foltermethode lingchi, bekannt unter dem Namen «Tod durch tausend Schnitte».

Hier geht's zur ganzen Serie.

Sujata Setia druckt die Portraits der Frauen aus, bearbeitet sie und legt sie dann auf roten Grund.
Sujata Setia druckt die Portraits der Frauen aus, bearbeitet sie und legt sie dann auf roten Grund.
Quelle: Sujata Setia

Architektur: Siobhán Doran

Das Projekt «Sala Mayor» von Siobhán Doran zeigt Häuser von Zuckerplantagen-Besitzern auf den Philippinen aus dem 19. Jahrhundert. Die eingereichte Serie besteht aus acht Bildern von Wohnzimmern, in denen sich der damalige Lebensstil widerspiegelt. Heute sind die meisten Häuser Museen oder Restaurants.

Hier geht's zur ganzen Serie.

Für ihr Projekt erhielt die Fotografin exklusiven Zugang zu zwölf alten Herrenhäusern.
Für ihr Projekt erhielt die Fotografin exklusiven Zugang zu zwölf alten Herrenhäusern.
Quelle: Siobhán Doran

Still Life: Federico Scarchilli

Frederico Scarchillis Bilder illustrieren die Abhängigkeit der modernen Pharmaindustrie von der Natur. Viele Medikamente basieren auf Stoffen, die in Pflanzen gefunden wurden. In seiner Serie «Flora» stellt Scarchilli die Pflanzen den Endprodukten gegenüber.

Hier geht's zur ganzen Serie.

Die Bilder von Medikamenten und Pflanzen sind minimalistisch und Ton und Ton gehalten.
Die Bilder von Medikamenten und Pflanzen sind minimalistisch und Ton und Ton gehalten.
Quelle: Federico Scarchilli

Sport: Thomas Meurot

Wer ans Surfen denkt, denkt meist an sonnige Strände und warme Temperaturen. Doch das trifft nicht immer zu: Thomas Meurot hat für seine Serie «Kald Sòl» (kalte Sonne) Surfer in Island bei eisigen Konditionen fotografiert. Um die Kälte für die Betrachterin sichtbar zu machen, setzt er dabei auf Schwarz-Weiss-Bilder.

Hier geht's zur ganzen Serie.

Die Isländische Küste als atemberaubende Kulisse für Surfen unter arktischen Bedindungen.
Die Isländische Küste als atemberaubende Kulisse für Surfen unter arktischen Bedindungen.
Quelle: Thomas Meurot

Wildlife & Natur: Eva Berler

Manchmal führen völlig alltägliche Begegnungen zu kreativen Ideen. Eva Berler entdeckte beim Putzen auf dem Balkon Spinnweben, die wie eigene kleine Welten wirkten – eingefroren an Ort und Stelle. Das Projekt «Suspended worlds» ist eine Metapher für die heimlichen und unbemerkten Leben vieler Leute um uns herum, die wir kaum wahrnehmen. Die Spinnen selber hat Berler bewusst aus ihren Bildern ausgeschlossen.

Hier geht's zur ganzen Serie.

Atypisch für ein Wildlife-Foto kommen die Herrinnen der Netze in Eva Berlers Arbeit nicht vor.
Atypisch für ein Wildlife-Foto kommen die Herrinnen der Netze in Eva Berlers Arbeit nicht vor.
Quelle: Eva Berler

Portfolio: Jorge Mónaco

Der argentinische Fotograf Jorge Mónaco fotografiert eine grosse Bandbreite an Themen. Trotzdem sind seine Bilder als Teil des gleichen Ganzen erkennbar. Sie reflektieren einerseits denselben kreativen Prozess, andererseits die persönlichen Interessen des Fotografen. Mónaco zeigt Menschen völlig verschiedener Herkunft, sexuellen Orientierungen und Gesellschaftsschichten. Dabei versucht er nicht zu urteilen, sondern die Personen so authentisch wie möglich zu zeigen.

Hier geht's zur ganzen Serie.

Ein alter Kasache in einem traditionellen Kleid, das junge Leute aufgrund der Globalisierung nicht mehr tragen.
Ein alter Kasache in einem traditionellen Kleid, das junge Leute aufgrund der Globalisierung nicht mehr tragen.
Quelle: Jorge Mónaco

Outstanding Contribution to Photography: Sebastião Salgado

Der Brasilianer Sebastião Salgado gehört zu den wichtigsten Fotografen unserer Ära. Er hat Kriege, Krisen und Revolutionen dokumentiert – aber auch einige der schönsten Orte dieser Erde. Sein Stil ist unverkennbar: Schwarz-Weiss, dramatisches Licht, viel Kontrast. Im Februar wurde Salgado 80 Jahre alt. Am Sony World Photography Award 2024 wurde er für sein Lebenswerk geehrt. «Meine Fotografie hat sich über die Jahre nicht weiterentwickelt. Ich habe mich weiterentwickelt», beschrieb Slagado an der Pressekonferenz die Evolution seiner Arbeit.

Sebastião Salgado nahm am Donnerstag in London den Award für sein Lebenswerk in Empfang.
Sebastião Salgado nahm am Donnerstag in London den Award für sein Lebenswerk in Empfang.
Quelle: Sony

Er habe sich stets Dinge fotografiert, die ihn persönlich bewegten. Nach einem Wirtschaftsstudium arbeitete er zunächst für eine internationale Kaffeeorganisation in London. Die Arbeit führte ihn nach Afrika, wo er die Fotografie entdeckte. Kurz darauf hängte er seinen Job an den Nagel und machte sich als Fotojournalist selbstständig. 1979 wurde er in die renommierte Agentur Magnum aufgenommen.

In Decken gehüllt warten Flüchtlinge 1984 vor einem Camp in Korem, Äthiopien.
In Decken gehüllt warten Flüchtlinge 1984 vor einem Camp in Korem, Äthiopien.
Quelle: Sebastião Salgado

Nach drei Jahrzehnten hatte er genug von Kriegen und Krisen. «Die Dinge, die ich gesehen hatte, machten mich krank. Ich war enttäuscht von der Menschheit», so Salgado. Ab 2004 fotografierte er deshalb stattdessen für sein Projekt «Genesis» unberührte Landschaften. Mittlerweile engagiert er sich im Umweltschutz und setzt sich gegen die Abholzung der brasilianischen Wälder ein.

Ein Kampf gegen brennende Ölquellen in den Ölfeldern von Kuwait im Jahr 1991.
Ein Kampf gegen brennende Ölquellen in den Ölfeldern von Kuwait im Jahr 1991.
Quelle: Sebastião Salgado

Die besten Bilder des Sony World Photography Awards sowie eine Auswahl aus Sebastião Salgados Lebenswerk sind im Sommerset House in London zu sehen. Die Ausstellung dauert vom 19. April bis zum 6. Mai 2024.

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann wahrscheinlich an meinen Fingerspitzen mitten in einer Felswand.


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