
Diese Dinge merke ich mir von der Zürcher Möbelmesse «Neue Räume»
Pflanzenboxen als Raumtrenner, bunte Stühle und stapelbare Designs: Meine Highlights an der Interior-Ausstellung «Neue Räume».
«Neue Räume» ist zurück. Die internationale Möbelmesse hat nach einer Corona-Pause wieder Designinteressierte in Zürich-Oerlikon begrüsst und auch mich mit allerlei begeistert. Unter anderem damit, dass es sich lohnt, verschiedenfarbige Stühle an ein und denselben Esstisch zu stellen. Oder damit, dass üppige Pflanzen mehr können, als nur herumzustehen.
1. Schwebendes
Noch stehen die meisten Pflanzen in unseren Räumen herum. Sie könnten aber auch schon bald über uns schweben. Cosmos Design hat ein hängendes Pflanzengefäss «Merkur» entwickelt, um Monstera und Co. in die Luft zu bringen. Das biophile Designstudio denkt damit eine Nummer grösser als ich es von Pendularis kenne. Statt einige Kleinpflanzen vors Fenster oder an die Wand hängst du dir mit «Merkur» jede noch so grosse Zimmerpflanze in den Raum. Weil das biophile Designstudio daran glaubt, dass Innenräume und die Natur künftig miteinander verschmelzen, möchte es mehr Möglichkeiten bieten, Pflanzen individueller als mit Standard-Terrakottatöpfen zu inszenieren. Das Gefäss mit einem Durchmesser von bis zu 35 Zentimetern enthält einen wasserdichten Pflanzeneinsatz, der die Begrünung vereinfachen soll. Es wird mit einem filigranen Stahldrahtseil an der Decke befestigt und von einer Hülle aus Wollfilz oder auf Wunsch auch mit anderen Stoffen umhüllt. An der Messe war «Merkur» beispielsweise auch erstmals mit einem zweifarbigen Kvadrat-Baumwollstoff zu sehen. Alle weiteren Bestandteile des Pflanzensystems werden in der Schweiz hergestellt.

Quelle: Pia Seidel

Quelle: Pia Seidel
2. Gliederndes
Die Möbel von Nuok kommen zwar in Tarnfarbe daher, gehen durch das ausgefallene Design aber trotzdem nicht unter. Das Olivgrün verdeckt nur, woraus sie eigentlich bestehen: aus MDF-Holz, das auf Wunsch mit grafischen Linien verschönert wird. Alle Nuok-Designs entstehen in Nänikon. Darunter auch die Plant Box «Nevi», die einzeln inszeniert oder als Gruppe mit hohen Pflanzen sogar zum Raumtrenner werden kann. Sie ist in verschiedenen Grössen und Farbvarianten erhältlich und steht auf Metallbeinen, die das kleine Interior-Label bei einem Metallbauer aus der gleichen Region verschweissen lässt.

Quelle: Pia Seidel

Quelle: Pia Seidel
3. Radikales
Extreme Wechsel in der Formsprache eines Labels finden selten statt. Noch seltener sind sie in der Gestaltung ein- und desselben Stücks. Der «radikale Sihl Stuhl» von Studio Krach ist die Ausnahme. Seine runde Sitzfläche kontrastiert hart mit der eckigen Rückenlehne. Er wird aus massiver Esche in einer Zürcher Schreinereihandgefertigt. Anlässlich der Messe hat der Kreuzzargenstuhl ausserdem einen handgewebten Polsterbezug von der Textildesignerin Vera Lynn erhalten, die ebenfalls in Zürich ansässig ist. Neben dem radikalen Design und der durchgängig lokalen Produktion fällt auch auf, wie sicher das Studio unterschiedlichste Farben miteinander kombiniert. Die meisten Leute stellen einen Stuhl viermal in derselben Farbe an den Esstisch. Doch Studio Krach bringt gerne mal, wie in diesem Beispiel, vier kontrastreiche Farben zusammen. Mit Erfolg: Dank der zurückhaltenden Form harmonieren selbst Schaumrosa, Ubootgelb, Tiefblau und Bachgrün miteinander.

Quelle: Pia Seidel

Quelle: Pia Seidel
4. Natürliches
Marmor ist ein Klassiker. Trotzdem scheinen sich manche kreative Köpfe langsam daran sattgesehen zu haben. Immer häufiger setzen sie auf eine Alternative, die über die Jahre in Vergessenheit geraten ist: Travertin. Der leicht zu bearbeitende Kalkstein ist wandelbar und frostsicher. Wenn er draussen steht, entwickelt er eine einzigartige Patina. Der Schweizer Möbelhersteller Walter hat aus dem Material zum Beispiel einen Couchtisch angefertigt. «Tivoli» steht auf pulverbeschichteten Metallbeinen, die die massive Tischplatte aus Travertin luftig leicht wirken lassen. Der Naturwerkstein kann auch poliert oder gefärbt werden. Letzteres hat Christian Haas erstmals für die Lowboard-Serie «Matéria» der Münchner Marke Classicon mit der Farbe Indigo gemacht. So kommen die Poren auf der Oberfläche besser zur Geltung und werden zur Dekoration.

Quelle: Pia Seidel

Quelle: Pia Seidel
5. Stapelbares
Einen Hocker auf einen anderen zu stapeln, ist nichts Neues. Einen Hocker platzsparend auf einer Sitzbank unterzubringen aber schon. Die dänische Marke Form and Refine hat die Möbelreihe «Lightweight» mit so geringem Gewicht gestaltet, dass das Stapeln ein Leichtes ist. Das ist bei beengten Wohnverhältnissen oder beim Staubsaugen ein Vorteil. Ausserdem stellen die sich überlappenden Holzleisten ein optisches Highlight dar.

Quelle: Pia Seidel

Quelle: Pia Seidel
An allen Arbeiten dieser Designlabels hat mich einerseits der Mut, in Sachen Inneneinrichtung etwas Neues auszuprobieren, überrascht. Andererseits, dass der Grossteil lokal und alles von Hand produziert wird. Das zeugt davon, dass Design in ihren Augen Qualität in der Form und Handhabung sowie eine Haltung ist, die sich nicht auslagern lässt.
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.