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Graphen-Bälle aus dem Samsung-Lab.
Hintergrund

Dieses Jahr kommt das Akku-Wunder! Ganz sicher!

«Mit dieser Batterie hält dein Smartphone eine Woche lang durch!», «Neuer Akku in 15 Minuten geladen!» Kommen dir diese Sätze bekannt vor? Eben. Gefühlt jeden Monat liest man von einer Wunder-Batterie, die wirklich, wirklich bald kommt. Zeit für einen Reality-Check.

Die Automobil-Industrie ist ein gutes Stichwort: Das ohnehin schon riesige Bedürfnis nach immer besseren Energiespeichern und insbesondere Akkus wird von Tesla & Co. beflügelt. Ebenso wie von der Photovoltaik, die in immer grösserem Massstab eingesetzt wird und preislich immer attraktiver wird. Die Welt wartet händeringend auf die nächste Akku-Generation. Du doch auch, oder?

«The Next Big Thing»

Drum gibt’s zuerst eine Ladung Theorie – damit du in Zukunft weisst, wann du bei Jubelmeldungen («Neues Akku-Wunder!») das Kleingedruckte («in einigen Jahren marktreif») erwarten kannst. Denn oft werden Zwischenschritte in der Forschung oder Wundermaterialien als «The Next Big Thing» präsentiert.

Beispiel gefällig?

Quelle: Computerbild

..und das Kleingedruckte ganz am Ende des Artikels (wo sonst):

Wann die mit Graphen ausgestatteten Akkus erstmals in Masse produziert werden und in einem Endprodukt zum Einsatz kommen, ist ungewiss.

Neue Akkus müssen natürlich auch etwas deutlich besser können. Sonst hat man ja keinen Anlass, diesen extrem teuren Spiessrutenlauf zu machen. Sie müssen eine Vielzahl an Eigenschaften für den jeweiligen Einsatzzweck möglichst ideal erfüllen:

..puh! So ein Akku muss eine ganze Menge können.

Grundlagenforschung

Damit du dich von solchen Schlagzeilen nicht übers Ohr hauen lässt, musst du die Stellschrauben kennen, mit denen wirkliche Fortschritte erzielt werden. Dazu musst du verstehen, wie und warum ein Akku funktioniert. Ein wenig mehr Theorie braucht es noch: Wir machen einen Abstecher direkt in die Elektrochemie. Läuft es dir schon kalt den Rücken runter? Keine Angst, es wird zwar kompliziert, ich beschränke mich aber aufs Wesentliche.

Das Funktionsprinzip jeder Batterie und jedes Akkus ist schnell erklärt: Hängst du einen Verbraucher – etwa eine Glühbirne – an eine Batterie, wird die gespeicherte chemische Energie in elektrische Energie verwandelt. Im Unterschied zur Wegwerf-Batterie kann der Akku das Kunststück auch in die andere Richtung: Elektrische Energie wird in chemischer Energie gespeichert.

Es gibt verschiedene Konzepte und Materialien, um das zu bewerkstelligen. Es kommen aber immer dieselben Bauteile zum Einsatz: zwei Elektroden, ein Elektrolyt und ein Separator. Erst ein angeschlossener Verbraucher bringt die chemische Reaktion in Gang, indem er den Stromkreis schliesst und so den Elektronenfluss erlaubt.

Die Differenz dieses Verlangens nach einer Reaktion in ein anderes Molekül wird Spannung genannt, die in Volt gemessen wird. Welches Potenzial geeignete Moleküle haben, kann man in Spannungsreihen nachschauen. Wenn du die verlinkte Tabelle studierst, siehst du, warum Lithium so interessant ist.

Und wie entsteht jetzt Elektrizität?

Die chemischen Reaktionen finden in der Zelle statt, solange es an beiden Elektroden Moleküle hat, die noch Elektronen abgeben oder aufnehmen wollen. Sobald eine der Elektroden keine Moleküle anzubieten hat, die Elektronen und Ionen abgeben bzw. aufnehmen und binden können, stoppt der Prozess. Oder anders gesagt: Die Batterie ist leer. Der Clou ist, dass der Akku die chemische Reaktion rückwärts durchführt, wenn man Elektronen zuführt.

Aufgesägter Blei-Akku: Die sechs Zellen summieren sich zu einer Spannung von ca. 12 Volt. Bild: Wikipedia/Ben Cossalter

Zellen lassen sich nicht nur in Serie schalten, sondern können auch parallel verbunden werden: Damit erhöht man anstatt die Spannung die Kapazität. Auch das siehst du im obigen Bild sehr gut: Innerhalb jeder Zelle sind Sandwiches von Blei- und Bleioxidplatten gestapelt.

Warum Akkus altern

Lade- und Entladevorgänge können nicht unendlich wiederholt werden, wie du am Bild des sehr alten Blei-Akkus schön siehst: An den einst blitzblanken Elektroden haben sich mit der Zeit immer grössere PbSO₄-Kristalle festgesetzt. Sie verkleinern die elektrochemisch aktive Oberfläche stark – die Kapazität schwindet.

Im Labor versucht man diese Kollateralschäden zu minimieren. Das gelingt einerseits durch neue Materialien oder zum Beispiel durch Additive, die dem Elektrolyten beigefügt werden. Es ist auch der Grund, weshalb die Anode vieler Akkus mit Graphit bedeckt ist; so wird das Lithium nicht direkt dem Elektrolyten exponiert und nimmt so viel langsamer Schaden.

Die Sache mit der Energiedichte

Jetzt weisst du, wo die Stellschrauben sind: Bei der Akkuforschung geht es immer darum, ...

Ausgestattet mit diesem neuen Fundus an Wissen geht’s endlich ans Eingemachte! An welchen Akku-Technologien wird geforscht – und was macht sie so vielversprechend?

Energiedichten verschiedener Speicher. Grafik: Sven Mathis

An der Grafik kannst du sehr schön die Historie der Akku-Entwicklung ablesen:

  • 1859: Bleisäure-Akku
  • 1899: Nickel-Cadmium (NiCd)
  • 1980: Nickel-Metallhydrid
  • 1991: Lithium-Ionen

Würde man die Energiedichten mit denen von Benzin oder Diesel vergleichen – die Grafik würde ganz anders aussehen: Alle Akkus wären unten links gedrängt – Benzin trumpft mit 13 000 Wh pro Liter auf. Zoomt man nochmals heraus, ist alles vorherige nur ein Pixel unten links: Die Kernspaltung schlägt mit millionenfach höherer Energiedichte alles.

Vielversprechende Ansätze

Lithium-Ionen-Akkumulator

Der Lithium-Ionen-Akkumulator ist der dominante Energiespeicher. Er hat gegenüber seinen Vorläufern entscheidende Vorteile. Der Memory-Effekt ist kaum mehr vorhanden: Akkus müssen nicht mehr vollständig geladen und entladen werden. Im Alltag ein unschätzbarer Vorteil. Er ist ausserdem kleiner, umweltverträglicher und günstiger. Er leidet geringer an Selbstentladung als etwa NiMH-Akkus, die an die 20 Prozent pro Monat verlieren.

Einfach damit es gesagt ist: Nimm keine Batterien und Akkus auseinander, das kann gefährlich sein! Deshalb ein Blick in einen (austauschbaren) Notebook-Akku:

Bei den braunen Drähten handelt es sich um den Temperatursensor. Hier siehst du sehr schön, wie die einzelnen Zellen sowohl in Serie als auch parallel geschaltet sind. Viele Notebook-Akkus sind aus 18650er-Zellen aufgebaut. Quelle: Wikipedie/Lead holderEckdaten verschiedener Lithium-Ionen-Speicher. Je höher der Balken, desto besser der Wert. Quellen: Boston Consulting Group, batteryuniversity.com. Grafik: Sven Mathis

Lithium-Polymer-Akkus

Das ist aber nur so, weil die Sicherheit gegen Energiedichte getauscht wurde. Die Sicherheitselektronik wurde aus Gewichtsgründen ebenfalls weggespart und ins Ladegerät ausgelagert. Rein prinzipiell können Lithium-Polymer-Akkus genauso sicher wie Lithium-Ionen-Akkus gebaut werden. Im Macbook Pro, auf dem ich gerade tippe, ist ein LiPo mit sechs Zellen verbaut.

Lithium-Metall

Wiederaufladbare Lithium-Metall-Akkus sind noch nicht praxisreif. Denn die direkt exponierten Metalle bilden mit jedem Zyklus sogenannte Dendriten. Das sind Ablagerungen, die wie ein Stalagmit in den Elektrolyten hineinwachsen und sogar den Separator durchstossen können. Sobald das passiert, schliesst sich der Akku kurz. Der Durchbruch in der Forschung ist erreicht, wenn diese Dendritenbildung verhindert oder stark verlangsamt wird.

Feststoff-Akkus

Lithium-Schwefel

Der Lithium-Schwefel-Akku gilt als möglicher Nachfolger mit hohem Potenzial. An ihm wird seit den 1960er-Jahren gepröbelt. Die Energiedichte gegenüber Li-Io-Akkus wird in etwa verdreifacht. Obendrein sind sowohl Lithium als auch Schwefel leichte Elemente. Die chemische Reaktion gelingt auch bei tiefen Temperaturen, das Aufladen funktioniert gar bis -60° Celsius. Ökologisch ist der Akku unbedenklich und Schwefel ist im Überfluss vorhanden.

Genau wie beim Lithium-Metall-Akku verzichtet man bei Lithium-Schwefel auf das Graphit an der Anode, das spart Gewicht und Platz. An der Kathode wird das Metalloxid durch billiges und leichteres Schwefel ersetzt. Die chemische Reaktion ist ausserdem effizient, weil pro Molekül gleich zwei Lithium-Ionen andocken können.

Im Labor werden bereits sehr hohe Werte erreicht, was Energiedichte und Leistung angeht. Allerdings gehen dahingehend optimierte Prototypen noch rasend schnell kaputt: Es sind nur wenige dutzend Zyklen möglich. In den letzten fünf Jahren haben Forscher die Zyklen auf über 4000 hochgeschraubt, dies aber auf Kosten der Energiedichte und Leistung.

Lithium-Luft

Es wird vermutlich noch sehr lange dauern, bis die Lithium-Luft-Batterie kommt. Etliche Forscher bezweifeln angesichts der vielfältigen Probleme, dass sie überhaupt den Massenmarkt erreichen wird.

Natrium-Ionen

Beim Natrium-Ionen-Akku (Englisch: Sodium-Io) wird das Lithium durch Natrium ersetzt. Die Energiedichte ist ziemlich mies und liegt bei etwa 90 Wh/kg. Solche Akkus würden also sehr gross und schwer sein. Für Anwendungen, wo Platz und Gewicht keine Rolle spielen, ist er trotzdem interessant: Natrium steht praktisch unlimitiert zur Verfügung und somit sehr günstig. Es ist auch sicherer als Lithium. Die chemische Reaktion ist zudem immun auf Tiefentladung.

Weiterentwicklungen mit Graphen

Graphen. (Quelle: Wikipedia/AlexanderAlUS)

Die letzte Eigenschaft macht den Stoff für Akkus interessant. Wird die Anode mit einer Schicht Graphen überzogen, so lebt die Anode dank der Stabilität von Graphen obendrein deutlich länger. Als Kathodenmaterial würde sich dank der grossen Oberfläche die Ladezeit drastisch verkürzen und die Kapazität massiv erhöhen.

Brennstoffzelle

Brennstoffzellen gibt es in den unterschiedlichsten Varianten. Sie funktionieren mit Alkoholverbindungen, Glukoselösungen oder komprimierten Wasserstoff. Allen gemein ist, dass sie – im Unterschied zu einem Verbrennungsmotor – die chemische Energie mit Hilfe eines Oxidationsmittels direkt in elektrische Energie umwandeln. In diesem Sinne ist «Brenn»stoff-Zelle etwas irreführend.

Die geläufigste Variante ist die Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle. Sie hat den Vorteil, dass einer der nötigen Reaktionsbestandteile, das Oxidationsmittel, aus der Umgebung aufgenommen werden kann: Sauerstoff. Das Produkt der chemischen Reaktion ist H₂O. Das «Abgas» aus dem Auspuff ist Wasser. Das klingt wahnsinnig sauber. Lokal ist die Brennstoffzelle denn auch ein Sauberkeitswunder: Sie würde Abgasprobleme in Städten komplett lösen.

Global betrachtet ist die Brennstoffzelle kein ökologisches Wunder, weil der Gesamtprozess von der Herstellung von Knallgas oder Methanol bis zur Umwandlung in elektrische Energie ziemlich ineffizient ist. Der Wirkungsgrad der gesamten Kette von der Herstellung bis zur Umwandlung liegt bei etwa 60 Prozent. In Regionen, wo regenerative Energien im Überfluss vorhanden sind, fällt dieser Nachteil weniger ins Gewicht.

Die Brennstoffzelle ist in kommerziellem Betrieb. Die Miniaturisierung ist nahe an der Realität. Der grösste Stolperstein ist die notwendige Infrastruktur. Erschwerend kommt hinzu: Je vielversprechender neue Akku-Technologien, desto uninteressanter wird die ineffiziente Brennstoffzelle.

Abschluss

Titelbild: Graphen-Bälle aus dem Samsung-Lab.

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Ich bändige das Editorial Team. Hauptberuflicher Schreiberling, nebenberuflicher Papa. Mich interessieren Technik, Computer und HiFi. Ich fahre bei jedem Wetter Velo und bin meistens gut gelaunt.


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