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«Frozen 2» / Disney Animations
Meinung

Disney und OpenAI öffnen die KI-Büchse der Pandora

Luca Fontana
12.12.2025

Disney erlaubt Fans, KI-Filmchen zu basteln – und gefährdet damit ausgerechnet jene Kreativen, die den Konzern gross gemacht haben. Ein Deal, der nach Zukunft klingt, riecht nach Selbstabschaffung.

Disney und OpenAI haben einen fetten Deal geschlossen: Ein milliardenschweres Lizenzabkommen, das der Video-KI Sora erlaubt, kurze KI-Videos zu generieren. Er schliesst über 200 Figuren aus Disney, Marvel, Pixar und Star Wars ein – von Mickey bis Mufasa, von Elsa bis Iron Man. Das bestätigen sowohl Disney als auch OpenAI offiziell.

Konkret heisst das: Ab 2026 können Fans via Sora eigene kurze Animationsvideos mit Disney-, Pixar-, Marvel- und Star-Wars-Figuren generieren und sogar auf Disney+ veröffentlichen – vollautomatisch, KI-gestützt und innert Sekunden. Disney+ wird damit zum ersten grossen Streamingdienst, der KI-Inhalte nicht nur zulässt, sondern aktiv kuratiert – immerhin – und integriert.

Das klingt zwar gut und recht. Nach Innovation und Zukunft. Ein Wunder, dass die Pressemitteilung die zuletzt beliebte Floskel der «Demokratisierung des Storytellings» ausgelassen hat. Dafür betont Disney ganze fünf Mal, wie wichtig der «Respekt vor den Creators» sei. Nur: Wessen Arbeit soll hier wirklich respektiert werden?

Kreativität ja – aber nur im umzäunten Disney-Garten

Wer die Pressemitteilung durchliest, merkt, dass Disney von gleich drei völlig verschiedenen «Creator»-Gruppen redet, ohne sie konkret auszusprechen.

Da sind erstens die professionellen Kreativen – Autorinnen, Animatoren, Storyboard-Artists, Regisseure und VFX-Teams. Jene Menschen, die seit Jahrzehnten das Rückgrat der Disney-Magie bilden. Für sie ist KI nicht Inspiration, sondern eine existenzielle Bedrohung. Denn wenn Fans mit Sora in Sekunden Mini-Pixar-Filme für Disney+ generieren, wozu braucht es dann noch 2000 Leute, die monatelang an einem einzigen Shot feilen müssen?

In der Pressemitteilung sagt Disney sinngemäss zu diesen Menschen: «Wir gefährden eure Arbeit nicht.» Die Realität ist: Natürlich gefährdet Disney ihre Arbeit. Massiv sogar.

Zweitens meint Disney mit «Creators» uns, die User. Oder anders gesagt: Die UGC-Masse (User Generated Content) auf TikTok, YouTube und künftig Disney+ selbst. Das Haus der Maus hat längst erkannt, dass 15-jährige TikToker oft mehr Reichweite haben als Disneys eigene Formate. Mit Sora geben sie ihnen nun freiwillig neue Tools – aber unter eigener Kontrolle. Die Idee dahinter ist offensichtlich: Gratis-Content unter Aufsicht.

Und dann gibt es noch die dritte Art von «Creators»: die Marke selbst. Mickey, Marvel, Pixar, Star Wars – Marken, die Disney behandelt, als wären sie empfindsame Wesen, die geschützt werden müssen. Wenn Disney also von «Respekt vor Creators» redet, meint der Konzern auch «Respekt vor unseren Marken». Denn KI-Modelle wie Midjourney können heute schon Figuren generieren, die rechtlich niemand benutzen sollte.

Damit kommen wir zum Kern der Sache: Es geht hier nicht um Ethik oder Kunst. Und schon gar nicht um den Schutz der Kreativen. Es geht um Marken-Hoheit.

Schöne neue Welt – und wer darin keinen Platz mehr hat

Dass man etwas in Richtung KI plante, hatte Disney-Chef Bob Iger vor einigen Wochen durchsickern lassen. Nun wird die Vision in die Tat umgesetzt. Denn Disney weiss, was auf dem Spiel steht: Wenn KI unkontrolliert Elsa oder Grogu generieren kann, verliert das Unternehmen die Kontrolle über sein wertvollstes Gut. Also baut man jetzt ein Bollwerk aus streng kontrollierten Prompts und Modellen und droht allen anderen mit «massiven» juristischen Gegenmassnahmen – selbst Google.

Sicher, Disney hätte auch OpenAI in Grund und Boden klagen können. Stattdessen investiert man jetzt sogar in die KI-Firma. Eine Milliarde Dollar, genau gesagt. Disney kann es sich schlicht nicht leisten, sich gleich alle zum Feind zu machen. Und: Disney kauft sich nicht einfach ein paar neue KI-Spielzeuge, sondern auch Einfluss auf Regeln, Filter und darauf, ob und unter welchen Bedingungen seine Figuren in KI-Systemen überhaupt verwendet werden dürfen.

Wieso OpenAI im Gegenzug nicht für Lizenzen zahlt? Das ist Teil derselben Logik: OpenAI ist hier nicht der Kunde, sondern das Produkt.

Disney und OpenAI sind jetzt Freunde.
Disney und OpenAI sind jetzt Freunde.
Quelle: OpenAI

Trotzdem bleibt die Frage: Ist das nicht der Anfang der eigenen Selbstabschaffung? Disney behauptet, die Kreativen zu schützen. Parallel fördert der Konzern jene Werkzeuge, die die Grundlage dieser Berufe untergraben. Blockbuster werden zwar nicht einfach so verschwinden, aber zwischen TikTok-Clips und 200-Millionen-Dollar-Filmen entsteht ein neuer Raum. Einer, der früher von echten Kunstschaffenden gefüllt wurde und der jetzt algorithmisch automatisiert wird.

Schöne neue Welt.

Warum also machen die Leute bei Disney das? Weil sie glauben, keine Wahl mehr zu haben. Weil Disney hofft, sich eben nicht selbst abzuschaffen: Sie wollen eine neue Form von Machtposition erobern, in der KI-generierter Content nicht ihr Untergang, sondern ihr Besitz wird. Ob das klug, visionär, dumm oder alles gleichzeitig ist, wird die Zukunft zeigen. Die Verliererinnen und Verlierer hingegen – die echten Kreativen, die die KI unfreiwillig mittrainiert haben – stehen längst fest.

Titelbild: «Frozen 2» / Disney Animations

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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