Dolby Atmos und DTS:X auf den Ohren: Wireless-Surround-Sound-Kopfhörer JVC XP-EXT1 im Test
Produkttest

Dolby Atmos und DTS:X auf den Ohren: Wireless-Surround-Sound-Kopfhörer JVC XP-EXT1 im Test

Martin Jud
25.1.2021

JVC bringt DTS:X und Dolby Atmos auf die Ohren. Das XP-EXT1 genannte Funkkopfhörer-System bietet nicht nur virtuelle 7.1.4 Kanäle, es kann auch 4K-HDR10-Inhalte mittels eARC durchschleifen. Damit steht es zurzeit konkurrenzlos da, was den Spass eher teuer macht.

Surround-Sound-Kopfhörer fürs Heimkino sind eine rare Produktgattung. Daher steht JVC gegenwärtig mit dem XP-EXT1, bestehend aus Sound-Prozessor und Funkkopfhörer, konkurrenzlos da. Das kabellose Kino-Kopfhörersystem unterstützt nicht nur Quellen bis hin zu objektiv basiertem Surround Sound beziehungsweise Dolby Atmos sowie DTS:X und wiedergibt diese auf zwölf virtuellen Lautsprechern, auch kann es problemlos UHD-HDR10-Filmmaterial mittels eARC durchschleifen. Was leider trotz HDMI 2.1 nicht geht, ist Dolby Vision.

Wiedergegeben wird der Sound wahlweise so, wie er vorliegt oder mit dem Prozessor hochgerechnet auf ein virtuelles 7.1.4-Mehrkanal-Heimkino – von JVC «Exofield» genannt.

7.1.4-Mehrkanal-Heimkino
7.1.4-Mehrkanal-Heimkino

Dass virtueller Raumklang von echtem bis auf das Kribbeln im Bauch kaum zu unterscheiden sein kann, kenne ich bereits von den Sony MDR-HW7000DS. Daher ziehe ich die mittlerweile kaum noch erhältlichen und leicht in die Jahre gekommenen 9.1-Kopfhörer als Vergleich hinzu. Ich habe sie vor drei Jahren in den höchsten Tönen gelobt und das tue ich auch heute noch.

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    9.1-Wireless-Surround-Kopfhörer: Ohrgasmus vom Feinsten dank «Sony MDR-HW700DS»

    von Martin Jud

Der Sony-Sound-Prozessor nimmt ein Stereo- oder Mehrkanal-Signal entgegen und simuliert damit auf Wunsch ein 9.1-Heimkino mit Dolby Pro Logic IIz oder DTS Neo:X. Also das klassische 5.1 Setup plus zwei Surround-Back-Lautsprecher und zwei Hochton-Lautsprecher über den Front-Lautsprecher. Doch eine fehlende HDMI-Durschleifung von UHD HDR Content und eine fehlende Unterstützung für Dolby Atmos oder DTS:X benachteiligen das Gerät in der heutigen Zeit.

Die Kopfhörer: Von fetten Polstern, der Akkulaufzeit und dem Einmessen

Das Wichtigste macht JVC schon mal richtig: An den Over-Ear-Ohrmuscheln sind fette, weiche Polster mit Kunstlederbezug angebracht, die nicht nur für einen angenehmen Sitz sondern auch für etwas Passive Noise Cancelling sorgen. Sie sind zwei Zentimeter dick und können, wie auch das ein Zentimeter dicke Polster am Bügel, bei Bedarf ersetzt werden.

Zwei Zentimeter dicke Polster sorgen für Tragekomfort.
Zwei Zentimeter dicke Polster sorgen für Tragekomfort.

Die beiden Hörer bestehen aus mattschwarzem Plastik, das sich griffig anfühlt. Bis auf die grossen, aber dennoch dezent gehaltenen Exofield-Logos, welche eine glatte Oberfläche haben. Die Muscheln sind mit einem Metallbügel verbunden, der sich zwecks Anpassung der Grösse aus den Muscheln ziehen lässt. Damit die Muscheln perfekt auf die Kopfform passen, lassen sie sich um einige Grad horizontal drehen.

Die 333 Gramm schweren Kopfhörer sitzen schön satt, ohne dabei zu drücken. Im Vergleich zu den Sony-Kopfhörern sitzen sie ein wenig fester. Dennoch kann ich sie über Stunden mit Brille tragen, ohne Druckstellen über den Ohren oder an der Schläfe zu bekommen. Ausserdem verfügen sie über sämtliche Bedienelemente, die ich mir wünsche: Powerknopf mit LED an der linken Muschel und zwei Buttons zum Einschalten der Exofield-Funktion sowie zum Wechseln der HDMI-Quelle an der rechten Muschel. Ebenfalls rechts ist oberhalb der Knöpfe eine Fläche zu finden, die auf Wischgesten reagiert und den physischen Lautstärkeregler ersetzt. Tadellos funktioniert das, wenn ich mir vorstelle ein echtes Rad zu drehen.

Bedienelemente am Kopfhörer: Power Button, Lautstärke, Exofield-Funktion und Input-Auswahl.
Bedienelemente am Kopfhörer: Power Button, Lautstärke, Exofield-Funktion und Input-Auswahl.

Weiter ist links ein Micro-USB-Anschluss zum Laden angebracht. Die Kopfhörer werden von einem integrierten 3,7-Volt-Lithium-Ionen-Akku gespeist, der mit einer vollen Ladung bei meinem Testgerät für neun bis zehn Stunden Laufzeit sorgt. Sollte der Akku in einigen Jahren durch sein, kann er auf Wunsch getauscht werden. Allerdings soll das nicht eigenhändig möglich sein – die Kopfhörer müssen dazu in den Service.

Im Unterschied zu anderen Produkten befinden sich in den Muscheln nicht nur 40 Millimeter grosse Neodym-Treiber, die für ein kraftvolles und realistisches Klangerlebnis sorgen sollen, sondern auch je ein Mikrofon. Dieses ist an einem kleinen Knubbel auf Gehörganghöhe angebracht und dient zum Einmessen der Kopfhörer.

Die Einmessung dient zur Verbesserung des virtuellen Klangs. Dabei wird der Kopfhörer mit einem zwei Meter langen Klinkenkabel mit dem Sound-Prozessor verbunden. Der entsprechende Ausgang ist am Kopfhörer an der rechten Seite angebracht. Sind die Geräte verbunden und eingeschaltet, muss als nächstes ein Smartphone gezückt und über Bluetooth mit dem Prozessor gekoppelt werden. Daraufhin kann mit der «Exofield Theater»-App, erhältlich für Android und iOS, mit der Einmessung begonnen werden.

Das JVC XP-EXT1 vermisst die Ohren und optimiert den Klang individuell.
Das JVC XP-EXT1 vermisst die Ohren und optimiert den Klang individuell.

Meine Hörorgane sind in rund 30 Sekunden vermessen. Die Treiber produzieren dabei wiederholt Klicklaute und ein höher werdendes, kurzes Geräusch, das ein Teleporter in einem Science-Fiction-Film sein könnte. Dabei soll das System mit Hilfe der Mikrofone die individuellen anatomischen Merkmale ausfindig machen – also diejenigen der Muscheln, des Gehörgangs und des Trommelfells. Danach wird die Messung mit einer Datenbank und passenden, hinterlegten Werten abgeglichen und die benutzerdefinierte Konfiguration über das Smartphone ans System übertragen.

Gut ist, dass die Einmessung nicht auf einen Menschen beschränkt ist. Insgesamt können bis vier Nutzer ihre Daten hinterlegen. Nicht möglich ist der Betrieb von mehr als einem Kopfhörer. Die Prozessoreinheit lässt nur einen zu. Schade.

Der Sound-Prozessor: Mit eARC, drei HDMI-Eingängen und mehr

Den Sound-Prozessoren habe ich schnell installiert. Er bietet einen HDMI-2.1-Ausgang mit eARC-Unterstützung, was auch Abwärtskompatibilität zu ARC bietet. Daran hängt mein Samsung UHD TV.

Der Sound-Prozessor ist verantwortlich für die Encodierung und das Upmixing auf 7.1.4 Kanäle. Weiter hat er genügend Anschlüsse und dient als 5-GHz-Funkstation.
Der Sound-Prozessor ist verantwortlich für die Encodierung und das Upmixing auf 7.1.4 Kanäle. Weiter hat er genügend Anschlüsse und dient als 5-GHz-Funkstation.

Um einen starken Streaming-Medienplayer-Partner am Start zu haben, hänge ich meine Nvidia Shield TV Pro an einen HDMI-Eingang, wovon der Prozessor drei mit Version 2.1 hat. Die Shield kann ich aus tiefster Überzeugung und dank guten Erfahrungen empfehlen. Sie bietet alles, was ich mir zum Abspielen von Medieninhalten wünsche. Nur ein optisches Laufwerk fehlt. Brauche ich nicht, ich streame die Medien vom NAS.

Mit der Shield lässt sich nicht nur Netflix, Plex, Kodi und vieles mehr installieren und betreiben, auch bietet sie nebst der Unterstützung für Dolby Atmos und DTS:X auch eine für HDR10 und Dolby Vision. Letzteres kann leider, wie bereits erwähnt, nicht mit dem JVC-Sound-Prozessor durchgeschleift werden. Das Passthrough mit Vision bleibt eine Vision.

1 x HDMI Out (eARC), 3 x HDMI IN, OPT IN (TOS Link) und Analog In
1 x HDMI Out (eARC), 3 x HDMI IN, OPT IN (TOS Link) und Analog In

Der Prozessor bietet rückseitig nebst dem HDMI Out (eARC) und den drei HDMI IN auch zwei optische Anschlüsse (TOS Link). Einer davon ist mit OPT IN bezeichnet und funktioniert auch entsprechend. Der zweite ist mit EXT angeschrieben und hat für mich als Endverbraucher keinen Nutzen – er ist für den Serviceabgleich in der Fabrik. Ganz rechts findet sich zu guter Letzt vor dem Netzanschluss auch ein analoger Anschluss, an den allenfalls ein alter Plattenspieler gehängt werden könnte.

Sobald die Kopfhörer eingeschaltet werden, schaltet sich auch die Prozessoreinheit automatisch ein. Dennoch verfügt sie auch über einen Power Button. Weitere Knöpfe an der Front versetzen sie in den Pairing-Modus, wechseln die HDMI-Quelle oder auch das User-Profil. Unterseitig sind ausserdem zwei Schieberegler angebracht: Der erste ist mit «ATT (ANALOG)» gekennzeichnet, was für Attenuate (Dämpfung) steht und durch Umstellung von 0 auf -8 dB Verzerrungsprobleme von analog angeschlossenen Geräten beheben kann. Der zweite Regler deaktiviert HDMI CEC. Damit kann unterbunden werden, dass das System mit den angeschlossenen Geräten kommuniziert und diese beispielsweise automatisch ausschaltet, sobald der Kopfhörer deaktiviert wird.

Der Sound-Prozessor ist übrigens 26,6 Zentimeter breit, drei hoch und 15,4 tief und wiegt rund 530 Gramm. Er funkt im 5-GHz-Bereich und kommt damit ungefähr gleich weit, wie auch die Sony-Kopfhörer in meiner Wohnung kommen. Durch eine erste Wand schaffen sie es. Die Räume neben oder über dem Wohnzimmer kann ich mit Sound auf den Ohren nutzen. Für meine gesamte Maisonette-Wohnung mit 140 m² reicht es aber nicht, wobei der Prozessor am Rand und nicht mittig steht.

Einschalten und Absounden: Musik auf den Ohren

Als Aufwärmübung speise ich das JVC-System mit 2.0 FLAC Sound. Da das Hören von Musik gegenüber dem Filmgenuss nicht minder wichtig ist, erhoffe ich mir viel. Ich starte mit «Do You Like My Tight Sweater?» von Moloko. Obschon das Album von 1995 ist, klingt es verdammt futuristisch und bietet einen Mix mit Elementen aus Trip-Hop, Electronica, Alternative Dance und House. Es ist wohl eine der meistgehörten (digitalisierten) CDs meiner Sammlung.

Ehe ich auf Play drücke, zücke ich mein Smartphone und werfe einen Blick auf die vorliegenden Sound-Einstellungen in der Exofield Theater App.

JVC bietet drei vordefinierte Sound-Modi.
JVC bietet drei vordefinierte Sound-Modi.
Auch eine benutzerdefinierte Einstellung mit Equalizer ist möglich.
Auch eine benutzerdefinierte Einstellung mit Equalizer ist möglich.

Beim ersten Start sind der Sound-Modus Cinema und die Exofield-Funktion aktiviert. Ich wechsle auf den vordefinierten Modus Music und belasse es dabei, dass die Prozessoreinheit die 2.0-Musik auf zwölf Kanäle aufbläst. Gespannt drücke ich Play und wundere mich bereits nach wenigen Sekunden, da der Titel «Fun for Me» nicht nach Fun klingt. Wieso singt Sängerin Róisín Murphy gerade leicht rechts versetzt hinter mir? Dazu kommt die Zweitstimme auf zwei Seiten aufgeteilt und hat einen leichten Hall. Die Instrumente, Bässe und Elektrosound-Elemente sind irgendwo, nur nicht da, wo sie sein sollten. Das gefällt mir nicht und entspricht keinesfalls dem, was ich hören möchte.

Ich deaktiviere die Exofield-Funktion, was mich unheimlich zufrieden stellt. Nun klingt der Sound wieder so, wie ich ihn kenne. Oder gar besser? Alles ist an seinem Platz, was bei perfekt auf Stereo abgemischtem Sound bitter notwendig ist. Róisíns Stimme ist nun eher frontal und direkt am Ohr. Der Hall der Zweitstimmen ist verschwunden und der Klang, der überzeugt bereits nach Sekunden: Die Bässe haben gehörig Druck ohne dabei aufgebläht oder wummrig zu klingen – sie sind differenziert, knackig und haben Tiefgang. Die Mitten fügen sich ins Klangbild ein, ohne dabei aufdringlich zu wirken, sind aber dennoch eindringlich und farbig. Genauso ausgeglichen und sauber sind die Höhen, welche mit ihrem Detailreichtum das Bild vervollständigen und aus den Kopfhörern einen kristallklaren und energiegeladenen Sound zaubern.

Im Vergleich zum Sony-Produkt klingt der JVC-Stereo-Sound sehr ähnlich, wenn nicht gar fast gleich. Allerdings ist der Bass bei JVC mit Grundeinstellungen etwas stärker ausgeprägt – selbst dann, wenn ich den Sound Mode ausschalte respektive auf FLAT stelle. Und wie bei Sony gefällt mir die meiste Musik besser in Stereo-Wiedergabe. Die 7.1.4-Kanäle sind aber nicht ein kompletter Reinfall. Zwar gefällt mir damit weder rockiger noch klassischer Sound, gewisser Elektrosound klingt aber verdammt spannend damit. Beispielsweise Tracks vom Album «Stay» von Grum oder auch manche Musik von Daft Punk.

So klingen Dolby Atmos und DTS:X

Objektbasierter Surround Sound in den eigenen vier Wänden ist eine Premiere für mich. Im Gegensatz zur klassischen 5.1 oder 7.1 Konfiguration erwarten mich mit JVC und DTS:X sowie Dolby Atmos vier zusätzliche virtuelle Deckenlautsprecher, welche für exakten Klang von oben sorgen sollen. Um herauszufinden, wie genau die Richtung des Sounds abgebildet wird, füge ich erstmal einige Dolby Atmos Demo-Videos meiner Filmdatenbank hinzu. Solche gibt es mit korrekt hinterlegtem Codec beispielsweise hier.

Beherrscht Dolby Atmos...
Beherrscht Dolby Atmos...
...und DTS:X.
...und DTS:X.

Ich beginne mit dem Audiosphere-Trailer, welcher im Video gleich die korrekte Richtung der Soundelemente visualisiert. Und das klingt mit JVC sehr genau. Zumindest alles, was um mich herum passiert kommt exakt von da, wie im Video gezeigt. Nur wundere ich mich darüber, dass die Deckenlautsprecher zwar zu hören sind, jedoch nur frontal. Daher sehe ich mir ein Testvideo nach dem anderen an, ehe ich eine wahre Perle finde, die Dolby Atmos auszureizen vermag.

Im Amaze-Trailer werden Naturszenen gezeigt, die nicht nur gut aussehen, sondern insbesondere soundtechnisch einem kleinen Ohrgasmus gleichkommen. Um mich nicht ob den Bildern beirren zu lassen, sehe ich mir den Trailer mehrfach an und schliesse auch mal die Augen. Der Sound ist genial – insbesondere ein Gewitter im Trailer sorgt für Gänsehaut und zeigt auf, dass der Sound von oben nicht auf die Front beschränkt ist.

Der kleine Trailer-Vorgeschmack hat die Lust auf mehr richtig aufgeheizt. Daher mache ich mich ran an den Speck und gebe es mir erstmal mit der UHD-Version von Blade, dessen englische Tonspur mit Atmos Sound daherkommt.

Bereits die anfängliche Szene in einer Diskothek macht mir klar, dass ich sowas noch nie gehört habe. Zwar kenne ich Atmos aus dem Kino, doch sass ich wohl noch nie auf dem perfekten, mittigen Platz. Die Party steigt gemächlich zu hartem Elektrosound. Die Kamera folgt einem Menschen, dem einzigen Menschen unter Vampiren. Das wird ihm erst klar, als die Sprinkleranlagen beginnen Blut auf das Partyvolk zu vergiessen. Es regnet von oben, ich hör es genau und bin mittendrin, als die finsteren Recken der Nacht mich beginnen rum zu schupsen, mir aus verschiedenen Richtungen in die Ohren fauchen und mit ihren Zähnen fletschen.

Gleich ist Essenszeit, die allerdings dank Blade verhindert wird. Der Vampir jagende Daywalker betritt im richtigen Moment die Underground Party und beginnt ein Gemetzel, welches ein wahrer Augen- und insbesondere Ohrenschmaus ist.

Oh nein, was für arme Vampire: Gleich wirft Blade dieses Teil im Kreis.
Oh nein, was für arme Vampire: Gleich wirft Blade dieses Teil im Kreis.

Blades Shotgun ballert mit ordentlich Wumms, er tackert Vampire mit Pfählen an die Decke und dann kommt dieser Moment, in welchem er in einem runden, gefliesten Raum steht und einige Vampire diesen auch betreten. Blade zückt kurzerhand eine Waffe, die irgendwas zwischen Shuriken und Boomerang ist. Er lächelt und wirft das Teil einmal im Kreis. Als Zuschauer stehe ich mitten im Raum und höre, wie es einmal um mich herumfliegt und sämtliche Gegner das Zeitliche segnen.

Nach dem ersten Atmos-Film fühle ich mich verzaubert. Noch mehr verhext und für 7.1.4-Kanal-Sound missioniert werde ich danach durch «Solo: A Star Wars Story», bei dem alles noch ein Spürchen perfekter abgemischt wirkt. Neuere Filme, die nicht erst im Nachhinein eine Überarbeitung von Sound und Bild erhalten haben, gefallen mir beim Probehören allgemein noch besser. Wobei es da eine Ausnahme gab. Ich habe mir die vergangenen Tage die 4K-Version von Waterworld besorgt, welche mit DTS:X eine Soundkulisse hinzaubert, die mich mitten aufs Meer bringt. Der Wellengang um mich herum gibt mir das Gefühl, als ob das Boot und Kevin Costner tatsächlich stets in Bewegung wären. Bild und Ton spielen meinem Gleichgewichtssinn einen Streich, was ich dank fehlender Seekrankheit dankbar und genussvoll annehme.

Im Vergleich zum 9.1 Surround Sound meiner Sony-Kopfhörer, disqualifiziert der neue Klang mit Dolby Atmos und DTS:X keinesfalls das Dagewesene. Der 7.1.4-Klang ist eine tolle Erweiterung, eine Evolution, aber keine Revolution. Jedoch möchte ich, da ich es nun kenne, die noch genauer im Raum platzierten Objekte, Stimmen und Soundtracks nicht wieder missen. Verflixte Technik!

7.1.4 Exofield Upmixing von zwei oder sechs Kanälen

Was ich nicht empfehlen kann, sind Filme in Stereo mit dem Exofield-Upmixing zu schauen. Die Probleme des von 2.0 auf 7.1.4 aufgeblasenen Klangs sind dieselben, welche ich mit Stereo-Musik habe. Das System neigt manchmal dazu, gleichmässig auf beide Kanäle verteilte Stimmen neu so aufzuteilen, dass sie woanders herkommen, als auf dem Bild zu sehen. Höre ich mir Stereo in Stereo an, bin ich indes schwer zufrieden.

Der grösste Teil des über Netflix, Disney+, Amazone Prime, Apple TV+ und weiteren Plattformen gestreamten Surround Sound Contents kommt heute mit 5.1 Kanälen daher. Insofern interessiert mich brennend, wie dieses Material auf 7.1.4 Kanäle hochgerechnet klingt.

Ich starte den Film Men in Black, welcher mir sowohl mit Dolby Atmos, wie auch mit Dolby Digital 5.1 vorliegt. Die Musik des Vorspanns klingt mit hochgerechnetem 5.1 fast gleich bombastisch wie mit Atmos. Wechsle ich hin und her, wirkt Atmos etwas breiter – wie wenn die Soundkulisse leicht differenzierter auseinandergehalten wird: Mir fällt beispielsweise ein Instrument im Hintergrund auf, das wie eine Güiro oder eine Rassel klingt. Dieses kommt bei Atmos etwas mehr von hinten links als bei der 5.1-Spur.

Betrachte ich im selbigen Vorspann die Libelle, welche durch eine Kamerafahrt begleitet wird, so saust diese bei 55 Sekunden von vorne links nach hinten rechts direkt am Kopf vorbei. Zumindest mit der Atmos-Tonspur. Bei Dolby Digital 5.1 fliegt sie mit weniger harschem Winkel vorbei – würde ich nach Norden sehen, wäre sie Richtung Südost geflogen, wohingegen sie bei Atmos mehr Richtung Süden hält.

Auch wenn die Präzision der Tonquelle nicht immer gleich exakt ist, wie mit Atmos oder DTS:X, macht JVC beim Hochrechnen eine wirklich gute Arbeit und bietet Netflix und Co. einen klaren Mehrwert. Hätte ich nicht mit dem Testen von objektbasiertem Surround Sound begonnen, und würde ich das Hochrechnen nicht bereits von Sony kennen, wäre ich wohl vor Freude darüber ausgerastet. Ob sie mit Upmixing besser klingen, als die Sony-Kopfhörer, kann ich nicht abschliessend beantworten. Eigentlich ja, weil da zwei Tonspuren mehr sind. Doch werden diese im Vergleich zu Atmos-Quellen weniger oft bespielt. Für mich klingen beide Wireless Surround Sound Systeme im Vergleich zu normalem 5.1 Surround Sound fantastisch.

Ach ja, eines ist da noch: Wer PCM oder AAC Sound als Quelle hat, kann im Surround Setup der App wählen, ob dieser wie Dolby Surround oder Neural:X behandelt werden soll. Neural:X gefällt mir dabei auf Anhieb eine Spur besser.

Gaming mit der Konsole

Hänge ich meine Playstation 4 Pro ans XP-EXT1, gibt diese beim Gamen ein 7.1 Signal weiter. Das klingt je nach Game toll bis absolut genial. Dabei profitiere ich als Spieler insbesondere bei RPGs und Shooter vom Raumklang und höre Gegner und Geräusche exakt aus der Richtung, wo sie auch herkommen. So werde ich etwa beim Schleichen im Spiel Horizon: Zero Dawn weniger oft zum Opfer und kann manchmal rechtzeitig innehalten, sobald eine fiese Maschinen-Bedrohung ausserhalb meines Blickfeldes auftaucht.

Sind die Geräusche und Stimmen in einem Game zu wenig vom Rest der Sound-Kulisse getrennt, können diese mit dem Sound-Modus Game verstärkt werden. Das klappt dann auch ganz gut. Allerdings spiele ich meist lieber mit originalgetreuen Equalizer-Einstellungen.

Fazit: Top Kopfhörer-Surround-Sound mit beinahe perfektem Sound-Prozessor

JVC hat sehr gute Arbeit geleistet und bringt mit dem XP-EXT1 ein kabelloses Kopfhörer-Surround-Sound-System auf den Markt, das nicht nur durch Tragekomfort, sondern auch dank imposantem 7.1.4-Klang überzeugt. Die Unterstützung von aktuellen objektbasierten Sound-Formaten wie DTS:X und Dolby Atmos sind einmalig und auf der Höhe der Zeit.

Nicht gänzlich zeitgemäss ist die Durchschleifung des Videobildes. Der Sound-Prozessor verfügt zwar über eARC, HDMI 2.1 und die Möglichkeit Videomaterial bis hin zu UHD HDR10 weiterzureichen, doch fehlt ihm die Lizenz für Dolby Vision. Das mag zwar nur ein kleiner Makel sein, aber in Anbetracht des etwas gesalzenen Preises und der vorliegenden Hardware ist dies für mich dennoch schwer zu akzeptieren.

Wäre der Preis etwas niedriger und hätte ich nicht bereits meine geliebten Sony-Kopfhörer, könnte ich nach all den Teststunden und dem grossen Filmgenuss jedoch kaum widerstehen, mir dieses Teil zu leisten.

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Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.


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