Ein goldener PC aus St. Gallen? Wer sind Prime Computer?
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Ein goldener PC aus St. Gallen? Wer sind Prime Computer?

Philipp Rüegg
13.12.2017

Ein PC im Wert von 1 Million Franken aus purem Gold: Warum dieser Marketinggag gar nicht so verrückt ist und wie sich eine St. Gallische Computer-Firma mit Swissness gegen die internationale Konkurrenz behaupten will.

Als wir für den digitec-Prospekt absurde Weihnachtsgeschenke gesucht haben, sind wir auf den Prime gestossen. Ein Mini-PC aus 18-karätigem Gold im Wert von einer Million Franken. Dieses Schnäppchen fertigt dir das St. Gallische Unternehmen Prime Computer, und zwar vor Ort. Goldene Luxuscomputer sind aber nicht das eigentliche Kerngeschäft. Davon konnte ich mich bei einem persönlichen Besuch überzeugen.

Der Bill Gates der Schweiz

Prime Computer wurde 2013 vom damals 23-jährigen Josip Sunic gegründet. Heute verkaufen sie lokal produzierte, lüfterlose Mini-PCs und Server in Aluminium-Gehäusen. Sunic, der schon als Kind Computer-affin war und früh Computer selber zusammenbaute, störte sich an den klobigen und lauten PCs. Also fing er an, sie zu komprimieren und mit Passiv-Kühlung auszustatten. Statt dafür auf Produktionsstätten in China zu setzen, blieb er seiner Heimat treu. Das Ergebnis ist Prime Computer, etwas ausserhalb der Stadt St. Gallen.

So sieht der PrimeMini von innen aus.
So sieht der PrimeMini von innen aus.

«Mit seiner eigenen Firma und seinen jungen 27 Jahren ist er fast sowas wie ein Schweizer Bill Gates, der in seiner Garage angefangen hat – schreib das nicht auf», sagt Mario Tanner lachend, während ich unbeirrt mitschreibe. Milliardär ist Sunic zwar noch nicht, aber sein Konzept scheint zu überzeugen. So auch Mario Tanner (Chief Sales Officer) und Olivia Imhof (Chief Marketing Officer). Die beiden arbeiten erst seit kurzem beim aufstrebenden Unternehmen. Von ihnen möchte ich als erstes wissen: warum in der Schweiz? Wäre es nicht effizienter und günstiger, in China zu produzieren? «Ich habe lange in China gelebt und viele Produktionsbetriebe gesehen. Das sind ganz andere Zustände als bei uns. In China wird viel und schnell produziert, aber nicht für die Ewigkeit. Das ist teilweise gewollt. Wer will schon zehn Jahre das gleiche Handy», sagt Mario. Das entspricht nicht der Philosophie von Prime Computer, wo auf alle Geräte fünf Jahre Garantie gewährt wird. «Wir sind gegen die Wegwerfmentalität», fügt er an. Entgegen kommt ihnen dabei die verlangsamte Entwicklung von Hardware. «Früher musste man im Schnitt alle 18 Monate den PC aufrüsten, aber die Kurve flacht immer mehr ab.»

Auch die Soziologie war ein Grund, dass die beiden bei Prime angefangen haben. Lokale Arbeitsplätze schaffen und die Schweiz auch als PC-Hersteller bekannt zu machen, gehört zu den obersten Zielen.

Dominik Prieth beim Auftragen der Wärmeleitpaste.
Dominik Prieth beim Auftragen der Wärmeleitpaste.

Ein Sammelsurium an Kunden

Bei meinem Besuch konnte ich die verschiedenen Modelle selber in die Hand nehmen. Die PCs und Server fühlen sich extrem hochwertig an. Sie werden allesamt aus einem massiven Block Aluminium gefräst. Die prominenten Kühlrippen sind Teil des Designs und sorgen dafür, dass kein Lüfter notwendig ist. Wo wir bereits bei einem der Gründe wären, warum sich jemand einen Prime Computer kauft, denn sie sind deutlich teurer als die Konkurrenz. Die Kunden, die zur Hälfte aus Geschäftskunden und zur Hälfte aus Privatkunden bestehen, seien ein Sammelsurium sondergleichen. «Es gibt den Designenthusiasten, der in sein schickes Wohnzimmer keinen Plastik-PC stellen will. Oder Leute mit Tinnitus, die sich schon ab leisen Lüfter stören», so Mario. «Für viele ist natürlich auch Swissness ein schlagkräftiges Argument oder die nicht zu unterschätzenden Stromeinsparungen», ergänzt Olivia. Auf fünf Jahre könne das je nach Verbrauch und Gerät bis zu 800 Franken ausmachen.

Olivia Imhof vor dem prall gefüllten Lager.
Olivia Imhof vor dem prall gefüllten Lager.

Obwohl sie in direkter Konkurrenz zum NUC von Intel stehen, hat sich Prime Computer erfolgreich eine Nische geschaffen. «Viele Kunden schätzen es, dass sie einfach anrufen können. Die Unkompliziertheit und der direkte Draht spielt für viele eine wichtige Rolle – besonders für ältere Kunden», erklärt Olivia.

Ein Traum aus Gold

Aber wo ist denn jetzt dieser goldene PC? «Leider ist der Auftrag noch nicht zustande gekommen», sagt Olivia. Sie hatten eine konkrete Anfrage aus den Arabischen Emiraten für einen mit Gold beschichteten Prime. Weil das von der Produktion her nicht optimal gewesen sei, kam man auf die Vollgold-Variante. Es war also nicht bloss ein Marketinggag. Gold ist der bessere Wärmeleiter als Aluminium. Das Gerät würde damit also technisch sogar aufgewertet. Auch Anfragen für ein Platin-Modell seien schon eingegangen. Die Vorstellung, wie aus einem riesigen Klotz Gold oder Platin ein Gehäuse gefräst wird, lässt mich schmunzeln. Vielleicht klappt's ja beim nächsten Mal. Bei diesem Herstellungsprozess wären wir dann gerne dabei, merke ich schon mal an.

Nicht 100 Prozent Swiss Made

Im Grossraumbüro von Prime Computer finden nicht nur die zwölf Mitarbeiter Platz, sondern auch die Werkstatt. Wenn eine grosse Bestellung reinkommt, produzieren sie hier 60 bis 70 PCs pro Woche. Sonst sind es eher um die 20. Chief Technology Officer Dominik Prieth trägt gerade die Wärmeleitpaste auf das Mainboard auf. Ganz alles entsteht aber nicht in der Schweiz. Das Gehäuse wird in Manchester produziert und die Hardware besteht aus ausgewählten Komponenten wie SSDs von Samsung und Prozessoren von Intel. Bei der Entwicklung des Gehäuses und der Auswahl der Komponenten sei vor allem ein Faktor entscheidend gewesen: die Hitze. Da die Prime Computer keinen Lüfter besitzen, der die Wärme der Hardware aus dem Gehäuse blasen kann, müssen die Kühlrippen das übernehmen. Darum ist das Gehäuse auch aus einem einzigen Stück, damit sich die Wärme verteilen kann. «Die Verarbeitungsqualität ist top», bekräftigt Dominik.

Alle Geräte werden vor dem Verpacken getestet.
Alle Geräte werden vor dem Verpacken getestet.

Auch einen lüfterlosen Server haben sie im Angebot. «Wir hatten anfangs Probleme, dass der CPU zwar perfekt die Wärme abgeben konnte, sie dabei aber direkt zur SSD wanderte.» Ob sie mit ihrer Technik auch einen Gamer-PC bauen könnten, frage ich? «Schwierig», meint Dominik. Zum einen braucht es ein deutlich stärkeres Netzteil und eine dedizierte Grafikkarte. «Einen kleinen Würfel wirst du immer haben.» Für an die LAN-Party würde es damit wohl trotzdem nicht mehr reichen. «Du brauchst einfach ein Palett für den Transport», schlägt Dominik vor. Das Ziel, aufzufallen, wäre damit zumindest gegeben.

Aber bevor sich Prime Computer der Herausforderung von passiv gekühlten Gamer-PCs stellt, will das junge Unternehmen erstmal seinen Platz im Markt finden. «Momentan liegt unser Fokus darauf, unsere Marke bekannt zu machen und die Brand Awareness zu steigern», sagt Mario. Der Anfang ist schon mal gelungen und wenn sich noch ein paar arabische Millionäre finden, die für ihr Entertainment-System einen goldenen PC brauchen, dann steht dem Erfolg nichts mehr im Wege.

Eine kleine Auswahl

Prime Computer PrimeMini 3 – Gold Edition (Intel Core i5-6260U, 32 GB, 2000 GB, SSD)
PC

Prime Computer PrimeMini 3 – Gold Edition

Intel Core i5-6260U, 32 GB, 2000 GB, SSD

Prime Computer PrimeMini Pro (Intel Core i5-5300U, 8 GB, 250 GB, SSD)
PC

Prime Computer PrimeMini Pro

Intel Core i5-5300U, 8 GB, 250 GB, SSD

Prime Computer PrimeMini 3 (Intel Core i5-6260U, 8 GB, 250 GB, SSD)
PC

Prime Computer PrimeMini 3

Intel Core i5-6260U, 8 GB, 250 GB, SSD

Prime Computer PrimeMini 3 – Gold Edition (Intel Core i5-6260U, 32 GB, 2000 GB, SSD)

Prime Computer PrimeMini 3 – Gold Edition

Intel Core i5-6260U, 32 GB, 2000 GB, SSD

Prime Computer PrimeMini Pro (Intel Core i5-5300U, 8 GB, 250 GB, SSD)

Prime Computer PrimeMini Pro

Intel Core i5-5300U, 8 GB, 250 GB, SSD

Prime Computer PrimeMini 3 (Intel Core i5-6260U, 8 GB, 250 GB, SSD)

Prime Computer PrimeMini 3

Intel Core i5-6260U, 8 GB, 250 GB, SSD

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Titelbild: Das siehst du nicht alle Tage: einen lüfterlosen Server.

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Als Game- und Gadget-Verrückter fühl ich mich bei digitec und Galaxus wie im Schlaraffenland – leider ist nichts umsonst. Wenn ich nicht gerade à la Tim Taylor an meinem PC rumschraube, oder in meinem privaten Podcast über Games quatsche, schwinge ich mich gerne auf meinen vollgefederten Drahtesel und such mir ein paar schöne Trails. Mein kulturelles Bedürfnis stille ich mit Gerstensaft und tiefsinnigen Unterhaltungen beim Besuch der meist frustrierenden Spiele des FC Winterthur. 


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