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Feed the Nerd 4: «Format C:»
von Martin Jud
Die Ausgeburt der Hölle ist zurück. Nein, damit meine ich nicht Windows 95. Obschon die Bezeichnung auch da überaus zutreffend ist. Immerhin gab es danach nie mehr so viele Blue Screens. Was ich heute will, ist endlich wieder gegen Diablo in den Krieg ziehen.
MS-Dos-Games sind schön und gut, doch bin ich nach drei Monaten Retro-Gaming bald übersättigt. Es wird Zeit für eine neue Bastelstunde – mein 486er wartet bereits sehnsüchtig darauf. Übrigens ärgere ich mich, dass ich ihm noch immer nicht die bei der letzten Episode bestellte CMOS-Batterie spendieren kann. Die UK-Post hat ausgerechnet diese überaus wichtige Lieferung verschlampt. Doch wenigstens ist nun Ersatz unterwegs – es kann sich nur um Wochen handeln.
Toll, seit August gibt es Windows 95 als App. Du kannst damit nicht viel mehr als Solitaire spielen. Ausserdem braucht diese schlecht programmierte Software 300 MB RAM. WTF?! Das Original Windows 95 läuft auf einer Kiste mit 4 MB RAM. Mein 486er spendiert dem Betriebssystem gar 8 MB. Bei mir gibt’s richtiges Retro-Feeling mit original Software (hüstel) von anno 1995 und Hardware aus dem selben Jahr.
Bevor es losgeht, sollte ich mir aber nochmal bewusst werden, was da auf mich zukommt. Und du solltest das auch. Der folgende Song bringt's ganz gut auf den Punkt.
Wie bringe ich Windows 95 ohne internes CD-Laufwerk auf mein Notebook? Vielleicht mit der Notebook-Version, welche 14 Disketten umfasst? Pustekuchen, das tue ich mir nicht an. Zumal ich diese Version auch nicht besitze. Ein externes CD-Laufwerk muss her. Glücklicherweise habe ich mir bereits die passende Uralt-Hardware besorgt, welche nur noch zusammengebaut werden muss.
Zwei Minuten später ist es soweit. Nun nur noch das Gehäuse schliessen, Strom- sowie LPT-Kabel verbinden und hoffen, dass der Zahn der Zeit nicht zu sehr an der Hardware genagt hat.
Es scheint alles zu klappen. Die alten Treiber-Installationsdisketten von 1997 funktionieren tadellos. Die Einträge in die Config.sys und Autoexec.bat werden automatisch gemacht.
Yes, es läuft alles wie gewünscht.
Viel gibt es zur Installation von Windows 95 nicht zu berichten. Ausser dass du hierbei viel Geduld mitbringen musst. Enorm viel, so gegen eineinhalb Stunden sollten reichen.
Ach ja, die Original-Installations-CD ist mir leider abhanden gekommen. Doch den Windows-Serial habe ich glücklicherweise noch. Oder wieder? Egal, hau rauf den Scheiss!
Der erste Start von Windows 95 dauert auch einige Minuten. Doch das tue ich mir in Anbetracht des nostalgischen Start-Bildes gerne an.
In der Zwischenzeit google ich nach einer Möglichkeit, mein Windows auch ohne Soundkarte dazu zu bringen, Musik abzuspielen. Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es da einen Treiber, der den PC-Speaker wie eine Soundkarte anspricht.
Fündig werde ich schnell, doch überkommt mich eine Vorahnung, welche meine Stimmung trübt. Es gibt zwei Treiber, welche ab Windows 3.x funktionieren. Der erste stammt aus der Feder von Microsoft, hat eine relativ gute Ausgabequalität aber den Nachteil, dass immer, wenn ein Sound abgespielt wird, sämtliche anderen Tasks pausiert werden. Das Teil ist also nicht wirklich zu gebrauchen.
Der zweite Treiber stammt von John Ridges und bringt im Hintergrund laufende Anwendungen nicht zum einfrieren. Zwar soll die Ausgabequalität nicht an diejenige von Microsofts Treiber rankommen, doch das ist mir herzlich egal. Und ja, meine Vorahnung gilt der Soundausgabe von DirectX. Ich könnte meinen Allerwertesten darauf verwetten, dass diese hierbei nicht unterstützt wird, denn es handelt sich um einen «Wave Driver». Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Nach der Installation des Treibers und einem Neustart höre ich endlich die typische Fanfare, die dich bei Windows 95 begrüsst. Allerdings viel zu laut, weshalb ich die Lautstärke unter «Control Panel/Multimedia» in den Properties des «Internal Speaker wave driver» anpasse.
Etwas traurig lege ich die Original-CD von Diablo ein. Ich werde wohl heute nicht an mein Ziel gelangen. Oder doch? Immerhin scheppert beim Autostart der Disc Sound aus den Boxen, welcher wie eine Kaffee-Maschine auf Speed klingt. Wohl eine Wave-Datei. Nebst dem Sound, ist die grösste Achillesferse bei diesem Unterfangen der Prozessor. Diablo verlangt einen Pentium mit 60 MHz. Die Taktrate des 486-DX4-Prozessors beträgt 75 MHz. Daher bleibe ich optimistisch.
Vor der Installation lasse ich meinen PC testen:
Okay, er erkennt meinen nicht existierenden Pentium. Dass ich bei den Ladezeiten wegen des langsamen externen CD-Laufwerks etwas länger warten muss, kann ich verkraften. Doch wie du siehst, funktioniert der installierte PC-Speaker-Treiber tatsächlich nicht für die DirectSound-Ausgabe. Verdammt... Muss ich mir nun auch noch eine externe Soundkarte zusammenbasteln? Gibt es sowas?
Ich installiere Diablo und hoffe, dass ich mich zumindest ohne Sound in Richtung God of Hellfire kämpfen kann.
Nun wird's spannend. Gebannt warte ich darauf, dass das Game startet.
Wow, ich kann es kaum fassen. Das Game läuft... nicht! Respektive nur mit halbem Tempo. Da haben die Gegner keine Chance gegen mich und ich keine Freude.
War nun der ganze Aufwand für nichts? Lässt sich mein Prozessor allenfalls auf 100 MHz hochtakten? Jedenfalls ist mir momentan die Lust nach weiterem Rumproben vergangen.
Ich installiere «Heroes of Might and Magic II», welches sich wunderbar auf meinem Rechner spielen lässt. Wenn auch ohne Sound. Doch wer braucht schon Operngesang bei einem Strategie-Titel? Darauf verzichte ich die kommenden Stunden.
Tja, man kann nicht immer gewinnen. Doch immerhin komme ich jetzt doch noch dazu, Dämonen und anderes Getier aus der Unterwelt zu bekämpfen. Ausserdem hatte ich keinen einzigen Blue Screen. :D
Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.