

Grafikkarte nur fürs Crypto Mining kaufen: Lohnt sich das überhaupt (noch)?

Gamer-Grafikkarten werden teuer und sind kaum verfügbar. Schuld ist der Crypto-Mining-Boom. Ich habe meine GTX 1080 Ti auch mal in den Stollen geschickt, um herauszufinden, ob man damit wirklich Geld verdienen kann.
«Sorgt bitte dafür, dass Gamer genug Grafikkarten bekommen». So in etwas lautete eine E-Mail, die Nvidia an uns und zahlreiche weitere Shops auf der ganzen Welt geschickt hat. Es ist eine Reaktion auf die zunehmende Grafikkarten-Knappheit, die durch Crypto Miner ausgelöst wurde. Also Personen, die ihre Grafikkarte nicht zum Gamen brauchen, sondern um Kryptowährungen zu generieren.
Nvidias scheinbare Besorgnis hat bei mir die Frage geweckt, ob es sich wirklich lohnt, extra fürs Mining eine Grafikkarte zu kaufen, die fast 1000 Franken kostet. Denn mangels Alternativen sind längst nicht mehr nur günstige AMD-Karten gefragt, sondern auch Highend-Gamer-GPUs. Eine solche wohnt auch in meinem PC. Ideale Voraussetzung also, dem Klondike der Kryptowelt einen Besuch abzustatten.
Verfügbarkeit und Preisentwicklung
Nvidias Hintergedanken
Was passiert beim Mining überhaupt?
Aber zurück zu meinem Projekt. Kryptowährungen und alles was dazu gehört sind ein abstraktes Konstrukt. Am besten schaust du dir das folgende Video an.
Da jede Währung unterschiedliche Algorithmen einsetzt, eignet sich nicht jede Hardware gleich gut. Bitcoins beispielsweise sind für Enduser längst nicht mehr profitabel zum Schürfen, da die Stromkosten höher sind als der Ertrag. Nur spezielle Mining-Geräte (ASICs) in Ländern mit tiefen Stromkosten werden noch dafür eingesetzt. Anders sieht es beispielsweise mit Altcoins wie Ethereum aus, der eine richtige Goldgräberstimmung ausgelöst hat.
Wie geht Mining und was brauchst du dafür?
Neben potenter Grafikkarte und idealerweise Prozessor benötigst du die folgenden drei Dinge.
- Ein Wallet
- Einen Account bei einem Mining Hub
- Mining-Software
Im Hub kannst du auswählen, welche der zahlreichen Währungen du schürfen willst. Unter dem Reiter «Worker» legst du einen Benutzernamen und ein Passwort fest. Hast du nur eine Grafikkarte, reicht ein Worker. Die Angaben brauchst du später bei der Erstellung einer Batch-Datei, die aus einer einzigen Zeile Code besteht. Die sieht beispielsweise so aus:
ethminer -G -S europe.ethash-hub.miningpoolhub.com:20535 -O username.workername:password
Ethminer bezieht sich auf das auszuführende Programm, danach folgt die Server-Adresse und am Ende dein Benutzername der Hub-Seite sowie Name und Passwort des Workers.
Für das eigentliche Mining benötigst du schliesslich noch ein kleines Programm, mit dem du die Matheaufgaben lösen kannst. Hier gibt es zahlreiche Alternativen. Nicht alle sind gleich effizient für deine Hardware. Du findest sie in der Regel auf der Hub-Seite bei der jeweiligen Währung.
Sobald du im Dateiordner des Mining-Programms die zuvor erwähnte Batch-Datei erstellt hast, reicht ein Doppelklick und deine Grafikkarte nimmt die Arbeit auf. Du siehst dabei immer die aktuelle Hash-Rate. Anhand dieser kannst du ablesen, wie effizient deine Maschine arbeitet. Sie beschreibt, wie viele Prozesse (Hash) dein Computer pro Sekunde leistet. Die Hashrate ist von Währung zu Währung unterschiedlich.
Der ganze Prozess ist für Anfänger nicht ganz einfach zu verstehen und erfordert etwas Einarbeitungszeit.
Stromkosten vs. Ertrag
Hätte ich meine GTX 1080 Ti explizit für Crypto Mining gekauft, bräuchte ich im Dauerbetrieb schätzungsweise sieben Monate um sie zu amortisieren. Vorausgesetzt, der Markt bleibt stabil, was aktuell nicht der Fall ist. Natürlich kannst du deine Karte zusätzlich übertakten und es gibt mit Sicherheit noch diverse Tricks zur Effizienzsteigerung. Eine entscheidende Veränderung würde ich mir davon aber nicht erhoffen.
Nicht mitgerechnet sind dabei die Transaktionsgebühren, die anfallen, wenn du dir deinen Gewinn auszahlen lassen willst. Und Abschreibungen für deine Hardware kämen theoretisch auch noch hinzu...
Risiken und Ökobilanz
Ebenfalls beachten solltest du die erhöhte Belastung für deine Grafikkarte. Solche Konsumentenprodukte sind nicht für den Dauerbetrieb über längere Zeit konzipiert. Anhaltende Hitze beschleunigt den Alterungsprozess. Die schwächsten Glieder dürften die Speisung und der Lüfter sein. Es ist empfehlenswert ein Überwachsungstool wie MSI Afterburner zu verwenden. Damit kannst du die Temperatur deiner Grafikkarte limitieren oder die Lüftung aufdrehen.
Und wenn du dir schon keine Sorge um deine Recheneinheit machst, dann vielleicht um die Umwelt. Crypto Mining verschlingt enorme Mengen an Energie. Alleine für Bitcoins werden jährlich bereits 42 TWh an Strom verschlungen. Das ist mehr als ganz Neuseeland benötigt. Bitcoin ist zwar mit Abstand die leistungshungrigste Kryptowährung, Stromfresser sind sie aber alle.
Fazit: zum Ausprobieren ganz witzig
Mir war das Ergebnis schon im Vorhinein klar. Ausprobieren wollte ich es trotzdem. Für Crypto Mining eine neue Grafikkarte kaufen, lohnt sich kaum noch. Selbst wenn du deine Karte 24/7 laufen lässt, wirst du kaum mehr als 150 Franken im Monat machen. Zocken am PC kannst du dann aber vergessen.
Wenn du es trotzdem nicht lassen kannst, solltest du wenigstens in eine Karte investieren, bei der du schnellstmöglich den Break Even Point erreichst. Da die Preise für Hardware enorm gestiegen sind und die Kryptowährungen starken Schwankungen unterworfen sind, willst du sichergehen, dass du deine Investition wieder zurückholst. Das Geld könntest du aber fast genauso gut direkt in Kryptowährung investieren.
Was du auch probieren könntest, ist Altcoins zu schürfen, die noch nicht allzu bekannt sind. Hier ist die Erfolgsrate wesentlich höher und du kriegst relativ schnell ein paar Coins zusammen. Wenn du Glück hast, ist einer davon der nächste Ethereum.
Das grosse Geld wirst du mit Crypto Mining ohne eine hohe und risikoreiche Investition wohl nicht mehr machen. Wenn du aber bereits eine potente Karte besitzt und keine Umweltbedenken hast, kannst du es zum Spass mal ausprobieren. Erzähl mir dann, was du mit deinen paar Franken gekauft hast.


Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.
Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.
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