«Gran Turismo»-Film-Trailer: Aufsteigerstory mit wahrem Kern?

«Verfehlst du die Ideallinie im Spiel, setzt du einfach den Spielstand zurück. Verfehlst du sie auf der Rennstrecke, könntest du sterben», macht Jack Salter, der Trainer des Protagonisten, gespielt von David Harbour («Stranger Things»), gleich zu Beginn des Trailers klar. Was dann folgt, sind viele Autorennszenen – virtuell und real – und die angedeutete «vom Tellerwäscher zum Millionär»-Story. Und Gamer-Klischees.

Ganz viele Gamer-Klischees.

Da erbricht ein Academy-Teilnehmer auf der Rennstrecke. Wer gamed, ist ja unsportlich. Da rückt die einzige Teilnehmerin mit gefärbten Haaren in die Academy ein. Gamerinnen haben ja alle gefärbte Haare. Da fragt Trainer Salter nach einem Unfall, ob man für sowas im Game Extrapunkte kriegt. Flacher gehen Gamer-Witze kaum. Abgerundet wird das Ganze durch jede Menge Product Placement für Sony, Nissan oder Moet & Chandon.

Und trotzdem bin ich als Gamer, langjähriger «Gran Turismo»-Afficionado und Rennsport-Fan sehr gespannt. Denn wer im Trailer genau hinguckt, kann schon einige Schlüsse auf den Film ziehen. Gehen wir die Details durch.

Was ist dran an der Story?

Wenn das Filmstudio-Marketing mit «Based on a True Story» wirbt, fehlt meistens das Wort «loosely» im Satz. Etwa bei «Cool Runnings». Ja, 1988 gab es die Olympischen Winterspiele in Calgary. Ja, eine jamaikanische Bobmannschaft nahm dort teil. Und ja, das Team baute einen Crash. Der Rest des Films ist aber pure Fiktion.

In «Gran Turismo» nehmen es die Drehbuchautoren Jason Hall, Zach Baylin und Erich Hoeber auch nicht ganz eng mit der Wahrheit. Jann Mardenborough war zwar Sieger der dritten GT-Academy, einem Wettbewerb, bei dem man sich online über Gran Turismo für eine echte Motorsport-Ausbildung qualifizieren konnte. Und ja, seither fährt der echte Jann Mardenborough tatsächlich in Rennserien rund um den Globus und lebt den Traum des Rennfahrers. Allerdings nur mit bescheidenen Erfolgen. Da eine mittelmässige Karriere, die im Jahr 2011 ihren Anfang nahm, heute niemanden mehr interessiert, hievt Regisseur Neill Blomkamp («District 9», «Elysium») die Story offenbar sogar ins neue Jahrzehnt: Die GT Academy findet auf der Playstation 5 statt, die 2020 auf den Markt kam. Im echten Leben war die letzte Durchführung der GT Academy 2015. Ob der Trailer da eine neue GT Academy spoilert?

Fantastischer Fuhrpark

Auch die im Trailer gezeigten Autos sind modernen Baujahrs, etwa der
Lamborghini Huracan GT3 Evo, der 2019 erstmals zum Einsatz kam. In einem früheren Sneak Peak war zudem ein McLaren 720S GT3 zu sehen. Besonders überrascht hat mich im Trailer aber ein Gefährt von Nissan, das es meines Wissens so noch nirgends zu sehen gab.

Es scheint ein Le-Mans-Prototyp der LMP1 Klasse zu sein, was auch Sinn ergibt. Schliesslich sass Jann Mardenborough beim letzten Auftritt von Nissan in der LMP1-Klasse bei den 24 Stunden von Le Mans 2015 hinter dem Steuer. Das Rennen endete für Nissan in einem kompletten Debakel: Beim Qualifying verlor das schnellste der drei Nissan-Autos mehr als 20 Sekunden auf die Pole Position. Zwei der drei Autos schafften es beim Rennen wegen technischer Defekte nicht ins Ziel – unter anderem die Nummer 23, bei der Mardenborough einen Teil des Fahrer-Trios stellte. Lediglich ein Nissan Bolide fuhr nach 24 Stunden über die Ziellinie, wurde allerdings nicht gewertet, da man nicht die erforderlichen 70 Prozent der zurückgelegten Distanz des Siegerautos erreichte.

Fährt Nissan wieder LMP1?

Der im Trailer gezeigte Nissan LMP1 allerdings hat ein ganz anderes Chassis als der Nissan GT-R LM Nismo von 2015. Auf der Seite sind etwa aerodynamische Elemente zu sehen, die Scheinwerfer sind schmaler als im Original. Hier schliesst Regisseur Blomkamp wohl den Kreis in die 2020er Jahre. Die LMP1 Klasse ist bei Le Mans seit letztem Jahr Geschichte. Sie ist der neuen Hypercar-Klasse gewichen. Eine Klasse, bei der Nissan bis jetzt noch kein Auto angemeldet hat. Vielleicht ist das die kreative Freiheit, damit «Gran Turismo» mit einem Sieg bei Le Mans endet und nicht in einem Debakel, wie die Nissan Saison 2015.

Ob der Film selbst in einem Debakel endet, wissen wir im August. Ich schau mir den Film sicher an, mit einiger Skepsis, nicht nur der Gamer-Klischees wegen. Als Fan des Langstrecken-Rennsports will ich wissen, ob die Spannung und der Abnutzungskampf der GT- und WEC-Serien rüberkommt oder ob der Film auch dort nur «loosely based on a True Racing Series» ist.

Kinostart ist am 10. August.

Bis dann kannst du dir mit dem neusten «Gran Turismo»-Spiel deinen inneren Jann Mardenborough channeln.

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