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Hintergrund

Handy weg: Hört auf, das ganze Konzert zu filmen

Livia Gamper
10.7.2018
Bilder: Sandro Gamper

Du freust dich wie wild auf das Konzert am Festival. Aber nein, vergiss es. Irgendein Tubel wird vor dir stehen, dir sein Handy vor die Nase halten und das ganze Konzert filmen. So ging’s jedenfalls mir am Openair Frauenfeld. Bei Eminem. Darum: Eine Schimpfschrift.

Dann geht’s los. Der weisse Vorhang, der die Bühne verhüllt, fällt. Der Rap-Gott, der Vorhänge mag, lässt sich nicht bitten und beginnt seinen Auftritt ohne Verspätung.

Ekstase. Aber dann: Tausende Scheiss-Handys werden gezückt und eine Armlänge hoch in die Luft gehalten. Ich sehe nichts mehr von der Bühne. So weit mein Auge reicht erblicke ich nur Smartphone-Displays. Die Bildschirme leuchten fast heller als die Bühnenbeleuchtung. Ich denke mir: Ja gut, die filmen jetzt den Beginn des Konzerts. Das wird schon wieder aufhören. Tja, ich liege falsch.

Ich bin etwas über eins-siebzig. Trotzdem: Nur wenn ich meinen Hals recke, sehe ich knapp auf den Übertragungsbildschirm. Die Bühne, wenn ich mich auf die Zehenspitzen stelle. Kleinere Menschen sehen gar nichts. Und ich sehe nur auf tausende Scheiss-Displays. So viele Leute schauen das Konzert durch den Bildschirm ihres Smartphones.

What the fuck?

Da war der Auftritt schon fertig. Immerhin das Feuerwerk konnte ich sehen

Niemand will diese Videos

Bis zur Unkenntlichkeit verwackelt. Bravo

Von jedem grösseren Konzert gibt’s professionelle Videos. Wieso müssen die Leute selbst filmen? Und das auch noch so penetrant. Wenn du dein Phone einmal eine Minute lang hochhältst, sagt ja niemand etwas. Aber so ist es nicht. Die Handys sind permanent oben.

Nebst Speicherplatz frisst neunzig Minuten filmen auch Akku wie blöd. Ich frage mich was der Typ denn für ein Handy hat. Oder ob er extra für seine Filmerei eine Powerbank ans Konzert mitgeschleppt hat.

Ich will den Leuten ihr Handy aus der Hand schlagen. Doch Gewalt und Sachbeschädigung sind nicht mein Ding. Und wären illegal.

Ihr sollt doch tanzen, singen und abgehen

An einem Konzert will ich zur Musik tanzen und mitsingen. Ich will den Bass im Bauch fühlen und ich will abgehen. Ich will das Konzert erleben. Aber die Mehrheit der Leute steht wie angewurzelt vor mir. Ab und an wippen sie mit dem linken Arm mit. Denn in der rechten Hand halten sie ja ihr blödes Handy noch immer oben.

Heute machst du mit der Taschenlampe deines Smartphones Atmosphäre. Damals haben wir noch mit dem Feuerzeug mitgefeiert und uns alle den Daumen verbrannt

Die Freunde dieser Leute stehen wahrscheinlich gleich neben den Bekloppten, die filmen. Und haben die selbe Sicht. Dennoch müssen sie alle dasselbe uploaden und sehen dann die selben Videos wieder bei ihren Freunden. Cool. Die Daheimgebliebenen wollen die schlechten, elends langen Videos, auf denen du das Konzert nur verzerrt hörst, eh nicht sehen. Die schauen sich den Aftermovie an.

Das Publikum am Eminem-Konzert macht mit. Trotzdem: Ich habe schon Konzerte erlebt, an denen auch der Hinterletzte mitspringt. Das war hier nicht der Fall. Getanzt haben nur wenige. Wie auch, mit dem Handy in der Hand. Da wären die blöden Videos ja noch übler.

Handyverbot als Lösung?

Brauchen wir, damit wir Konzerte wieder geniessen können, ein komplettes Handyverbot? Die Firma Yondr hat das Handyproblem an Konzerten, Schulen und anderen öffentlichen Plätzen erkannt. Yondr hat ein Konzept das ich mag: An Konzerten verbieten sie Smartphones nicht, sondern sie schränken die Nutzung ein.

Auf ihrer Homepage schreibt die Firma Yondr:

In our hyperconnected world, we provide a haven to engage with what you’re doing and who you’re doing it with. In physical space and real time.

Übersetzung: In unserer hypervernetzten Welt bieten wir eine Oase, um sich mit dem zu beschäftigen, was du tust und mit denen du da bist. Im physischen Raum und in Echtzeit.

Yondrs Konzept funktioniert so: Am Eingang erhält jeder Besucher ein Yondr-Case. Dort wird das Phone reingesteckt und dann mit einem speziellen Verschluss zugemacht. Öffnen lässt sich das Case nur mit der dazugehörenden Dockingstation. Die Dockingstations gibt’s am Ausgang und in der Handy-Area. In dem abgetrennten Platz dürfen die Phones benutzt werden. Etwa für Notfälle oder andere dringende Anrufe oder Nachrichten.

Bild: overyondr.com/howitworks

Wer also ein Babysitter hat oder auf Pikett-Dienst ist, stellt sein Telefon auf Vibrationsalarm. Das Vibrieren sei auch durch das Case spürbar, so Yondr. Vibriert dein Phone, kannst du einfach in die Handy-Zone gehen.

Schlussendlich bin ich den Besuchern von Frauenfeld aber doch ein Bitzli dankbar: Immerhin hat niemand mit einem iPad gefilmt. Da hätte ich mich nicht mehr beherrschen können.

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Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival. 


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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