Happy Birthday «Final Fantasy»
Hintergrund

Happy Birthday «Final Fantasy»

Kevin Hofer
18.12.2022

Vor 35 Jahren erschien der erste Teil der «Final Fantasy»-Reihe. Er legte das Fundament für eine der grössten Game-Franchises der Videospielgeschichte.

Die letzte Chance von Square. Dafür steht der Name «Final Fantasy» gemäss einem Internetmythos. Das japanische Unternehmen steht 1987 vor dem Ruin und das Spiel soll es retten – was tatsächlich eintrifft. Falsch ist hingegen die Bedeutung des Namens. Laut dem Erfinder des Spiels Hironobu Sakaguchi ist die Herleitung weniger dramatisch: Der Name soll auf Japanisch gut klingen und mit FF abgekürzt werden können. Ursprünglich wird der erste Teil unter dem Namen «Fighting Fantasy» entwickelt. Er muss aus lizenztechnischen Gründen geändert werden und aus «Fighting» wird «Final».

Auch wenn die romantische Vorstellung zur Entstehung des Namens nicht stimmt, ist sie Programm. Nebst Square – heute Square Enix – steht auch die Karriere von Sakaguchi vor dem Aus. Er will, sollte das Spiel scheitern, seine Karriere in der Spielebranche an den Nagel hängen. Dazu kommt es zum Glück nicht. «Final Fantasy» ist mit über 90 Spielen inklusive allen Spin-offs eine der erfolgreichsten Game-Franchises aller Zeiten. Bis im April 2022 wurden 168 Millionen Spiele verkauft.

Die Anfänge

Mitte der 80er-Jahre kommen in Japan Rollenspiele auf. «The Legend of Zelda» sowie «Dragon Quest» feiern grosse Erfolge. Der angeschlagene Spiele-Konzern Square will auf den Zug aufspringen und Sakaguchi will sich mit seinem vielleicht letzten Spiel ein Vermächtnis schaffen. Er entwickelt «Final Fantasy». Mit dem Künstler Yoshitaka Amano, der die Figuren entwickelt, und Komponist Nobuo Uematsu, der für den Soundtrack verantwortlich ist, sind zwei namhafte Personen an Bord. Beide wirken auch bei späteren Titeln der Serie mit.

Am 18. Dezember 1987 erscheint «Final Fantasy» für das NES. Das Spiel istein Erfolg und die Geldprobleme von Square sind vorerst Geschichte. Das rundenbasierte Kampfsystem, das die Serie für über eine Dekade auszeichnet, ist geboren. Die Geschichte ist noch sehr rudimentär, die Charaktere eher Mittel zum Zweck. Vier Krieger des Lichts müssen das Gleichgewicht in der Fantasy-Welt wiederherstellen. Es ist eine klassische Gut-gegen-Böse-Geschichte. Magische Kristalle spielen dabei eine zentrale Rolle. Ein Plot-Mittel, das die Serie bis zum fünften Teil begleiten wird.

Der Erfolg führt dazu, dass Sakaguchi einen zweiten Teil machen kann. Die Geschichte um die vier Krieger ist jedoch zu Ende erzählt. Deshalb wird «Final Fantasy II» kein klassisches Sequel, sondern eine eigenständige Geschichte. Etwas, das alle nummerierten Titel der Franchise auszeichnet.

Bereits ein Jahr nach dem Original kommt Teil II in Japan heraus. Die Geschichte ist etwas komplexer und dreht sich um vier Waisen, die ihre Eltern im Krieg verloren haben. Sie schliessen sich einer Rebellengruppe an, um das Imperium zu vernichten. Klingt vertraut? Ist es auch, denn das Spiel ist stark von «Star Wars» beeinflusst. Es ist nicht die einzige Parallele, die «Final Fantasy» mit George Lucas’ Space Opera verbindet. In späteren Teilen kommen Charaktere mit den Namen Biggs und Wedge vor. So heissen die X-Wings-Fliegerkollegen von Luke Skywalker. «Final Fantasy II» führt zunächst andere wiederkehrende Charaktere wie Cid oder Chocobos ein.

Wie auch der zweite Teil erscheint «Final Fantasy III» für das NES – als letztes Game der Serie. Es nimmt viele Features des Vorgängers auf und führt ein Job-System ein. Dies erlaubt es, die Charakterklasse während des Spiels zu ändern und bringt so mehr Variation ins Gameplay.

Das Ende der Nintendo-Ära

Mit «Final Fantasy IV» wechselt dieFranchise vom NES aufs SNES. Die grösste Neuerung betrifft das Storytelling. Die Geschichte ist nicht mehr die treibende Kraft hinter der Erzählung des Spiels, sondern die Charaktere und ihre Entwicklung stehen im Mittelpunkt. Hauptprotagonist ist der Dunkelritter Cecil, der mit Hilfe seiner Truppe den mächtigen Zauberer Golbez von der Zerstörung der Welt abhalten will. Das Job-System des Vorgängers ist Geschichte.Die Charaktere haben alle vordefinierte Jobs. Was Gameplay-technisch ein Rückschritt ist, verleiht Cecil und Co. mehr Tiefe. Die Charakterklassen sind fester Bestandteil ihrer Persönlichkeiten.

Neu ist das Active-Time-Battle-System. Dabei füllt sich eine Anzeige im Kampf. Wie schnell sie sich füllt, ist vom Status des Charakters abhängig. Ist sie voll, kannst du über das Menü Befehle wie Angreifen, Magie oder Gegenstand geben. Du musst deine Aktionen schnell durchführen. Das System wird für viele nummerierte Titel zum Standard.

«Final Fantasy V» baut auf dem vierten Teil auf. Es werden erwachsenere Themen behandelt als in den Vorgängern. Die Geschichte hat noch mehr Tiefe. Gameplay-technisch stehen mehr Klassen zur Verfügung.

Das Highlight der SNES-Ära ist zweifelsohne «Final Fantasy VI». Für viele Fans gilt es noch heute als bester nummerierter Titel. Zum ersten Mal führt nicht Sakaguchi Regie, sondern Yoshinori Kitase. Bei allen vorherigen Teilen spielten magische Kristalle eine zentrale Rolle. Die fehlen hier komplett. Das Fantasy-Setting wird gekippt. Das Game spielt in einer Zeit, die jener der industriellen Revolution nachempfunden ist. Die Charaktere stellen sich gegen eine militärische Diktatur. Die Geschichte wird nicht mehr linear erzählt. Subplots und Flashbacks sind neue Stilelemente.

Das Spiel erscheint 1994. Es markiert ein Ende. Nämlich jenes der Beziehung zwischen Nintendo und Square. «Final Fantasy VI» ist für viele Jahre das letzte Spiel des Herstellers für eine Nintendo-Konsole. Der Wechsel zur Playstation von Sony erfolgt aufgrund der Entscheidung Nintendos, für den N64 auf Module statt auf CDs als Speichermedium zu setzen. Die Verantwortlichen bei Square glauben nicht daran, dass sie ihre ambitionierte Vision auf ein Modul mit beschränktem Speicherplatz pressen können.

Die Playstation-Ära

Für viele ausserhalb Japans wird «Final Fantasy VII» wohl das erste JRPG sein, das sie spielen. Auch meine Liebe zur Serie hat mit diesem Titel angefangen. Die Geschichte um Cloud hat mich stundenlang vor den Fernseher gefesselt. Es ist der erste Titel, der auf CGI-Zwischensequenzen setzt. Das neue Storytelling-Element sorgt für mehr Immersion. «Final Fantasy VII» wirkt wie ein interaktiver Film. Du wirst deutlich mehr ins Geschehen hineingezogen als bei den Vorgängern. Das Gameplay ist hingegen keine Revolution, sondern stützt sich auf die Vorgänger. Das Spiel verkaufte sich beinahe zehn Millionen Mal.

Wie bereits der sechste Teil spielt die Geschichte nicht mehr in einer klassischen Fantasy-Welt. Etwas, das Square bei «Final Fantasy VIII» fortführt. Das Spiel ist progressiv und modern. Auch spielerisch versucht Square mit dem achten Titel Neues. Das klassische Aufleveln der Charaktere bringt wenig. Stattdessen steht das Junction System im Mittelpunkt der Entwicklung. Dabei werden die Guardian Forces – so heissen die Beschwörungen in diesem Teil – mit den Charakteren verbunden. So erhöhen sie deren Status und verleihen ihnen weitere Fähigkeiten. Magie wird zudem nicht mehr erlernt, sondern muss mittels Kampfbefehl von gegnerischen Horden gezogen/übernommen werden.

Dahingegen ist «Final Fantasy IX» eine Rückbesinnung auf alte Tugenden. Grafik und Präsentation sind modern, aber das Setting und Gameplay orientieren sich an den ersten Teilen. Der letzte Ableger für die Playstation erhält die besten Kritiken aller drei für die Konsole erschienen «Final Fantasy»-Games. Finanziell kann der Titel aber nicht an «Final Fantasy VII» anschliessen, er verkauft sich fünf Millionen Mal.

Lukrativer für Square ist der zehnte Teil, der acht Millionen mal über die Ladentheke geht. «Final Fantasy X», das für die Playstation 2 erscheint, sieht anders aus. Nicht nur wegen der besseren Grafik. Die Welt von Spira orientiert sich weder am klassischen Fantasy-Look der ersten Teile noch an den Sci-Fi-Welten der neueren Ableger. Spira erinnert an Südostasien. Die Präsentation wirkt frisch. Das Active-Time-Battle-System wird durch ein strategischeres Conditonal-Turn-Based-System ersetzt. Befehle müssen nicht mehr unter Zeitdruck gegeben werden. Das Sphere-Grid-System orientiert sich mehr an Fähigkeitenbäumen westlicher Rollenspiele.

«Final Fantasy X» ist der erste Teil, der einen direkten Nachfolger erhält. «Final Fantasy X-2» kommt jedoch nicht an das Original heran. Das gilt für viele Spin-offs, die während der Playstation-Ära erscheinen. Mit Titeln wie «Chocobo Racing» will Square die Fantasy-Kuh melken. Die meisten Spiele verschwinden wieder in der Versenkung. Erwähnenswert ist einzig das Strategiespiel mit Rollenspielelementen «Final Fantasy Tactics» – bis heute eines meiner Lieblingsspiele.

Auch in jene Zeit fällt der Film «Final Fantasy: The Spirits Within». Das Projekt ist ein Flop für Square und Sony, welches viel Geld investiert hat.

Online-Titel und diverse Enttäuschungen

Mit «Final Fantasy XI» geht Square 2002 neue Wege. Statt offline spielst du online mit anderen. Es ist das erste japanische Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG). Auch wenn es nicht gegen andere MMOs jener Zeit wie «World of Warcraft» ankommt, ist der Titel für Square ein Erfolg. Die PC-Version wird noch heute gespielt.

Etwa in der gleichen Zeit gibt Square bekannt, wieder mit Nintendo zusammenzuarbeiten. Es erscheint jedoch kein «Final Fantasy»-Haupttitel, sondern mit «Final Fantasy: Crystal Chronicles» ein Spin-off. Square heisst jetzt auch nicht mehr nur Square, sondern Square Enix. Die beiden Unternehmen haben fusioniert.

2006 erscheint «Final Fantasy XII». Obwohl das Spiel gute Kritiken erhält, ist es finanziell mit fünf Millionen verkauften Exemplaren wenig erfolgreich. Das liegt daran, dass die Playstation 2 am Ende ihres Lebenszyklus steht. Die Spielverkäufe für die Konsole brechen zu jener Zeit ein.

Mit «Final Fantasy XIII» geht Square Enix erneut neue Wege. Das Spiel ist eine Trilogie mit den Folgetiteln «Final Fantasy XIII-2» und «Lightning Returns: Final Fantasy XIII». Das Kampfsystem ist deutlich stärker auf Action ausgelegt als in früheren Ablegern. Hauptcharakter ist zum ersten Mal seit dem sechsten Teil eine Frau: Lightning.

Grafisch sind die Spiele eine Wucht. Jedoch krankt vor allem der erste Teil an seiner Linearität. Erst nach vielen Stunden Spielzeit lässt sich die Welt offen erkunden. Die weiteren Teile der Trilogie machen es dann besser und lassen mehr Freiheiten. Jedoch ist im Speziellen der letzte Teil der Trilogie nicht mehr wirklich ein «Final Fantasy», sondern eher ein Action-Adventure. Insgesamt kommt die Trilogie nur mässig an.

Parallel zur Trilogie um Lightning arbeitet Square Enix mit «Final Fantasy XIV» an einem weiteren MMO. Das Spiel kommt 2010 heraus. Es erhält vernichtende Kritiken. Deshalb wird es 2013 als «Final Fantasy XIV: A Realm Reborn» neu veröffentlicht. Es kommt mit neuer Grafik-Engine, User Interface, Karte und Server. Obwohl es als Version 2.0 gilt, ist es im Grunde genommen ein ganz neues Spiel. Die neue Ausgabe erhält gute Kritiken und erfreut sich noch heute grosser Beliebtheit. Derzeit liegt es bei den meisten aktiven Spielenden eines MMORPG an erster Stelle.

Über zehn Jahre ist «Final Fantasy XV» in Entwicklung, als es 2016 herauskommt. Das Kampfsystem, die Präsentation und das Zusammenspiel der Charaktere sind top. Unfertig hingegen wirkt die Geschichte. Sie erschliesst sich erst durch diverse DLCs, den Film «Kingsglaive: Final Fantasy XV» und den fünfteiligen Anime «Brotherhood: Final Fantasy XV». Das Problem: Square Enix will zu viel. Im Endeffekt ist der 15. Titel eine Mischung aus zwei Projekten, die parallel in Entwicklung waren.

Besser macht es Square Enix 2020 mit «Final Fantasy VII Remake». Das Spiel gibt dem Original eine spannende Wendung – und erzählt nur einen kleinen Teil des populärsten «Final Fantasy». Das Game spielt ausschliesslich in der ersten Stadt Midgar. Den Rest der Geschichte mit neuen Elementen erzählt «Final Fantasy 7 Rebirth», das wohl 2024 herauskommt.

Noch früher, nämlich im Sommer 2023, soll «Final Fantasy XVI» erscheinen. Das spielt wieder komplett in einer Fantasy-Welt, die sich an Europa im Mittelalter anlehnt. Wer sich die Wartezeit auf die beiden Titel verkürzen will, kann dies mit dem vor wenigen Tagen erschienen «Crisis Core: Final Fantasy 7 Reunion» tun. Das Spiel ist ein Remake des 2007 erschienen PSP-Spiels «Crisis Core: Final Fantasy VII» und erzählt die Vorgeschichte von «Final Fantasy VII».

Bis auf «Final Fantasy XIV: A Realm Reborn» war die vergangene Dekade für mich zum Vergessen. Seit «Final Fantasy VII Remake» scheint es wieder bergauf zu gehen mit Square Enix.

Titelbild: Shutterstock

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