Kein Anschluss mehr unter dieser Nummer: Deutschland schaltet letzte Telefonzellen ab
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Kein Anschluss mehr unter dieser Nummer: Deutschland schaltet letzte Telefonzellen ab

Per Software-Befehl aus der Ferne – so ist der Tod der öffentlichen Fernsprecher in Deutschland Ende Januar besiegelt worden. Doch einige der Zellen leben trotzdem weiter.

Im Herbst 2022 bereits angekündigt, folgt nun der Vollzug: Telefonzellen, oder «Telefonkabinen» wie sie in der Schweiz heissen, verschwinden in den nächsten Wochen aus den Orten und Städten in Deutschland. Zumindest dort, wo sie überhaupt noch herumstehen. 160’000 gab es einst. Erst in Post-Gelb, später in Magenta, dem Rosa-Farbton der zur Telekom privatisierten Bundespost. Aber weil heutzutage jeder und jede ein Smartphone mit sich herumträgt, sind die Telefonzellen überflüssig geworden.

Dieser Tod kommt nicht überraschend. Feuilletonisten und Kolumnisten überbieten sich zum Ende einer Institution in Nostalgie geschwängerten Beiträgen mit Wortspielereien in der Überschrift. Damit ich mir kein neues eigenes überlegen muss, hier eine kleine Sammlung:

Ich merke gerade: Ich habe doch auch ein Wortspiel in die Überschrift gepackt. Verzeihung, journalistischer Reflex.

Fast bei jedem Menschen dürften Telefonzellen – oder Telefonkabinen – eine Erinnerung hervorrufen. An die verzweifelte Suche nach dem nötigen Kleingeld, das Sammeln von Telefonkarten mit dem Guthaben zum Telefonieren, an alte Agenten-Filme, bei denen Telefonzellen noch eine wichtige Rolle spielten. Die-ZEIT-Journalisten Lenz Jacobsen, Matthias Daum und Florian Gasser schwelgen in einer aktuellen Folge ihres «transalpinen Podcasts» fast eine halbe Stunde in Erinnerungen. Sehr hörenswert.

Ein zweites Leben für die Telefonzelle

Die abgebauten Kabinen werden von der Telekom südöstlich von Berlin auf einem Grundstück am Waldrand gelagert. Ein grosser Teil wird verschrottet, einige aber finden noch interessierte Abnehmer. Die «Neue Zürcher Zeitung» hat die Lagerstätte kürzlich für eine Reportage aufgesucht und beschreibt, was die Menschen mit den Telefonzellen anfangen. Sie werden zu Bücherschränken umgebaut. Aufgestellt an öffentlichen Plätzen, können Menschen dort kostenlos Bücher einstellen und sich neue holen. Auch Unternehmen mit Grossraumbüros finden sich unter den Käufern. Sie stellen die Kabinen dort auf, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Zufluchtsort für ein ungestörtes Telefonat haben. Mit dem Smartphone.

Titelfoto: Sludge G / Flickr

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Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 


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