EA Sports
Meinung

Kein Bock auf «Madden NFL», ich zock lieber «College Football»

Kim Muntinga
14.8.2025

Es ist absurd: Zwei Football-Spiele aus demselben Haus, dieselbe Engine und doch liegen Welten dazwischen. Wer beide Spiele vergleicht, erkennt sofort: «Madden» hat den Anschluss verloren und wirkt wie ein Produkt ohne Herz.

«Madden»? Oh nein, nicht schon wieder. Jedes Mal, wenn ein neuer Trailer auftaucht oder ich irgendwo etwas vom Spiel mitbekomme, sinkt meine Laune. Zu oft hat es mich in den letzten Jahren enttäuscht. Die Lust, mich noch einmal darauf einzulassen, ist längst verflogen.

Und dieses Jahr fällt der Unterschied besonders ins Gewicht. Denn wer «College Football 25» respektive «College Football 26» gespielt hat, merkt sofort, wie viel lebendiger, atmosphärischer und abwechslungsreicher Football als Videospiel wirken kann. «Madden» dagegen wirkt wie ein routinierter Dauerläufer, der längst vergessen hat, warum er überhaupt an den Start ging.

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich als Zuschauer ohnehin eher zum College Football tendiere als zur NFL. Wenn du meine Spielkritik zu «College Football 26» nachlesen willst, findest du sie hier:

  • Kritik

    «College Football 26»: Ein Touchdown, aber der Extra-Punkt sitzt nicht

    von Kim Muntinga

«College Football» atmet Leben, «Madden» läuft auf Autopilot

Das College-Football-Comeback im letzten Jahr war ein Feuerwerk, und mit «College Football 26» hat EA Sports direkt nachgelegt. Beide Spiele strotzen vor Herzblut: College-Stadien mit ihren Eigenheiten, Marching Bands, bunte Traditionen, hitzige Rivalitäten. Jeder Kickoff fühlt sich wie ein Ereignis an, jede Partie erzählt ihre eigene Geschichte. Ich kann beispielsweise im Spiel den «Enter Sandman»-Entrance von Metallica bei Virginia Tech genießen.

Die Entrances in «Madden» sollen für Stimmung sorgen. Mir fehlt das Besondere daran. Sie sind einfach langweilig und generisch.
Die Entrances in «Madden» sollen für Stimmung sorgen. Mir fehlt das Besondere daran. Sie sind einfach langweilig und generisch.
Quelle: EA Sports

«Madden» bringt dagegen zwar NFL-Lizenzen, Logos und Spieler auf den Bildschirm, aber es wirkt steril. Die Stadionatmosphäre wirkt langweilig und austauschbar, die Kommentatoren klingen wie aus der Konserve und die Präsentation hat den Charme einer TV-Übertragung, die man schon hundert Mal gesehen hat.

Gameplay: Dynamik gegen Routine

Wer «College Football 26» spielt, merkt schnell: Hier steckt mehr Energie auf dem Feld. Die Animationen wirken flüssiger, die Teams spielen sich spürbar unterschiedlich, und es gibt diese Wendepunkte, an denen plötzlich alles kippen kann: ein abgefangener Pass, ein riskanter Touchdown kurz vor der Pause, ein geblocktes Field Goal. Plötzlich dreht sich die Stimmung, das Stadion bebt, und ich spüre, wie das eigene Team davongetragen wird.

Der College-Football hat hier allgemein den Vorteil, dass die Spielweisen vielfältiger sind. Manche Teams setzen auf die klassische Triple Option, andere spielen eine offene Spread-Offense, wieder andere lassen das Laufspiel dominieren, bis der Gegner zusammenbricht. In der NFL wirken die Systeme dagegen oft wie Varianten desselben Bauplans, mit nur marginalen Unterschieden. Im College bekomme ich Woche für Woche oft völlig andere Ansätze serviert. Und genau das können die Videospielreihen transportieren – sowohl im Guten als auch im Schlechten.

Die «College Football»-Reihe fühlt sich für mich beim Gameplay viel lebendiger an.
Die «College Football»-Reihe fühlt sich für mich beim Gameplay viel lebendiger an.
Quelle: EA Sports

«Madden» wirkt hingegen oft statisch. Spielzüge verlaufen vorhersehbar. Die Spieler bewegen sich behäbiger, die Variation ist geringer. Alles fühlt sich so ähnlich an. Die wenigen neuen Animationen ändern nichts daran, dass es sich immer noch wie das gleiche Spiel von vor Jahren anfühlt, nur mit leicht neuer Verpackung. Dabei basieren beide Spiele auf derselben Engine und sind vom selben Publisher: EA Sports.

Spielmodi: Von Fans für Fans oder von EA für den Geldbeutel

Der Dynasty-Modus in «College Football 26» ist für mich das Herzstück des Spiels. Er fühlt sich an wie ein Liebesbrief an alle, die College Football wirklich leben. Recruiting ist kein lästiger Menüpunkt, sondern eine eigene kleine Welt, in der ich Strategien entwickeln, Beziehungen zu Talenten aufbauen und langfristig ein Programm formen kann. Rivalitäten sind nicht nur eine Statistik. Sie fühlen sich wie echte Geschichten an, die sich über Jahre entwickeln.

Der Recruitment-Prozess und das Transfer-Portal wirken dank unterschiedlicher College-Parameter und klarer Spieler-Dealbreaker deutlich intensiver als Draft und Roster-Building in «Madden».
Der Recruitment-Prozess und das Transfer-Portal wirken dank unterschiedlicher College-Parameter und klarer Spieler-Dealbreaker deutlich intensiver als Draft und Roster-Building in «Madden».
Quelle: Kim Muntinga

Das Ganze wirkt, als hätten die Entwickler verstanden, was Fans wollen, weil sie selbst Fans sind. Vor allem haben sie auch die Kritik der Fans nach dem Comeback-Spiel «College Football 25» angenommen und diese größtenteils umgesetzt.

Und dann kommt «Madden». Dort gibt es den Franchise-Modus. Super. Theoretisch ist er das NFL-Pendant zum Dynasty. Praktisch fühlt er sich aber an, als wäre er seit Jahren in einer Zeitschleife gefangen. Es fehlt an kleinen wie großen Verbesserungen. Es gibt gefühlt seit Jahren keine spürbare Weiterentwicklung, keine liebevollen Details und keine Überraschungen.

Im Line-Up-Screen von «Madden NFL 24» stelle ich die Depth Chart meines Teams ein.
Im Line-Up-Screen von «Madden NFL 24» stelle ich die Depth Chart meines Teams ein.
Quelle: Kim Muntinga

Die KI fühlt sich bei Trades oft absurd an. Realistische Angebote erhalte ich selten. Dafür kann ich mir mit kleineren Tricks schnell Unmengen an First-Round-Picks sichern oder mir ein starkes Roster ertraden. Auch der Draft fühlt sich immer noch wie eine Randnotiz an. Dabei ist er für mich als Fan inklusive der Offseason das Herzstück der NFL-Saison.

Es ist erschreckend, wie wenig Liebe oder Respekt diesem Modus entgegengebracht wird. Der Franchise-Modus wirkt wie eine lästige Pflichtaufgabe, die man eben mitschleppt, weil sie schon immer da war. Ich hasse das.

Über die Jahre kamen zum Draftprozess ein paar mehr Informationen dazu, aber irgendwie wirkt das Ganze auf mich immer noch lieblos.
Über die Jahre kamen zum Draftprozess ein paar mehr Informationen dazu, aber irgendwie wirkt das Ganze auf mich immer noch lieblos.
Quelle: Kim Muntinga

Stattdessen steckt EA seine Energie in Ultimate Team. Und seien wir ehrlich: Das ist kein Spielmodus, das ist ein Geldautomat. Packs, Karten, Booster – alles dreht sich ums Ausgeben. Wer zahlt, dominiert; wer nicht zahlt, wird zum Sparringspartner. Es ist offensichtlich, wohin die Entwicklungsenergie größtenteils fließt, und das hat mit einer echten NFL-Simulation nichts zu tun. Es ist reines Marketing mit einem Football-Anstrich. Mir stinkt sowas. Immerhin ist es noch nicht so schlimm, wie bei «Fifa», äh, ich meine «EA FC».

Ich liebe die kleinen Traditionen auf dem College. Hier Herky the Hawk, das Maskottchen der Iowa Hawkeyes. Diese Atmosphäre können mir die NFL und «Madden» nicht bieten.
Ich liebe die kleinen Traditionen auf dem College. Hier Herky the Hawk, das Maskottchen der Iowa Hawkeyes. Diese Atmosphäre können mir die NFL und «Madden» nicht bieten.
Quelle: EA Sports

Der Preis der Prioritäten

Vielleicht müsste «Madden NFL» wirklich einmal aussetzen, um mit der Energie zurückzukommen, die es einst groß gemacht hat. Der Franchise-Modus müsste wieder ins Zentrum rücken. Endlich wäre mehr Fokus nötig auf echte NFL-Karrieren statt auf diesen ewig selben Ultimate Team-Unsinn. Aber ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass EA diesen Weg jemals gehen wird.

Der Juke sitzt, das Spiel nicht.
Der Juke sitzt, das Spiel nicht.
Quelle: EA Sports

Wenn wir uns anschauen, wie sehr das Unternehmen an Ultimate Team hängt, dann wird klar: Solange das Geld fließt, bleibt der Spielspaß sekundär. Allein 2024 hat EA mit «Extra Content» – also Mikrotransaktionen – über 4,4 Milliarden US-Dollar umgesetzt, mehr als die Hälfte davon durch Ultimate Team in «EA FC», «NHL», «Madden» und Co. Bei einem Gesamtumsatz von 7,5 Milliarden US-Dollar ist der Kurs damit eindeutig. Schade. Denn solange EA den Geldautomaten füttert, bleibt Madden ein Spiel im Leerlauf.

Titelbild: EA Sports

1 Person gefällt dieser Artikel.


User Avatar
User Avatar

Die Interessen sind vielfältig, gerne genieße ich einfach nur das Leben. Immer auf der Suche nach News aus den Bereichen Darts, Gaming, Filme und Serien.

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Meinung

    Kryptonit für die Langeweile: die 9 besten Superhelden-Games

    von Rainer Etzweiler

  • Meinung

    Wieso immer das Rad neu erfinden? Ich will mehr Recycling in Games!

    von Domagoj Belancic

  • Meinung

    Wie ich mich als «League of Legends»-Haterin trotzdem erneut in das Spiel verlieben konnte

    von Cassie Mammone

Kommentare

Avatar