Knapp eine Milliarde Tonnen Lebensmittel landen im Müll
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Knapp eine Milliarde Tonnen Lebensmittel landen im Müll

Statt auf dem Tisch landet ein Sechstel aller Lebensmittel im Abfall – mit erheblichen Folgen für Mensch und Klima. Das zeigt eine erste grosse Bestandsaufnahme der UN.

Ein Sechstel aller weltweit produzierten Lebensmittel wurde im Jahr 2019 weggeworfen. Das entspricht fast einer Milliarde Tonnen Nahrungsmitteln, berichtet das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, kurz UNEP. Die Organisation hat für ihren ersten «Food Waste Index Report» vorhandene Daten aus 17 Ländern ausgewertet und fehlende Angaben für die übrigen Staaten geschätzt.

In allen Ländern sind es vor allem die Privathaushalte, in denen Essen in der Tonne landet, ergab die Studie. Sie seien für gut 60 Prozent der Verschwendung verantwortlich – mehr als bislang vermutet. Umgerechnet entspreche das im weltweiten Mittel 74 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Für die Schweiz verzeichnet der Bericht einen Wert von 40 Kilogramm.

Aber auch in Gastronomie und Einzelhandel kommen Lebensmittel in den Abfall. Mit je einem Viertel beziehungsweise einem Siebtel der Gesamtmenge spielen sie laut dem Bericht allerdings eine geringere Rolle. Die Daten zeigten überdies, dass auch in einkommensschwachen Ländern grosse Mengen von Nahrungsmitteln weggeworfen werden.

Food Waste versus Food Loss

Wie viel Essen als Abfall endet, erfassen die meisten Länder uneinheitlich oder gar nicht. Der vom UNEP und seiner britischen Partnerorganisation WRAP entwickelte Food Waste Index (FWI) soll dem entgegenwirken und künftig in regelmässigen Abständen ein einheitliches Bild liefern. Er beschreibt, wie sich das Ausmass der Essensverschwendung in einem Land verändert hat. Dabei betrachtet er ausschliesslich bereits fertig produzierte Lebensmittel, die im Verkauf landen. Auch deren nicht essbare Bestandteile wie Schalen oder Kerne werden als Abfall gezählt. Nicht berücksichtigt werden dagegen Verluste bei der Ernte oder in der Lieferkette.

Für diese Form der Verschwendung nutzt die UN seit 2018 den sogenannten Food Loss Index (FLI). Er verfolgt den Weg der Nahrungsmittel, bevor sie zu den Menschen gelangen. Künftig will das UNEP mit Hilfe beider Indizes überprüfen, ob die von den Ländern ergriffenen Gegenmassnahmen wirksam sind.

Zusammengenommen zeigen sie, dass weltweit ein Drittel aller Nahrungsmittel verloren geht oder weggeworfen wird. Gleichzeitig hungert jeder elfte Mensch auf der Erde. Die Covid-19-Pandemie dürfte diese Zahl in Zukunft deutlich nach oben treiben. Auch die Umwelt leidet unter der enormen Menge verschwendeter Lebensmittel. Fast ein Zehntel aller Treibhausgasemissionen sind auf weggeworfene Nahrung zurückzuführen. Ein Staat, der so viel CO₂ produziert, würde derzeit nur von China und den USA überboten. Trotzdem taucht die Reduktion der Lebensmittelverschwendung bislang nicht in den nationalen Klimaschutzzielen des Pariser Klimaabkommens auf.

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