

Kompakt und überraschend: Wie gut sind Helvetiqs Minispiele?

Der Schweizer Verlag Helvetiq hat sich unter anderem auf kleine Kartenspiele spezialisiert. Ich habe drei davon getestet, die mit identischem Spielmaterial ein ganz unterschiedliches Erlebnis bieten.
Drei bunte Schächtelchen liegen vor mir: elf Zentimeter hoch, sechs Zentimeter breit und drei Zentimeter tief. In jeder Schachtel finde ich dasselbe: gefaltete Spielanleitungen in sechs Sprachen und einen Stapel hochformatiger Karten
In zwei Packungen liegen je 70 Karten, in einer nur 54 Karten. Aus diesen ähnlichen Voraussetzungen hat der Verlag aus Lausanne drei unterschiedliche Spiele entwicket. Ich bin nach dem Test auch zu drei unterschiedlichen Urteilen gekommen.
Ausgezeichnet: «Taco Loco»
- ab 7 Jahren
- 2 bis 5 Personen
- 15 Minuten Spieldauer
- 70 Karten
Dieses Spiel ist einfach, aber spannend – darum hat es mir wohl in Testrunden mit der Familie am besten gefallen. Du hast drei Karten mit Werten von 0 bis 9 in der Hand, legst jeweils eine ab und ziehst nach. Erreicht dein Stapel den Wert 11, darfst du ihn einer mitspielenden Person auf die Ablage legen. Kannst du nur so legen, dass der Wert 11 überschritten wird, musst du den Stapel selbst nehmen. Zwei Spezialkarten sorgen dafür, dass ein Stapel direkt auf 11 oder wieder auf 0 gesetzt wird. Wer am Schluss die wenigsten Karten auf der Ablage hat, gewinnt.

Runde für Runde füllen wir schnell und unkompliziert Stapel, verteilen weiter und beginnen neu. Obwohl die Regeln einfach sind, der Spielablauf sich ähnelt und die Spielerinnen und Spieler nur wenig miteinander interagieren, kommt das Kartenspiel immer wieder auf den Tisch. Trotz hohem Glücksfaktor macht «Taco Loco» auch all jenen Spass, die taktisch vorgehen. Denn irgendwie gehen die Pläne auch bei Kartenpech meist auf.
Das Thema ist witzig, aber dient nur als bunte Verpackung. Dass du mit den auf den Zahlenkarten abgebildeten Zutaten beim Stapelbauen Tacos füllst, spielt für den Ablauf keine Rolle.

Gut: «Bandido»
- ab 6 Jahren
- 1 bis 4 Personen
- 15 Minuten Spieldauer
- 70 Karten
Wie bei «Taco Loco» hat Helvetiq auch hier 70 Karten in die Schächtelchen gepackt – dazu kommt eine dickere Startplatte. Daraus hat Autor Martin Nedergaard Andersen aber kein Stichspiel gemacht, sondern ein kooperatives Legespiel.
Auf den Karten sind Tunnel mit einem oder mehreren Ein- und Ausgängen abgebildet. Jede Spielerin und jeder Spieler hat jeweils drei Karten auf der Hand – und muss pro Runde eine davon ans bestehende Tunnelsystem anlegen. Auf dem Tisch entsteht damit ein unterirdisches System – bis alle Karten abgelegt sind.

Das gemeinsame Ziel der Spielenden: Möglichst alle Ausgänge verschliessen, damit der «Bandido» auf der Startkarte nicht entwischen kann. Das ist einfacher gesagt als getan, da nur wenige Karten tote Enden aufgedruckt haben. Viel häufiger öffnest du mit jedem Zug weitere Abzweigungen und hoffst, dass du sie mit der passenden Karte später schliessen kannst.
Das vermeintlich «kleine» Spiel braucht viel Platz auf dem Tisch. Und es kann frustrierend sein, da die Erfolgsaussichten für das Team je nach Kartenglück nicht gross sind. So haben wir in den meisten Partien zwar nicht alle Tunnel schliessen können, das gemeinsame Knobeln und Bauen hat aber trotzdem Spass gemacht.
Mittelmässig: «Odin»
- ab 7 Jahren
- 2 bis 6 Personen
- 15 Minuten Spieldauer
- 54 Karten
Auch hier kombiniert Helvetiq Zahlenkarten mit einem eher beliebigen Thema. Dieses Mal sind keine Tacozutaten abgedruckt, sondern Figuren aus der nordisch-germanischen Mythologie. Diese kannst du aber gleich wieder vergessen – wichtig sind die Zahlen und Farben der Karten. Das Ziel: so schnell wie möglich alle neun Handkarten ablegen.
Die Startspielerin oder der Startspieler legt eine Karte ab. Danach müssen jeweils gleich viele Karten oder eine Karte mehr gespielt werden. Der Wert der Karten muss sich dabei stetig erhöhen, es dürfen nur Karten derselben Farbe oder desselben Wertes gespielt werden. Spielst du beispielsweise eine grüne 2 und eine grüne 4, dann gilt das nicht als 6, sondern als 42 – immer zählt der höchstmögliche Wert der zusammengelegten Karten.

Der Clou, der das Kartenspiel interessant macht: Du musst nach dem Ausspielen auch wieder eine der ausliegenden Karten aufnehmen. Und damit deine Hand für die nächste Runde optimieren.
Das Problem von «Odin» ist, dass es in kleiner Besetzung zu zweit und zu dritt nicht richtig ins Laufen kommt. Die Runden sind sehr unausgeglichen und wirken beliebig. Mit mehr Spielenden ist wichtig, dass alle die taktischen Finessen mit der Optimierung der Kartenhand verstehen. Sonst verlaufen die Partien einseitig und machen keinen Spass.
Meiner Meinung nach funktioniert das Kartenspiel nur in grosser Runde mit erfahrenen Spielerinnen und Spielern. Anderen gefällt der Titel deutlich besser: «Odin» hat nämlich den französischen Kritikerpreis «As d'Or 2025» in der Kategorie «Spiel des Jahres» abgeräumt.
Spannend, wie Helvetiq mit ein paar Dutzend Karten drei ganz unterschiedliche Spiele geschaffen hat, die ich aber nicht alle gleich gut gelungen finde. Übrigens pflegt der Schweizer Verlag dieses Format sehr. Du findest bei uns im Shop noch mindestens ein Dutzend weiterer solcher Kartenspiele in der kleinen Kartonschachtel.


Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.