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Produkttest

Leichte Artillerie: Canon RF 600mm und RF 800mm im Test

David Lee
2.10.2020

1120 mm Brennweite bei Lichtstärke f/16. Da kann ja nur Mist rauskommen, nicht wahr? Nein, nicht wahr. Die leichten und günstigen Superteleobjektive von Canon liefern zwar keine Profi-Resultate, aber brauchbare Bilder.

Objektive mit ultralanger Brennweite wären manchmal ganz praktisch. Zum Beispiel, um Vögel zu fotografieren. Aber die Kanonenrohre mit 500 Millimeter oder noch mehr sind dermassen gross, schwer und teuer, dass ich mir nie ernsthaft überlegt habe, ein Supertele anzuschaffen. Ein Nachmittag mit einem drei Kilogramm schweren Ungetüm hat mir gereicht.

Nun hat Canon aber zwei neue Objektive mit 600 beziehungsweise 800 Millimetern Brennweite, die verhältnismässig klein, leicht und günstig sind. Das kleinere der beiden misst im eingefahrenen Zustand nicht einmal 20 cm lang und wiegt weniger als ein Kilo.

Der offensichtliche Haken an der Sache ist die miese Lichtstärke von f/11. Vögel bewegen sich schnell und müssen daher mit Verschlusszeiten von 1/1000 Sekunde oder noch kürzer abgelichtet werden. Mit einem lichtschwachen Objektiv sind daher hohe ISO-Werte nötig. Auch der Autofokus bekommt relativ wenig Licht. Geht das überhaupt?

Übrigens: Die Blende ist fix auf f/11 festgelegt. Sie kann also auch nicht verkleinert werden.

Ich bin sehr gespannt auf diesen Test. Aber auch sehr skeptisch.

Erster Augenschein

Zuerst hantiere ich ein bisschen mit dem 800mm-Objektiv zuhause herum. Die Naheinstellgrenze liegt bei 6 Metern. Aus der hintersten Ecke des Wohnzimmers schaffe ich es gerade so knapp, die Leselampe am anderen Ende des Raumes zu fokussieren. Die Lampe füllt das Bild vollständig aus.

Mit 1/400 Sekunde wird das Bild aus der Hand scharf, mit etwas Glück auch bei 1/125 Sekunde. Nicht schlecht für 800 Millimeter Brennweite. Bei statischen Motiven kannst du so die ISO-Werte relativ tief halten.

Die beiden Objektive sind im eingefahrenen Zustand relativ kurz. Der Nachteil davon: Sie müssen vor jedem Gebrauch ausgefahren werden. Dazu wird ein Ring zuerst ein wenig nach links gedreht, das Objektiv herausgezogen und der Ring wieder nach rechts gedreht.

Normalerweise kümmert es mich nicht, ob zum Objektiv eine Tasche mitgeliefert wird oder nicht. Hier schon. Die Tasche ist sehr praktisch. Der Traggriff dient gleichzeitig als Griff für den Doppelreissverschluss. Mit dem abnehmbaren Riemen lässt sich die Tasche auch bequem über die Schulter nehmen.

Entgegen meinen früheren Informationen war im Lieferumfang auch die Streulichtblende vorhanden.

Beide Objektive haben einen breiten Fokusring und einen schmaleren Funktionsring, der frei belegt werden kann. Zudem einen Schalter, mit dem der Fokusbereich begrenzt werden kann, damit der Fokusmotor weniger Weg zurücklegen muss.

Im ersten Versuch schon voll extrem

Ich fahre morgens an den See und nehme das Stativ mit. Leider ohne die zugehörige Platte, die die Kamera mit dem Stativ verbindet. Daher muss ich alle Aufnahmen aus der Hand schiessen.

Eine gute Gelegenheit, sogleich die Grenzen des Machbaren auszutesten. Dazu schraube ich den 1,4-fach-Telekonverter ans 800-mm-Objektiv. Der verlängert die Brennweite um Faktor 1,4. Also auf 1120 mm. Die Blende verkleinert sich um den gleichen Faktor, sie liegt jetzt bei f/16. Die Naheinstellgrenze bleibt zum Glück bei 6 Metern.

Sogar der 2-fach-Telekonverter wäre mit dem 800mm kompatibel. Damit kommst du auf eine Brennweite von 1600 mm bei einer Lichtstärke von f/22. Den konnte ich aber nicht ausprobieren.

Na gut, 1120 mm und f/16 klingen auch schon reichlich absurd. Doch zu meiner Überraschung stelle ich fest, dass die Bilder okay herauskommen. Alle freihändig, kein einziges unscharf.

Ich habe die Verschlusszeit auf automatisch gestellt, und die Kamera hat sie genügend kurz gewählt. Sie liegen mit 1120 mm Brennweite typischerweise bei 1/1000 oder 1/1250 Sekunde. Damit würden die Bilder selbst ohne Bildstabilisator scharf.

Auch die ISO-Werte habe ich auf Automatik gestellt. Das führt bei Blende f/16 zu Werten zwischen 500 und 12 800 ISO. Auch bei Sonnenschein bin ich meistens im vierstelligen Bereich. Hier ein Bild mit 5000 ISO.

Ich benutze das Objektiv zusammen mit der Canon EOS R5. In voller Vergrösserung (Auge) siehst du, dass das Bild etwas verrauscht ist. Aber bei den 45 Megapixeln brauchst du die volle Vergrösserung praktisch nie. Sobald das Foto verkleinert wird, stört das Rauschen nicht mehr.

Das Fokusfeld

Der Autofokus hat manchmal etwas Mühe. Liegt es an der geringen Lichtmenge, die das Objektiv durchlässt, oder am Autofokus selbst? Oder gar am Fotografen?

Zuhause fällt mir auf, dass bei beiden Superteles das Fokusfeld auf einen relativ kleinen Bereich in der Bildmitte beschränkt ist. Bei den anderen Objektiven, die ich ausprobieren darf, dem 15-35mm und dem 24-70mm, ist das ganze Bild fokussierbar. In den beiden Screenshots erkennst du den fokussierbaren Bereich an den weissen Rahmenecken.

Beim Fotografieren von Tieren bestätigt sich das. Bei der Canon EOS R5 funktioniert die Motivverfolgung mit Gesichts- und Augenerkennung grundsätzlich gut. Aber bei den Superteles muss der Kopf des Tieres immer in der Bildmitte sein. Das ist vom Bildaufbau her nicht erwünscht und manchmal auch nicht möglich, da die Bewegungen der Tiere oft unberechenbar sind.

Hier ist das Auge noch im fokussierbaren Bereich. Die Kamera erkennt es und stellt darauf scharf.

Einen Sekundenbruchteil früher oder später ist das Auge ausserhalb des Bereichs, und die Motiverkennung fokussiert sich auf irgend etwas in der Bildmitte – das Auge wird leicht unscharf.

Tiere fotografieren mit dem RF 600mm

In den Tierpark nehme ich das kleinere der beiden Superteles mit: Das RF 600mm. Die Automatik bevorzugt damit Verschlusszeiten um 1/600 Sekunde. Verwackler sind so ausgeschlossen, aber du bewegst dich damit meist im vierstelligen ISO-Bereich. Dieses Bild bei bewölktem Himmel hat 3200 ISO.

Aufnahmen mit 1/200 Sekunde werden mit dem Bildstabilisator grösstenteils noch scharf. Sofern sich ein Tier nur langsam bewegt, kannst du so die ISO-Empfindlichkeit relativ tief halten.

Dieses Bild vom Bär im schattigen Wald hat 1/250 Sekunde Belichtungszeit. Allerdings mit 12 800 ISO. So verkleinert ist das Bild brauchbar, beim Hereinzoomen macht sich das Bildrauschen bemerkbar.

Im Gehege des Luchs ist es noch dunkler. Das obere Limit der ISO-Automatik ist auf 12 800 ISO eingestellt. Wenn das nicht reicht, belichtet die Kamera länger. Das Foto mit dem Luchs hat deshalb eine Belichtungszeit von 1/100 Sekunde. Dafür bewegt sich das Tier definitiv zu schnell, und auch der Bildstabilisator garantiert keine scharfen Bilder mehr. Insbesondere, da hier auch noch der Telekonverter zum Einsatz kommt – die Brennweite beträgt also 840 mm.

Dass der Bildstabilisator ganze Arbeit leistet, wird in den Videoaufnahmen deutlich. Bei diesem Clip konnte ich nicht einmal die Ellbogen aufstützen, dennoch ist das Bild einigermassen ruhig.

Fazit: Erstaunlich gut

Das war aber von Beginn weg klar. Die einzig negative Überraschung für mich: dass die Motivverfolgung und überhaupt der Autofokus auf ein Quadrat in der Bildmitte beschränkt ist.

Je besser die Kameras werden, desto besser funktionieren günstige Superteles. Ich hoffe, dass auch andere Hersteller bald etwas Ähnliches konstruieren.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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