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Hintergrund

«Life is Strange» war mein Ersatz-Zuhause als ich mein echtes verlassen musste

Vor zehn Jahren war ich mit einer schwierigen familiären Situation konfrontiert. Rückhalt habe ich im Videospiel «Life is Strange» gefunden.

Wie viel emotionalen Rückhalt ein Spiel geben kann, habe ich selbst mit «Life is Strange» erlebt. Kurz nach meinem Schulabschluss musste ich wie die beiden Protagonistinnen des Spiels schnell erwachsen werden.

Auf mich allein gestellt

Mit 19 Jahren zog ich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus meinem Elternhaus aus. Die Gründe dafür möchte ich für mich behalten. Nur so viel: Es war eine notwendige Entscheidung und der einzige Ausweg aus einer schlimmen Situation. Der Wegzug war aber erst der Anfang.

Diese Tage gehören zum Glück der Vergangenheit an. Wenn ich daran zurückdenke, bin ich stolz darauf, was ich alles in jungen Jahren geleistet habe. Mit einem warmen Gefühl im Magen erinnere ich mich auch an die Spiele, die mich damals begleitet haben. Ein besonderer Lichtblick war «Life is Strange».

Videospiele als Eskapismus

Durch ihre Interaktivität bieten sich Videospiele mehr als andere Medien dazu an, in ihnen zu versinken. Ich schaue nicht nur einer Geschichte zu, sondern habe das Lenkrad selbst in der Hand. Ich bestimme wortwörtlich, wo es langgeht – ein kompletter Kontrast zu der Situation, in der ich äusseren Umständen wie der Person von der Versicherung ausgeliefert bin.

«Life is Strange» erzählt das Abenteuer von Max Caulfield, die eine Schule in ihrer alten Heimatstadt besucht und dort eine Kraft in sich entdeckt, die ihr Leben verändert: Sie kann die Zeit zurückdrehen. Das ist noch nicht alles, denn das übernatürliche Teenie-Drama beschäftigt sich auch mit der verschwundenen Schülerin Rachel Amber. Sie ist die beste Freundin von Chloe Price, die wiederum früher Max’ beste Freundin war.

Die Geschichte trifft voll meinen Krimi-Nerv. Das ist auch der Grund, weshalb ich nach meinem Wegzug aus dem Elternhaus immer wieder nach Arcadia Bay, wo die Geschichte spielt, zurückgekehrt bin. Obwohl ich die Handlung nach dem ersten Durchspielen bereits kenne, streife ich in weiteren Durchläufen genüsslich mit Max durch die Umgebung, um jedes einzelne Detail aufzusaugen.

Ich schaue mir die Fotos in Chloes Haus an, die erzählen, was sie in den Jahren von Max’ Abwesenheit erlebt hat. Ich lese mir auch die Namenstafeln an den Zimmertüren der Schülerinnen der Blackwell Academy durch. Bis heute frage ich mich, wieso ausgerechnet die Mobberin Victoria Chase das Ghandi-Zitat «Be the Change You Wish to See» prominent ausstellt. Ausser natürlich, um ihre heuchlerische Art zu unterstreichen.

«Life is Strange» ist zwar keine Sandbox, bietet mir aber genug Spielfläche, um in die Spielwelt einzutauchen, die ich so sehr liebe. Dieser Eskapismus hilft mir beim Durchatmen und gibt mir Kraft, um wieder selbst die Hand ans Steuer zu legen.

Geteiltes Leid …

Max, Chloe und Rachel zeigen mir, dass ich nicht die einzige junge Frau mit überwältigenden Herausforderungen bin. Zu einer Zeit, in der meine Welt kleiner ist als heute, spendet mir das Trost. Während ich in der Rolle von Max die Zeit zurückdrehe, damit meine Freundin Chloe nicht erschossen wird, bemerke ich, dass ich auch ohne Superkräfte gegen meine Sorgen und Probleme vorgehen kann.

Zum Glück muss ich keine vermisste Freundin finden, sondern nur zum vierten Mal am Telefon nachfragen, was schon wieder der Unterschied zwischen der Krankenkassenprämie und der -franchise ist. Wenn Max und Chloe eine solche Mammutaufgabe meistern, dann werde auch ich es schaffen, auf meinen eigenen Füssen zu stehen.

Es hilft mir zusätzlich, dass die Videospiel-Heldinnen sich mit grossen Problemen, aber auch mit typischen Teenager-Herausforderungen konfrontiert sehen. Mit 19 Jahren bin ich eingeschüchtert, unbeholfen und kann kein selbstbewusstes Bewerbungsgespräch führen. Aber das kommt, genauso wie vieles weitere in den nächsten zehn Jahren.

In der Zwischenzeit erscheinen weitere Spiele der «Life is Strange»-Reihe, die ich mit religiöser Überzeugung kaufe – nun aber zur Unterhaltung und nicht für moralische Unterstützung.

Bis heute gibt mir der Name «Life is Strange» ein wohliges Gefühl. Die Ausflüge in die übernatürliche Welt der Mysterien und zwischenmenschlichen Beziehungen fühlen sich für mich wie eine Art Nachhausekommen an. Denn das war «Life is Strange» damals für mich.

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Meinen ersten Text über Videospiele habe ich mit acht Jahren geschrieben. Seitdem konnte ich nicht mehr damit aufhören. Die Zeit dazwischen verbringe ich mit meiner Liebe für 2D-Husbandos, Monster, meinen Krawallkatzen und Sport.


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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