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Kim Muntinga
Kritik

«Little Nightmares 3»: wunderschön, aber widerspenstig

Kim Muntinga
10.10.2025
Bilder: Kim Muntinga

«Little Nightmares 3» ist atmosphärisch ein Meisterstück: visuell wie akustisch brillant, dramaturgisch dicht. Spielerisch jedoch schleichen sich Routine und Frustmomente ein, die den perfekt komponierten Schrecken gelegentlich ausbremsen.

Ich wache in der Dunkelheit auf. Feuchtigkeit tropft von der Decke, landet neben mir in einer Pfütze. Der Boden ist kalt, rau und riecht nach Rost. Ich weiß nicht, wo ich bin. Nur, dass ich aufstehen muss.

Ein leises Rascheln. Bewegung. Zwei blaue Zipfel blitzen im Halbdunkel. Low, der Junge mit der Rabenmaske. Ich atme auf, leise, fast unmerklich. Wir sagen nichts, aber allein sein Blick reicht. Er zieht den Bogen vom Rücken, prüft die Sehne. Ich greife nach meinem Schraubenschlüssel: schwer, vertraut, fast zu groß für meine Hände.

Gemeinsam setzen wir uns in Bewegung. Der Nebel schluckt jedes Geräusch, bis auf das Tropfen und das Quietschen unserer Schritte. Manchmal, ganz kurz, höre ich etwas anderes: ein dumpfes Poltern irgendwo in der Ferne, als würde etwas Großes atmen. Ich will nicht wissen, was es ist.

Schon nach wenigen Minuten begreife ich, was «Little Nightmares 3» so meisterhaft kann: Es lässt mich fühlen, dass jede Bewegung Mut bedeutet. Dass man klein sein kann, verängstigt, verloren und trotzdem weitergeht.

Ein neuer Albtraum, ein neues Zuhause

Die größte Neuerung ist das Duo-System. Zwei Figuren – Alone und Low – teilen sich das Grauen. Zum ersten Mal in der Reihe steht man hier nicht allein einem Albtraum gegenüber, sondern erlebt ihn zu zweit.

Im Einzelspielermodus wähle ich zu Beginn, wen ich spiele: Alone, das Mädchen mit den roten Zöpfen und dem grünen Overall, oder Low, den Jungen mit dem blauen Umhang und der Rabenmaske. Der jeweilige Partner wird dann von der KI übernommen. Meine Wahl fällt auf Alone.

Wer zu zweit spielt, erlebt die Reise im Koop-Modus, Seite an Seite. Ausprobieren konnte ich diesen Modus leider noch nicht. Enttäuschenderweise funktioniert dies nicht per Crossplay und auch nur über das Internet, also nicht gemeinsam an einem Gerät.

Vertrauen im Angesicht der Finsternis

«Little Nightmares 3» ist kein Spiel, das erklärt. Es wirft dich hinein, lässt dich stolpern, scheitern, lernen. Keine blinkenden Symbole, keine eingeblendeten Befehle, keine Stimme aus dem Off, die dir sagt, was zu tun ist. Alles ergibt sich aus Bewegung, aus Intuition, aus dem Zusammenspiel zwischen mir und Low. Und genau das ist die größte Stärke des Spiels. Aber auch seine größte Schwäche.

Denn so sehr ich dieses wortlose Vertrauen liebe, so oft hat es mich zur Weißglut getrieben. Ich stehe vor einem Mechanismus, betrachte Seile, Zahnräder, Plattformen und das Spiel sagt mir nichts. Es wartet geduldig, fast spöttisch, als wolle es testen, wie lange ich durchhalte. Die Rätsel sind selten komplex, im Gegenteil: Sie sind meist so simpel, dass ich mich nie besonders klug fühle, wenn ich sie löse.

Am deutlichsten wurde das in einer Szene, die mich fast den Nerv gekostet hat: eine Bodenplatte, die sich nur dann aktiviert, wenn beide Figuren gleichzeitig darauf springen. Klingt einfach. War es aber nicht. Ich habe es nicht zwei-, nicht dreimal versucht. Eher zehn. Vielleicht zwanzig. Immer wieder. Auf die Idee muss man erstmal kommen, dass man mehrfach auf dieselbe Platte springen muss, bis es endlich funktioniert.

Und doch bleibe ich dran. Trotz allem Frust, trotz mancher zähen Passage. Weil irgendwo hinter der nächsten Ecke wieder ein Moment wartet, der mich trifft: wortlos, kalt, unerwartet. Vielleicht ist das der wahre Kern dieses Spiels: Es zwingt mich, Vertrauen zu haben, selbst wenn es mich längst misstrauisch gemacht hat.

Die Welt von «Little Nightmares 3»

Vielleicht bleibe ich deswegen dran. Wegen dieser Welt, die mich immer wieder einfängt, selbst wenn ich längst genervt bin. «Little Nightmares 3» spielt nicht einfach in einer Stadt, sondern in einem ganzen Geflecht aus Albträumen, das «The Spiral» genannt wird. Das ist ein verzerrter Kosmos aus Orten, die sich anfühlen, als wären sie aus Angst gebaut.

Mein Weg führt zuerst durch Necropolis, eine Stadt, die zugleich lebt und stirbt. Ein endloses Labyrinth aus Stein, Blech und Dunst. Häuser wirken wie übereinandergestapelte Käfige, Brücken führen ins Nichts, Rohre atmen. Alles hier ist in Bewegung, aber keine, die dich weiterbringt. Jeder Gang endet im Kreis, jede Tür öffnet nur den nächsten Schatten. Und doch hat diese Welt eine seltsame Schönheit.

Wenn ich durch die engen Gassen schleiche, die Laternen im Nebel flackern sehe und das dumpfe Grollen in der Tiefe höre, dann spüre ich wieder dieses Gefühl, das die Reihe so einzigartig macht: Angst nicht als Schock, sondern als Zustand.

Doch «The Spiral» ist größer. Hinter Necropolis warten neue Albträume: eine Süßigkeitenfabrik, in der klebrige Maschinen summen und Zuckerdämpfe wie Nebel aufsteigen; ein grotesker Jahrmarkt, wo maskierte Figuren in endlosen Schleifen tanzen; und das Institut, ein Ort kalter Präzision, in dem selbst die Stille mechanisch wirkt.

Was Supermassive Games hier erschaffen hat, ist visuell schlicht herausragend. Jede Szene wirkt sorgfältig komponiert, jedes Detail erzählt etwas. Das Spiel versteht es, Stille und Klang gegeneinander auszuspielen: das Tropfen von Wasser, das Knarzen alter Leitern, das ferne Rattern einer Maschine, die nie stillsteht. Alles wirkt präzise gesetzt, nie zufällig. Selbst das Schweigen klingt hier wie Teil der Musik.

Die Geräusche der Angst

Ich merke schnell, dass die Welt von «Little Nightmares 3» nicht nur aus Schatten besteht. Sie klingt auch danach. Supermassive Games hat eine erstklassige Soundkulisse geschaffen. In den Tunneln hallt mein Schritt wie ein Warnsignal, in den engen Schächten klingt er gedämpft, als wolle die Dunkelheit mich verschlucken.

Der Ton ist nie Beiwerk. Er führt mich, warnt mich, täuscht mich. Ich höre Dinge, bevor ich sie sehe: ein metallisches Klirren in der Ferne, ein Kratzen über mir, ein tiefes, kehliges Atmen hinter einer Wand. Und jedes Mal verlangsamt sich mein Gang, als hätte das Spiel mich an einer unsichtbaren Leine. «Little Nightmares 3» versteht, dass das Ohr Angst früher erkennt als das Auge.

Musik ist hier keine ständige Begleiterin, sondern ein Eindringling. Sie taucht leise auf, fast unmerklich, wenn etwas kippt, wenn Stille zu lang war, wenn Sicherheit zu vertraut wurde. Ein schiefer Akkord, ein gehauchtes Summen, ein dumpfer Bassschlag. Manchmal scheint der Soundtrack nur aus Fragmenten zu bestehen, aus Dingen, die nicht zu Ende gespielt wurden. Doch genau das verleiht ihm Kraft: Er klingt wie Erinnerung, nicht wie Begleitung.

Was mir gefällt: Der Horror entsteht hier nicht aus Lautstärke, sondern aus Präsenz. Ein leises Tropfen kann bedrohlicher sein als ein Schrei, ein Atemzug näher als jedes Monster. Und manchmal, wenn ich durch einen stillen Korridor schleiche, höre ich nichts – gar nichts – und das ist am schlimmsten.

«Little Nightmares 3» wurde mir von Bandai Namco Entertainment für den PC zur Verfügung gestellt. Das Spiel ist seit dem 10. Oktober für Playstation 5, Playstation 4, Xbox Series X|S, Xbox One, PC, Nintendo Switch und Nintendo Switch 2 verfügbar.

Fazit

Zwischen Frust und Faszination

«Little Nightmares 3» ist ein Widerspruch, der funktioniert – zumindest manchmal. Supermassive Games führt die Reihe atmosphärisch brillant fort: Die Welt von «The Spiral» ist bedrückend, wunderschön, grotesk und lebendig zugleich. Kaum ein anderes Spiel versteht es so gut, Angst über Ton, Licht und Stille zu erzählen. Jedes Geräusch sitzt, jedes Bild ist Komposition. Es ist eine Welt, die man nicht einfach spielt, sondern einatmet.

Doch das Gameplay hinkt (leider) hinterher. Die Dualität aus Alone und Low klingt spannend, wird aber im Solo-Modus schnell zur Geduldsprobe. Zu oft wiederholt das Spiel seine Mechaniken, ohne daraus Spannung zu gewinnen. Dafür steigt der Frust. Dies liegt auch daran, dass das Spiel kaum Erklärungen oder Hinweise gibt und stark auf Trial-and-Error setzt.

Trotzdem bleibt der Reiz bestehen. Denn «Little Nightmares 3» ist mehr Gefühl als System. Es lebt von Momenten: von einer Lichtquelle im Nebel, einem Atemzug zu nah, einem Klang, der dich verfolgt, wenn du längst ausgeschaltet hast. Es ist ein Spiel, das nicht verstanden, sondern gespürt werden will. Und das macht es, trotz seiner spielerischen Schwächen, einzigartig.

Pro

  • stimmungsvolle, audiovisuell beeindruckende Welt
  • herausragende Soundkulisse und Atmosphäre
  • emotionales Duo-System mit Sprachlosigkeit

Contra

  • eintönige und oft frustrierende Rätsel
  • fehlende Erklärungen und kaum visuelles Feedback
  • kein lokaler Koop und kein Crossplay
Titelbild: Kim Muntinga

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