«Loki», Episode 2: «Die Variante»
Hintergrund

«Loki», Episode 2: «Die Variante»

Luca Fontana
16.6.2021

Täuschung. Hinterhalt. Lügen. Loki ist auch in der zweiten Episode ganz der Gott des Schabernacks. Doch das Ende sprengt die Zeit in Fetzen – wortwörtlich.

Eines vorweg: Das ist eine Folgenanalyse. Mit Spoilern! Schau dir also zuerst die zweite Episode von «Loki» an, bevor du weiterliest.


Loki, Gott des Schabernacks, hat’s mit der TVA zu tun bekommen. Zeithütern, von den Time Keepern erschaffen, um den nächsten multiversellen Krieg zu verhindern. Eine Variante – Individuen, die den Wahren Zeitstrahl stören und für Chaos sorgen – scheint besonders gefährlich zu sein.

  • Hintergrund

    «Loki», Episode 1: «Glorreiches Ansinnen»

    von Luca Fontana

Loki selbst.

Die Variante

Oshkosh, Wisconsin, das Jahr 1985. Rollenspieler feiern das Mittelalter. Aber die Minutemen, variantenjagende Agenten der TVA, haben ihr Ziel bereits lokalisiert. In einem Zelt, dunkel und leer, nur Fackeln spenden hie und da ein wenig Licht.

«Noch keine Nexus-Energie, Ma'am.»

Nexus-Energie? Offenbar das, was Varianten hinterlassen, wenn sie am Wahren Zeitstrahl pfuschen. Mir kommt wieder die Nexus-Werbung aus «WandaVision» in den Sinn. Und die Tatsache, dass Wanda Maximoff in den Comics ein Nexus-Wesen ist – mächtig genug, den Fluss der Zeit zu verändern, aber die gleichzeitig ein Grundpfeiler des Multiversums, der für Kohärenz und Stabilität sorgt.

Dann beginnt der Kampf.

Die unter ihrer Kapuze verhüllte Figur aus der ersten Episode wieder. Eine uns noch unbekannte Variante Lokis. Die Figur setzt grünliche Magie ein, ähnlich wie Loki. Sie manipuliert den Geist einer Agentin – auch das hat Loki schon getan, aber mit einem Infinity Stein – und zum Schluss tötet die verhüllte Figur die restlichen Minutemen mit einem grossen Messer – noch so eine Loki-Spezialität.

Dann schnappt sich die Loki-Variante die Zurücksetzungsladung der Minutemen und verschwindet.

Lokis bevorzugte Waffen: Grosse Messer.
Lokis bevorzugte Waffen: Grosse Messer.
Quelle: Marvel Studios

Mein Tipp aus der vergangenen Folgebesprechung: Das MCU ist dafür bekannt, sich von den Comics zu inspirieren, ihnen aber nicht detailgetreu zu folgen. Die neue Variante Lokis könnte daher die MCU-Version Mephistos sein. Also ein Loki, der sich höllische Fähigkeiten angeeignet hat, die in den Comics eher Mephisto zugesprochen werden, einem dämonischen Wesen, der über eine höllenähnliche Dimension herrscht.

Nun denn, schauen wir weiter.

Die rote Linie

Loki – «unser» Loki – ist mittlerweile von der TVA rekrutiert. Schliesslich kann er ja nicht in den Wahren Zeitstrahl zurück. Das hat uns die vergangene Episode über das MCU-Multiversum gelehrt. Erzeugt eine Variante einen neuen Zeitstrahl – einen Nexus-Vorfall – greift die TVA ein: Der Nexus-Vorfall wird gelöscht.

Die Variante, die den Vorfall verursacht hat, auch. Die neu geschaffene Realität gibt’s ja nicht mehr. Und das originale Ich der Variante lebt im Wahren Zeitstrahl weiter, als ob nichts wäre. Ergo: Kein Platz mehr für die Variante.

Loki aber kriegt eine zweite Chance. Als TVA-Agent, der bei der Jagd nach einer offenbar flüchtigen anderen Variante seiner selbst helfen darf. Denn wer weiss besser über Loki bescheid als Loki? Und: eine sympathische Trickfilm-Uhr lehrt ihn, dass Nexus-Vorfälle nur solange zurückgesetzt werden können, wie sie die rote Linie nicht überschritten haben. Wohl sowas wie ein Point-of-no-Return.

Die Konsequenz: Der Zusammenbruch der uns bekannten Realität.

Was auch immer das ist – ich mag es.
Was auch immer das ist – ich mag es.
Quelle: Marvel Studios

Hilft Loki der TVA, seine flüchtige Variante aufzuspüren – offenbar die x-te Variante, kein anderes Wesen hat bereits so viele Varianten, ganz der Gott des Schabernacks – könnte ihm eine Audienz bei den Time Keepern winken. Eine Möglichkeit, seine Freiheit zu erschnorren.

Oha. Die Time Keeper. Im MCU sind sie aktuell allwissende und allmächtige Wesen, die den Wahren Zeitstrahl diktieren. Das nachdem sie den ersten multiversalen Krieg beendet haben, indem sie alle existierenden Multiversen zum einem einzigen geordneten Zeitstrahl umstrukturiert haben – den Wahren Zeitstrahl.

Und so allmächtig sie scheinen; in den Comics steht noch ein Wesen über sie: He Who Remains, dem letzten Director der TVA, der in einer fernen Zukunft das Ende des Universums miterlebt und deshalb die Time Keeper erschafft, um eine Realität zu erzeugen, in der das Ende nicht geschieht. Ob wir He Who Remains in «Loki» noch zu sehen bekommen?

Der, der übrig bleibt.
Der, der übrig bleibt.
Quelle: Marvel Comics

Möglich. Aber gerade jetzt möchte ich eine andere Prognose machen: Die rote Linie wird überschritten. Natürlich wird sie das. Sonst würde uns erst gar nicht erklärt werden, was genau sie bedeutet. Schon mal von Chekhov's Gun gehört? Das ist eine alte Regel des Geschichtenerzählens: «Wenn’s nicht wichtig ist, schreib’s nicht in die Story.»

So. Die rote Linie. Wozu sie erwähnen, wenn sie nicht früher oder später überschritten wird?

Die Apokalypse

Wisconsin, 1985. Das Zelt, wieder. Loki spricht über die möglichen Kräfte der Variante. Spricht vom Unterschied zwischen Illusions- und Duplikationszauber. Die Illusion erzeugt nur eine Projektion des Zaubernden, die Duplikation hingegen eine exakte Kopie der molekularen Struktur.

Chekhov’s Gun. Ich sag’s ja nur.

Im Zelt versucht Loki die Agenten auszutricksen. Mobius ist aber klüger. Trotzdem sagt Loki etwas, das mich nicht loslässt: Die TVA und die Götter Asgards seien gar nicht so verschieden. Sie hielten sich für was Besseres und unterschätzten jene, die keine Götter sind.

Asgard.

Die Zerstörung Asgards, dokumentiert in einer TVA-Akte.
Die Zerstörung Asgards, dokumentiert in einer TVA-Akte.
Quelle: Marvel Studios

Zurück bei der TVA kommt Loki endlich auf eine heisse Spur. Eine, auf die ihn die Apokalypse Asgards gebracht hat: Ragnarök. Loki stellt nämlich fest: Die TVA wird nur dann aktiv, wenn eine Variante unvorhergesehene Dinge tut, die einen neuen Zeitstrahl erzeugen.

Was, wenn die Variante Dinge tut, die scheinbar keinen Einfluss auf den Wahren Zeitstrahl haben?

Lokis Theorie: Die Loki-Variante versteckt sich dort, wo es zu Apokalypsen kommt. Denn was auch immer die Variante tut, was sie laut Time Keeper nicht tun sollte, und sei es bloss, zu existieren – es ist eh egal. Die kurz darauf folgende Apokalypse löscht den Nexus-Vorfall aus. Es braucht keine TVA mit ihrer Zurücksetzungsladung.

Ein perfektes Versteck.

Die neue Theorie

Apropos. Wo verstecken sich eigentlich die Time Keeper? Nicht mal Agent Mobius hat sie je gesehen, wie er Ravonna Renslayer gegenüber zugibt. Das war die Richterin aus der ersten Episode, offenbar eine der wenigen – vielleicht die Einzige – die direkten Kontakt zu den Time Keepern hat.

Zumindest behauptet sie das.

Im Gespräch mit Mobius fällt dem Agenten ein blauer Stift auf. Einen, den er noch nie gesehen hätte. Vielleicht hat sie ihn von einem anderen Agenten. Einem anderen Verehrer; Mobius scheint auf Ravonna zu stehen. Er wird eifersüchtig. Dennoch: Komisch, dieser Stift. Chekhov’s Gun, habe ich die schon erwähnt?

Franklin D. Roosevelt High School. Keine Ahnung, was das bedeutet.
Franklin D. Roosevelt High School. Keine Ahnung, was das bedeutet.
Quelle: Marvel Studios

Ich frage mich, ob der Stift was mit den blauen Kaugummis aus der ersten Episode zu tun hat. Die, die das Mädchen in der Kirche von der Loki-Variante bekommen haben soll. Mobius hat sie als Gabe des Teufels beschrieben.

In den Comics ist Ravonna die Tochter des König Carelius, einem Herrscher über eine alternative Version der Erde des 40. Jahrhunderts. Und genau wie in «Loki» hat sie dort einen Verehrer. Nämlich...

Wait. Oh, wie konnte ich nur so blind sein!

Renslayer in den Comics
Renslayer in den Comics
Quelle: Marvel Comics

Von vorn. Oder besser: Nach vorn. Ins 31. Jahrhundert. Dort, wo Nathaniel Richards geboren wird, womöglich ein Nachfahre des Fantastic-Four-Anführers Reed Richards. Genau wie seine Ahnen ist er klug, wird später zum Gelehrten. Bis er eines Tages die Zeitreisetechnologie des Fantastic-Four-Bösewichts Victor von Doom entdeckt.

Nathaniel nutzt sie, um sich Macht und Wissen anzueignen. Unter anderem reist er ins Alte Ägypten, wo er gar Pharao wird und plant, En Sabah Nur – den Mutanten, den wir später als Apocalypse kennenlernen – zu seinem Nachfolger zu machen.

Seine Pläne werden aber von den ebenfalls zeitreisenden Fantastic Four vereitelt. Nathaniel flüchtet ins 20. Jahrhundert, trifft auf Victor von Doom und freundet sich mit seiner Ideologie an. Mit einer selbstgebauten Maschine bringt er Avengers aus alternativen Zeitlinien in die Gegenwart und lässt sie gegen die hiesigen Avengers antreten, damit sie sich gegenseitig zerstören.

Nathaniel Richards aka Scarlet Centurion. Seinen weitaus bekannteren Namen bekommt er erst noch.
Nathaniel Richards aka Scarlet Centurion. Seinen weitaus bekannteren Namen bekommt er erst noch.
Quelle: Marvel Comics

Auch dieser Plan schlägt fehl. Nathaniel will ins 31. Jahrhundert zurückkehren und überschiesst aber um mehrere Tausend Jahre. Was er vorfindet, ist eine von Kriegen zerstörte Welt. Nathaniel erobert diese Welt und nennt sich fortan Kang, the Conqueror.

Als Kang weitet er seine Herrschaft auf beinahe das ganze Universum aus. Dann auf andere Realitäten. Andere Multiversen. In einer dieser Multiversen trifft er auf eben diese Prinzessin Ravonna, Tochter des König Carelius. Er verliebt sich in sie. Aber Ravonna erwidert seine Liebe nicht.

Kang, unerschütterlich, erobert Ravonnas Welt. Als er sich aber weigert, sie zu töten, rebellieren Kangs Offiziere. Kang, mit Hilfe der Avengers, die er dank seiner Zeitreisetechnologien zum etwas anderen Rendez-Vous einlädt, besiegt die Offiziere. Ravonna aber stellt sich einem tödlichen Schlag, der Kang galt, in den Weg, und stirbt – offenbar liebte sie Kang doch.

Als Kang the Conqueror bringt’s Nathaniel Richards zu einem der ikonischsten Marvel-Bösewichten.
Als Kang the Conqueror bringt’s Nathaniel Richards zu einem der ikonischsten Marvel-Bösewichten.
Quelle: Marvel Comics

Was, wenn Ravonna auch im MCU mit Kang anbandelt? Der hätte ja ein gewisses Interesse an ein Multiversum, das er erobern kann. Ein Multiversum, dass die Time Keeper aktuell nicht zulassen.

Heisst der nächste Doctor-Strange-Film, der direkt ans Ende von «WandaVision» anknüpft, nicht «Doctor Strange in the Multiverse of Madness»?

Die Lady im Lagerhaus

Haven Hills, Alabama, das Jahr 2050. Ein Hurricane biblischen Ausmasses droht das Örtchen, wo Roxxcart ein Einkaufszentrum unterhält, zu vernichten. Auffällig: das «Roxx» in Roxxcart.

In den Comics ist die Roxxon Energy Corporation ein riesiger Energie- und Ölkonzern, das nie Gutes im Schilde führt. Im MCU fällt der Name Roxxon in fast jedem Film. Etwa in der Iron-Man-Trilogie. Oder in ABCs «Agents of Shield». Zu mehr als einer Randbemerkung hat’s aber nie gereicht. Wird’s vermutlich auch in «Loki» nicht.

Roxxon. Immer wieder Roxxon
Roxxon. Immer wieder Roxxon
Quelle: Marvel Studios

Dann, endlich: Die Minutemen spüren die abtrünnige Loki-Variante auf. Das Versteckspiel hat ein Ende. Unter der Kapuze verbirgt sich – Mephisto! Nein, Spass. Streich meine Loki-ist-Mephisto-Theorie. Ich muss Mephisto echt mal vergessen. Unter der Kapuze verbirgt sich tatsächlich Loki.

Lady Loki.

Das habe ich nicht kommen sehen. Oder habe ich es doch? Habe ich dir aus Freude am Spass einfach das Rätselraten nicht verderben wollen? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wer weiss das schon. Was wir sicher wissen, ist, dass Loki genderfluid und pansexuell ist. Oh, ja. Bestätigt. Seit der vergangenen Episode. Wem ist’s aufgefallen?

Kanon: Loki ist genderfluid.
Kanon: Loki ist genderfluid.
Quelle: Marvel Studios

Das mit dem genderfluid und pansexuell stammt übrigens aus den Comics. Dort ist Lady Loki nämlich keine Variante Lokis aus einer anderen Realität, sondern Loki selbst, der grad lieber einen weiblichen Körper hat, weil das am meisten Schabernack macht. Also nicht im Sinne von «heute fühle ich mich als Frau», sondern «gestern war ich ein Frosch, haha. Was könnte ich heute sein?»

Zum Beispiel während dem «Dark Reign»-Comic-Event aus den Jahren 2008 und 2009. Dort hat sich Lady Loki immer wieder mit Schurken wie Norman Osborn oder Doctor Von Doom zusammengetan, um die Avengers in bester Mistress-of-Schabernack-Manier zu manipulieren.

Loki. Oder besser gesagt: Lady Loki.
Loki. Oder besser gesagt: Lady Loki.
Quelle: Marvel Comics

Was Lady Loki in «Loki» im Schilde führt, wissen wir noch nicht. Nur, dass sie mit den gestohlenen Zeitrücksetzungsaufladungen mal eben den ganzen Wahren Zeitstrahl sprengt und unkontrollierbar viele neue Zeitstrahlen erschafft. Oha. Vielleicht ist das ja der Moment, in dem Wanda in der After-Credit-Szene von «WandaVision» ihre Kinder aus einem anderen Zeitstrahl schreien hört.

«Hier geht’s nicht um dich», sagt dann Lady Loki und verschwindet durch ein Portal.

Loki eilt ihr nach. Wohin? Ungewiss. Auch, was Lady Loki mit «dich» gemeint hat. Sie ist ja auch Loki. Oder nicht? Zugegeben, Momente zuvor sagte sie noch, dass sie nicht Loki genannt werden will. In den Comics gibt’s da eine mächtige Zauberin – Sylvie Lushton aka Enchantress. Woher sie ihre Kräfte hat? Von Lady Loki. Bekommen während besagtem «Dark Reign»-Event. Ihre Herkunft? Oklahoma. Also dem Bundesstaat, in dem die letzte Szene der vergangenen Episode gespielt hat.

Zufall?

Könnte die blonde Frau nicht doch Enchantress sein?
Könnte die blonde Frau nicht doch Enchantress sein?
Quelle: Marvel Comics

Ganz ehrlich: Ich weiss es nicht. Die TVA müsste das aber wissen. Die reden allerdings von einer Variante Lokis, weil sie seine temporale Aura hat. Müsste ich tippen, würde ich dabei bleiben, dass wir’s mit Lady Loki zu tun haben. Ausser, MCU-Enchantress hätte ihre Kräfte ebenfalls von einer noch unentdeckten Variante Lokis bekommen – samt temporalen Aura. Oder so.

Wie dem auch sei. Worin ich mir sicher bin, ist, dass Lady Loki – oder Enchantress – im Auftrag jemandes handelt, der die Wahre Zeitlinie zerstören und das neue Multiversum erobern will. So, wie in den Comics.

Lady Loki – oder doch Enchantress?
Lady Loki – oder doch Enchantress?
Quelle: Marvel Studios

Kang the Conqueror vielleicht?


Wie hat euch die Folge gefallen? Schreibt es in die Kommentare. Die nächste Folgenanalyse folgt am Mittwoch, 23. Juni. Weil ich dann aber in den Ferien bin, übernimmt Co-Comic-Nerd und Marvel affectionado Dominik.

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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