Malen hilft dem Gedächtnis
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Malen hilft dem Gedächtnis

Wir begreifen die Welt nicht nur mit Worten: Auch Zeichnungen können beim Lernen unterstützen.

Malen kann beim Lernen helfen. Wie genau, das schildern die Psychologinnen Shaaron Ainsworth von der University of Nottingham und Katharina Scheiter von der Universität Tübingen in «Current Directions in Psychological Science». Besonders effektiv sei das Zeichnen als Gedächtnisstütze, wie eine Auswertung von mehr als 50 Studien mit rund 8000 Versuchspersonen zeigte.

Je nach Lernziel bringe Zeichnen im Vergleich zum reinen Lesen schwache bis starke Lerneffekte. Am meisten helfe es beim Lernen von Fakten, am wenigsten beim Transferlernen.Doch selbst hier biete es einen Zusatznutzen: Als Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse einen Text über den Treibhauseffekt lasen und später dazu Transferfragen beantworteten, profitierten die besten unter ihnen mehr davon, wenn sie den Text nach dem Lesen gezeichnet anstatt nur verbal wiedergegeben hatten.

Lernende ziehen aus einem Text ein Netzwerk von Elementen und ihren Beziehungen, erklären die Autorinnen. Sie sehen aber noch weitere Ursachen für den Lerneffekt. Wer zeichnet, bilde nicht nur ab, was ohnehin schon im Kopf ist, sondern setze sich aktiv mit einer Sache auseinander. Es wirke auf die Gedanken zurück. Ausserdem biete eine Zeichnung Lernenden einen Anker, an dem sie gemeinsame neue Erkenntnisse erarbeiten und ihre Perspektiven verbinden könnten. So produzierten Zweierteams häufiger abstrakte visuelle Repräsentationen als Alleinarbeitende, berichten Ainsworth und Scheiter.

Kein besonderes Talent nötig

Wie Ainsworth 2020 gemeinsam mit Kolleginnen zeigte, kann das Zeichnen verschiedenen Lernzielen dienen, zum Beispiel etwas im Detail abzubilden, wie eine Zelle unterm Mikroskop. Besonders im naturwissenschaftlichen Unterricht komme die Methode so schon zum Einsatz. Allerdings eigne sich Zeichnen nicht für jede Aufgabe gleich gut, sondern eher für Aufgaben, die räumliches Denken in zwei Dimensionen erfordern. Manchmal bräuchten Kinder auch Unterstützung beim Zeichnen, in Form von Teilillustrationen oder Modellen, die von Experten angefertigt wurden. Sich mit Bildern auseinanderzusetzen, könne ebenso effektiv sein wie selbst zu zeichnen.

«Wir verbringen viele Jahre damit, Kindern das Schreiben beizubringen», geben die Psychologinnen zu bedenken. Doch in den meisten Ländern werde wenig oder gar keine Zeit darauf verwendet, diese Art des Zeichnens zu lehren. Wer damit pädagogisch arbeiten wolle, müsse deshalb berücksichtigen, dass Kinder darin ungeübt sind und womöglich befürchten, es nicht gut genug zu können. Eine unnötige Sorge: Es brauche kein besonderes Talent dafür, etwas zu zeichnen, was dem eigenen Gedächtnis auf die Sprünge hilft.

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