Miniroboter zum Schlucken
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Miniroboter zum Schlucken

Bevor Medikamente im Körper wirken können, müssen sie oft erst durch den Verdauungstrakt wandern. Forschende aus den USA haben tablettengrosse Roboter entwickelt, die Wirkstoffe oder kleine Kameras transportieren können.

Es ist ein lang gehegter Traum der Medizin: Statt einer herkömmlichen Tablette schlucken Patienten einen Kleinstroboter, der einen Wirkstoff zu einem bestimmten Ort im menschlichen Körper transportiert. So könnten Medikamente künftig individuell dosiert und zielgerichtet eingesetzt werden. Oder die Minimaschinen transportieren winzige Kameras und machen Aufnahmen vom Mageninneren oder dem Darm. Auch kleine Operationen sind denkbar.

Forscherinnen und Forscher der Stanford University haben dazu einen kabellosen Roboter in Miniaturform entwickelt, der sich in trockener und flüssiger Umgebung fortbewegen kann. Er ist knapp fünf Millimeter hoch, zylindrisch und faltbar. Er kann rollen, kippen, schwimmen und mithilfe eines speziellen Pumpmechanismus sogar Flüssigkeiten kontrolliert abgeben. Über diese Erfindung berichtet das interdisziplinäre Team in der aktuellen Ausgabe von «Nature Communications».

Das grösste Potenzial vermuten die Wissenschaftler im biomedizinischen Bereich, etwa für Krankheitsdiagnosen, gezielte Medikamentenabgabe und minimalinvasive Chirurgie. «In der Biomedizin ist ein ferngesteuerter Miniaturroboter, der sich auf dem Boden und im Wasser fortbewegen kann, von grossem Nutzen, insbesondere in Umgebungen wie dem Harnsystem und im Magen-Darm-Trakt», schreiben die Forschenden.

Miniroboter auf der Teststrecke: Forscherinnen und Forscher der Stanford University haben einen winzigen, kabellosen Roboter entwickelt, der sich in trockener und flüssiger Umgebung fortbewegen kann. Video: © YouTube / NPG Press

Der winzige Roboter wird magnetisch angetrieben und lässt sich von aussen fernsteuern. Dazu ist eine kleine, dünne Magnetplatte an einem der beiden sechseckigen Enden des zylindrischen Körpers befestigt. Mithilfe eines äusseren Magnetfelds lässt sich der Roboter gezielt vorwärts- und rückwärtsrollen, kippen, flippen und drehen. Über eine zweite, entgegengesetzt magnetisierte Platte am anderen Ende wird eine Pumpbewegung realisiert. Damit sind Energiequelle und Steuersystem vom Roboter getrennt, was solche miniaturisierten Maschinen überhaupt erst möglich macht.

Breites Einsatzspektrum im Blick

«Bestehende Geräte im Millimetermassstab erfordern in der Regel separate Komponenten für die Fortbewegung und die Funktionen, was die Komplexität der Robotersysteme und ihres Betriebs erhöht», schreiben die Autoren. Zudem könne sich bislang keiner von ihnen sowohl auf dem Boden als auch im Wasser fortbewegen. Dies mache es für existierende Roboter schwierig, in komplexen, unstrukturierten Umgebungen voranzukommen, wie es sie häufig in biomedizinischen Milieus gibt.

Dass das Konzept funktioniert, testete die Gruppe im Magen-Darm-Trakt eines toten Schweins. Sie liessen den mit einer Flüssigkeit gefüllten Roboter einen klar definierten Weg zurücklegen und am Zielort die «Medizin» deponieren. «Wir gehen davon aus, dass die multifunktionalen magnetischen Origami-Miniroboter künftig ein breites Spektrum an minimalinvasiven Eingriffen für biomedizinische Diagnosen und Behandlungen ermöglichen könnten», vermuten die Wissenschaftler – mit zahlreichen Einsatzgebieten im menschlichen Körper und weniger Nebenwirkungen als herkömmliche Methoden.

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Titelbild: © Yuuji / Getty Images / iStock (Ausschnitt): Sieht so die Zukunft der Medizin aus? Miniroboter könnten Wirkstoffe individuell dosiert und zielgerichtet durch den Körper transportieren. (Symbolbild)

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