Mit 33 die Liebe zu LEGO wiederentdeckt
Hintergrund

Mit 33 die Liebe zu LEGO wiederentdeckt

Nicht nur Kinder sind von LEGO begeistert, auch bei Erwachsenen gibt es eine grosse Fan-Community. Zu ihr zählt auch Thomas. Weit über 100 Kilo der Klemmbausteine hat er schon – Schluss ist damit noch lange nicht.

Bis zum zwölften Lebensjahr spielt Thomas mit LEGO, verliert danach aber das Interesse daran. Nach 20 Jahren «Dark Times», wie Thomas sie nennt, schenkt ihm sein Bruder ein LEGO-Haus zu Weihnachten. Das ist der Startschuss, der Funke, der in ihm das LEGO-Fieber wieder entfacht. Richtig geht es jedoch erst vor drei Jahren los. Als Thomas mit seiner Familie umzieht und er sich im Keller der neuen Wohnung einen LEGO-Raum einrichtet.

Viele seiner ausgestellten Sets sind Eigenkreationen.
Viele seiner ausgestellten Sets sind Eigenkreationen.

Ich treffe Thomas an einem der heissesten Tage in diesem Jahr. Das Thermometer steht auf über 30 Grad Celsius. Kaum angekommen, drückt er mir eine Glacé in die Hand. Die Schweissperlen auf meiner Stirn sagen wohl mehr als tausend Worte. Nach dem kühlenden Snack führt mich Thomas die Treppe hinunter in seine Mancave. Neben den Vitrinen mit aufgebauten LEGO-Sets, einer «Werkecke» mit gut sortierten Einzelteilen und einem Tisch voller LEGO-Gebäuden fällt besonders ein riesiger viertüriger Kleiderschrank gefüllt mit ungeöffneten LEGO-Sets auf. «Für manche fehlt mir einfach die Zeit», sagt Thomas. «Andere bleiben aber auch versiegelt in der Originalverpackung. Wertanlage.» Besonders Häuser, Sets von LEGO Ideas und Dinge wie Bahnhöfe oder Krankenhäuser, die LEGO selten macht, seien attraktiv in der Wertsteigerung. Wie viele Sets sich denn in seiner Sammlung befänden, will ich von Thomas wissen. Die Antwort:

«Ich habe keinen Überblick mehr über die Anzahl meiner Sets. Es sind jedoch sicherlich weit über 100 Kilogramm.»
Never Stop playing!
Never Stop playing!

Neben den Kaufhausregalen durchstöbert Thomas auch oft das Angebot auf den bekannten Gebrauchtwarenplattformen. Hin und wieder fänden sich dort ausserordentliche Schätze, sagt Thomas. Von alten und seltenen Sets über einzelne Steine bis hin zu ganzen Sammlungen liesse sich alles ersteigern. «Letztens habe ich 30 Kilogramm Steine gekauft. Die musste ich jedoch zuerst waschen, bevor ich sie einsortieren konnte.» Waschen? Laut Thomas sind alte LEGO-Steine teils in einem desolaten Zustand. Oft seien sie vergilbt und benötigen eine kleine Verjüngungskur. Thomas hat dafür eine eigene Technik mit handelsüblichen Haushaltsmitteln entwickelt. Um die gelblichen Steine wieder flott zu kriegen, verwendet er beispielsweise Reinigungstabs für Zahnprothesen oder natürlichen Essig aus der Küche. Vor einer Weile hat Thomas mit einen anderen enthusiastischen LEGO-Sammler darüber gesprochen. Dieser ist Zahnarzt und wäscht seine Steine in einem Ultraschallgerät. Das sei die beste und einfachste Methode.

Auch Military-Mods sind bei Thomas zu finden. Zwar keine offiziellen LEGO-Sets, jedoch alles aus LEGO-Steinen erbaut.
Auch Military-Mods sind bei Thomas zu finden. Zwar keine offiziellen LEGO-Sets, jedoch alles aus LEGO-Steinen erbaut.

Trotz der Masse an Klemmbausteinen besitzt Thomas kein einziges Set von LEGO Technic. Das überrascht mich, da ich die Serie persönlich eine der spannendsten finde. Thomas ist da anderer Meinung. Er hat sich nie mit den Teilen von Technic anfreunden können. Ihn faszinieren viel mehr die klassischen Steine. Dabei beschränkt er sich nicht auf eine bestimmte Serie aus dem LEGO-Universum. Bei ihm sind Modelle aus allen möglichen Reihen zu sehen. Besonders sind mir LEGO City, Ideas, Ninjago und Creator aufgefallen. Neben seinen Military-Mods – also Modelle, die keine offiziellen LEGO-Sets sind, aber aus LEGO-Steinen erbaut sind – interessiert sich Thomas vor allem für Gebäude.

Links ist die «Werkstatt», rechts der Ausstellungsbereich.
Links ist die «Werkstatt», rechts der Ausstellungsbereich.

Sein Ziel ist es, eine ganze Stadt mit allem Drum und Dran zu errichten. Auf gutem Weg dorthin ist er bereits. In einer Ecke des Raumes stehen mehrere Tische, worauf sich ganze Häuserzeilen einer vielbefahrenen Strasse entlang reihen. Zudem halten zwei Züge den öffentlichen Nahverkehr am Laufen, während im Hafen ein grosses Containerschiff von einem Kran beladen wird. Beim genauen Hinschauen entdecke ich immer mehr Details. Zum Beispiel einen halbnackten Batman oder eine Frau, die mit ihrem Kinderwagen an einer Kreuzung steht.

Neben LEGO gibt es auch andere Hersteller von Klemmbausteinen. Doch diese suche ich bei Thomas vergebens. «Bis jetzt habe ich noch keine Berührung mit Cobi und Konsorte gehabt. Es gibt bestimmt auch andere Hersteller, die qualitativ gute Steine anbieten. Jedoch hat in meinen Augen LEGO die besten Minifigures von allen. Kein anderer Hersteller kommt da an sie heran.» Ein echter Fan eben.

Die Sticker werden fein säuberlich per Pinzette aufgetragen.
Die Sticker werden fein säuberlich per Pinzette aufgetragen.

Doch LEGO macht nicht immer alles perfekt, das gibt auch Thomas zu. Trotz seiner Grösse – oder vielleicht auch genau deshalb – gibt es bei dem dänischen Spielzeughersteller Verbesserungspotenzial. Thomas gibt mir gleich mehrere Punkte mit, die seines Erachtens von LEGO vernachlässigt werden. Zum einen stört ihn die Preispolitik. Oft seien die hohen Preise in keiner Weise gerechtfertigt. Weiter wünscht er sich von LEGO mehr Gebäude, mehr Eisenbahnen und alte Serien wie das Piratenschiff oder die Ritterburg zurück. Zudem sei LEGO zu stark auf Kinder fokussiert, klagt er. Es gibt einen grossen Markt für erwachsene LEGO-Fans, der laut Thomas viel zu wenig ernst genommen wird. Erwachsene wie er würden es begrüssen, wenn LEGO grössere Sets anbieten würde. «Will ich mir zum Beispiel ein Krankenhaus für meine Stadt bauen, muss ich das Set dreimal kaufen und mir aus den Teilen ein grosses Gebäude zusammenstecken.» Für solche Sets wäre er auch bereit, noch tiefer in die Tasche zu greifen.

Die Häuser könnten ein wenig grösser sein.
Die Häuser könnten ein wenig grösser sein.

Trotz allen Verbesserungsvorschlägen bleibt Thomas LEGO treu. Ihn hat das LEGO-Fieber gepackt. Auch seine beiden Söhne spielen mittlerweile mit LEGO, haben die Liebe dazu jedoch noch nicht so ganz entdeckt. Der Zweijährige ist noch ein wenig zu jung und der fünfjährige Sohn hat noch keine Geduld. «Wenn ich mit ihm ein Set zusammenbaue, ist er anfangs Feuer und Flamme und nach der zweiten Seite der Bauanleitung ist der Geduldsfaden bereits schon wieder gerissen», verrät mir Thomas. Doch was nicht ist, kann noch werden. Denn sie sind noch jung und haben ihre LEGO-Karriere noch vor sich.

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Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.


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