Neue Sets von Lego City: Strassen mit akuten Anschlussproblemen
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Neue Sets von Lego City: Strassen mit akuten Anschlussproblemen

Lego hat seine City-Sets erneuert: Statt auf den bekannten flachen Platten ohne Noppen auf der Unterseite stehen diese neu auf Standardplatten und sind kompatibel mit dem neuen Strassensystem von Lego. Wie baut und spielt es sich damit?

Du hast keine Lust oder Zeit, das ganze Aufbau-Experiment mit meiner Tochter als Co-Testerin zu lesen? Hier die wichtigsten Punkte:


Das Wichtigste in Kürze

  • Die neuen Strassen-Sets von Lego sind kleine Bausätze, nicht mehr nur «dumme» Platten.
  • Mit alten Lego-City-Sets sind die neuen Strassen nicht kompatibel.
  • In den neuen City-Sets fehlen die entscheidenden Teile, um sie zu verbinden.

Du willst mehr erfahren? Dann kommt hier etwas Hintergrund. Es war Anfang Januar, als Lego den bereits vorher angekündigten Abschied der alten Strassenplatten vollzog und die neuen Strassen in die Märkte brachte. In der Lego-Community sorge das für rege Debatten.

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    Lego bringt neue Strassen – und die Fans sind nicht erfreut

    von Martin Jungfer

Stösst Lego mit den neuen Strassen seine alten Fans vor den Kopf? Oder wird es wirklich Zeit für eine Neuerung? Das wollte ich genauer wissen. Lego stellte mir dafür drei der neuen City-Sets zur Verfügung:

LEGO Strassenkreuzung mit Ampeln (60304, LEGO City)
LEGO
18,95

LEGO Strassenkreuzung mit Ampeln

60304, LEGO City

LEGO Modernes Familienhaus (60291, LEGO City)
LEGO

LEGO Modernes Familienhaus

60291, LEGO City

LEGO Skate Park (60290, LEGO City)
LEGO
38,99

LEGO Skate Park

60290, LEGO City

Getestet wurde von der kompletten Kleinfamilie. Auf der Seite der Lego-Veteranen: meine Frau und ich selbst, beide alt genug, um noch mit den flachen Strassen mit grün aufgemalten Randstreifen gespielt zu haben. Und unsere Tochter, sechs Jahre alt, völlig unbelastet von Lego-Ideologien. Mit einer kleinen Ausnahme: Sie besitzt bereits einige vorrevolutionäre City-Sets, und wir haben dazu auch ein paar der früheren Strassen gekauft. Im Test-Set-up trafen also die alte und neue Welt aufeinander.

Die neuen Strassen wollen gebaut werden.
Die neuen Strassen wollen gebaut werden.

Karton Nummer eins: das neue Strassen-Set. Gibt es bei uns für knapp 20 Franken. Der wichtigste Unterschied zu den alten Strassen: Du musst etwas zusammenbauen. Es sind eben nicht nur zwei Kunststoffplatten, die nichts können. Es gibt neu Ampeln, Schilder, Bäumchen und Blümchen und Strassenlaternen mit «Glow in the dark»-Feature. Das begeistert meine Tochter am meisten. Etliche Male muss das fluoreszierende Teil an der Bodenleuchte im Wohnzimmer «aufgeladen» werden, um dann im stockfinsteren Gäste-WC bewundert zu werden. Bei meiner Tochter landen die neuen Lego-Strassen so einen klaren Punktsieg gegenüber den alten.

Lego setzt nur noch auf die neuen Strassen

Die Mutter, Lego-Traditionalistin, hat mit mir ein Youtube-Video gesehen, das ich zu Recherchezwecken aufgerufen habe. Der Klemmbaustein-Blogger «Held der Steine» aus Deutschland hat darin alle Schwächen der neuen Strassen süffisant zusammengefasst. Sein Hauptkritikpunkt war die fehlende Kompatibilität mit den bisherigen Platten. Ja, da hat er recht. Aber die Revolution frisst manchmal eben auch ihre Kinder. Und ja, vielleicht hätte Lego auch die alten Strassenplatten im Sortiment lassen können. Allerdings ergibt das aus unternehmerischer Sicht wenig Sinn. Mit einem einzigen System tun sich Produktentwickler sicher leichter.

Hier passt nichts zusammen: alte und neue Lego-Strassen im Höhenvergleich.
Hier passt nichts zusammen: alte und neue Lego-Strassen im Höhenvergleich.

Dennoch bieten die neuen Strassen weitere Ansatzpunkte für Kritik. Sie sind schmal, sehr schmal. Viele Fahrzeuge sind sogar breiter als eine Fahrspur. Das erinnert an die Diskussion hierzulande, wo der SUV-Wahnsinn dafür sorgt, dass der Schweizer Standardparkplatz nicht mehr reicht. Bei Lego sind jedoch nicht die Strassen zu klein geworden. Sie haben sie selbst zu klein gemacht. Da muss nachgebessert werden. Zumindest sind die neuen Strassen dafür anschlussfreudig genug. Ich kann mir gut vorstellen, dass demnächst Erweiterungen oder angepasste Sets kommen mit Trottoir oder Velo-Streifen.

Unterschiedlich breite Lego-Fahrzeuge. Vorne das neueste Modell, das Sponsoren-Auto aus dem Skatepark-Set.
Unterschiedlich breite Lego-Fahrzeuge. Vorne das neueste Modell, das Sponsoren-Auto aus dem Skatepark-Set.

Ästheten mögen bemängeln, dass die 4x2-Platten, die du als Mittelstreifen einsetzt, unschön aussehen. Auf der anderen Seite ermöglichen sie dir eine flexible Strassengestaltung. So sind im Standard-Set auch Geschwindigkeitsbrecher enthalten, die vor dem Fussgängerstreifen montiert werden. Zudem kannst du mit den Elementen aus dem Strassen-Set entweder eine T-Kreuzung oder eine längere Strasse bauen.

«Connect your City» – gebrochenes Versprechen

Die Tochter bemängelt, dass es noch nichts zum Spielen gibt. «Wo sind die Männchen? Wer soll denn über den Fussgängerstreifen gehen?» Weil eine Strasse alleine noch wenig Spielspass verspricht, machen wir uns gleich an den zweiten Lego-Karton. Diesmal dürfen wir ein Skatepark aufbauen, mit waghalsigen Skatern als Figuren. Auf der Packung wird oben rechts angepriesen, dass die neuen Strassenplatten enthalten sind. In meinem Kopf überlege ich bereits, wie ich den Skatepark an die frisch verlegte neue Strasse anschliesse. Aufgebaut ist das Skatepark-Set in weniger als 15 Minuten. 195 Teile sind auch nicht wirklich viel. Die meisten Teile brauchen wir für ein Auto – warum auch immer ein Auto essenzieller Bestandteil eines Skateparks sein soll. Es ist auf jeden Fall ein sehr schmales Auto, passend zu den Strassen.

Und jetzt kommt der grosse Moment: der Anschluss. Aber nix da! Weder im Skatepark-Set noch im Strassen-Set gibt es das, was es dringend bräuchte, um die Strassenplatten zu verbinden: graue 4x2-Fliesen. Das Versprechen «Connect your City» ist genauso viel wert wie das Wahlversprechen von Politikern. «Connect» heisst in der neuen Lego-City-Welt also Zusammenschieben. Ende der Rampe des einen Sets an Ende der Rampe des anderen. Heisst, dass es für Autos in eine Rinne hinab und aus ihr wieder nach oben geht.

Zwei 2x4-Fliesen hätte es gebraucht für die Verbindung. Zwei! Was hätte es gekostet, die zwei Teile mit in den Karton zu packen? 10 Rappen? Alles gibt es: Ersatzblüten für die Blumen, bunte Steinchen für die Ampel – aber keine grauen Fliesen. Schwach!

Hier fehlt doch etwas? Richtig, zwei 2x4-Fliesen zum Verbinden.
Hier fehlt doch etwas? Richtig, zwei 2x4-Fliesen zum Verbinden.
Wenn du die Auffahrtsrampen der verschiedenen Sets zusammenschiebst, sieht das so aus.
Wenn du die Auffahrtsrampen der verschiedenen Sets zusammenschiebst, sieht das so aus.

Geschäft für Einzelteil-Händler

Klar, dass die Einzelteil-Händler den Braten gerochen haben. Im Brick-Shop kostet eine Fliese 42 Cent, ist aber derzeit nicht verfügbar. Klickbricks verlangt wenigstens nur 35 Cent dafür. Und auch Bricklink hat welche. Wie lange sie den Markt der Verbindungsfliesen beherrschen, wird auch massgeblich davon abhängen, wann bei Lego jemand aufwacht und bemerkt, dass sie da einen Bock geschossen haben.

So richtig frustriert machen wir uns am nächsten Tag noch an Set Nummer drei, das moderne Einfamilienhaus. Auch hier sind natürlich «Road Plates included». Auch hier prangt «Connect your City» auf der Schachtel. Aber auch hier fehlen die 2x4-Fliesen. Beim Haus wird zudem spürbar, wie hoch die neuen Strassen sind. Ist das Haus angeschlossen, muss das Auto von der Strasse über eine kleine Kante nach unten aufs Niveau der Grundplatte, auf dem das Haus steht. Vielleicht werde ich den Carport des Hauses ja noch plätteln. Mit schönen grauen 4x2-Fliesen. Von denen träume ich heute Nacht bestimmt.

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Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 


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