Philips Scene Switch Teardown: Wie geht Smart Light ohne Hardware?
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Philips Scene Switch Teardown: Wie geht Smart Light ohne Hardware?

Philips scheint den Markt an Smart Lights gepachtet zu haben. Neu ist in ihrem Line-Up die Scene Switch Series, eine Reihe von Lampen die so halbsmart daherkommen. Ich habe eine Glühbirne auseinandergenommen um herauszufinden, wie eine Lampe smart sein kann, obwohl keine smarten Elemente verbaut werden.

«Diese Lampe kann ohne zusätzliche Hardware gedimmt werden», sagt Senior Editor Léonie de Montmollin. Sie hält die Philips Scene Switch Glühbirne hoch.

Smart Lights sind super. Sie schalten sich ein und aus nach vordefinierten Zyklen, dimmen zu einer gewissen Uhrzeit und noch viel mehr. Aber: Sie sind komplizierter als der klassische Lichtschalter es ist. Vor allem darum, weil wir uns jahrzehntelang an Lichtschalter gewöhnt haben. Mit Smart Lights ist das so App hier, Einstellung da, Handy immer dabei.

Die Scene Switches funktionieren laut Léonie komplett ohne zusätzliche Hardware und Einstellungen. Sie können von voller Helligkeit auf 40 Prozent und dann auf 10 Prozent Helligkeit wechseln. Zudem merkt sich die Glühbirne, wie hell sie beim letzten Mal ausschalten war.

Mein erster Gedanke: Wie macht die Scene Switch das?

Zeit für eine Spurensuche.

Was die Scene Switch tut

Die Scene Switch hat im Wesentlichen eine Funktion: Sie ist stufenweise dimmbar. Aber ohne Dimmer und nur mit dem Ein/Aus-Schalter zu bedienen. Das ganze läuft in einer vorbestimmten Sequenz ab.

  1. Einschalten: 100% Leuchtkraft
  2. Aus- und wieder einschalten: 40% Leuchtkraft, das Licht wird wärmer
  3. Aus- und wieder einschalten: 10% Leuchtkraft, das Licht wird wärmer
  4. Aus- und wieder einschalten: 100% Leuchtkraft, das Licht wird kälter und der Zyklus beginnt wieder von vorn

Dazu kommt das, was mich zum ersten Mal auf eine Vermutung hat schliessen lassen: Wenn du die Scene Switch für mehr als sechs Sekunden ausschaltest, dann wieder einschaltest, leuchtet sie auf der zuletzt aktiven Stufe.

Meine Vermutung: Irgendwo ist da eine Platine drin, die die Settings speichert und wohl auch den Zyklus mit der Dimmstufe des LED-Leuchtkörper kontrolliert.

Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden: Nehmen wir das Teil auseinander.

Die Demontage einer Glühbirne

Es gab mal eine Zeit, da waren Glühbirnen ein simples Ding: Strom fliesst durch einen Draht, der Draht wird heiss, beginnt zu glühen und voilà: Licht.

Dass die Scene Switch ein ganz anderes Biest ist, wird schnell klar. Darum haben Léonie und ich unser Equipment und eine Glühbirne eingepackt und sind ins Dynamo gegangen, wo wir uns in der offenen Werkstatt an der futuristischen Glühbirne zu schaffen gemacht haben. Die Birne, die den Tag nicht überleben wird, ist im Nachhinein etwas schlecht gewählt. Weil wenn ich ins Innere der Birne hätte sehen können, wäre ich weit weniger vorsichtig gewesen.

Das ist kein Glas

Léonie schnappt sich meine Fotokamera – eine wunderschöne Sony a7s II mit 24-70mm-Objektiv – und ich mir einen Glasschneider. Ich ziehe mir ein paar Carhartt-Arbeitshosen über, die ich im Büro gefunden habe, weil wenn es scherbelt, dann will ich die Splitter nicht in den Jeans haben, die ich nachher noch den ganzen Tag lang tragen muss.

Die Idee ist simpel: Glas anritzen, dann mit Heissluftpistole erhitzen, ins Wasser tauchen und das Glas bricht bei den Ritzen. Voilà, Glas entfernt.

Noch weiss ich nicht, womit ich es zu tun habe

Ich ritze also drauf los, hole mir eine Schüssel voll Wasser und die Heissluftpistole. Beim Erhitzen passiert aber etwas ganz seltsames: Das Glas verformt sich. Das macht Glas eigentlich nicht. Glas glüht, wenn es heiss wird.

«Léonie, ich glaube, das ist kein Glas», sage ich.

«Kann gut sein, dass das eine Art Kunststoff ist», sagt sie, nimmt mir die wieder abgekühlte Glühbirne aus der Hand und tippt mit dem Fingernagel drauf. Klingt wie Glas, fühlt sich auch in etwa so an.

Angenommen, das Teil ist also Kunststoff, dann sollte ich das mit relativer Leichtigkeit schneiden können, ohne, dass es zersplittert. Spätestens hier gelange ich an den Punkt, an dem ich keine Ahnung habe, was ich eigentlich tue und so denke «What could possibly go wrong?» Ich vergesse die bösen Zungen in der Redaktion, die immer dann von Deckung reden, wenn ich von schwerem Werkzeug rede. Ich schnappe mir einen Dremel, der gerade so rumliegt.

Wenn ich Recht habe, dann kann ich mit einem harten Schleifaufsatz locker durch die Birne, die laut aktueller Vermutung aus einer Art Plastik besteht, durchfräsen. Ohne die ganzen Leuchtsachen im Innern zu beschädigen. Denn so lange wie möglich will ich den Mechanismus intakt halten. Sonst ist die ganze Übung für die Katz. Und Scherben fliegen erst noch.

Wir setzen Schutzbrillen auf. Weil sicher ist sicher. Klar, du siehst mit Schutzbrille vielleicht doof aus, aber lieber doof aussehen als gar nichts sehen, wenn du eine Scherbe ins Auge kassierst.

Vor dem Ansetzen des Dremels mache ich mir etwas Sorgen um unsere Sicherheit und herumfliegende Scherben

Der Dremel dreht auf, ich wage mich leicht nervös an die Kunststoffglasbirne. Beim Erstkontakt von Dremel mit Birne merke ich, dass die Sorgen unbegründet waren. Der Dremel frisst sich in die Birne, fräst und schmilzt durch Reibungshitze. Nach wenigen Minuten ist die Sache vorbei. Die Birne liegt auf der Tischplatte. Der Rest ist bei mir in der Hand.

Ein erster Blick auf das Innenleben der Birne

Ich bin im ersten Moment erstaunt. Eine klassische Glühbirne hat ein gewickeltes Kabel irgendwo in der Mitte der Birne. Also irgendwie wie auf dem Bild hier.

Philips SceneSwitch (E27, 7.50 W, 806 lm, 1 x)

Philips SceneSwitch

E27, 7.50 W, 806 lm, 1 x

Philips SceneSwitch (E27, 7.50 W, 806 lm, 1 x)
Leuchtmittel

Philips SceneSwitch

E27, 7.50 W, 806 lm, 1 x

Bei der Birne, die ich zerpflücke hat es kein Kabel, keinen Draht und keine hervorstehenden Elemente. Alle LEDs sind auf einer Platte verbaut. Die ganze Birne ist eigentlich nur leerer Hohlraum. Das dient dazu, eine schöne Lichtverteilung hinzukriegen und sieht auch etwas hübscher aus.

Die LEDs sind alle flach verbaut

Eine Platine oder dergleichen, die irgendwelche Intelligenz vermuten lässt, ist aber nicht zu sehen. Auf der LED-Platte sind wirklich nur LEDs verbaut. Wir schauen uns das Ding an, versuchen die Platte mit einem Schraubenzieher aus der Fassung zu holen. Ohne Erfolg. Der Dremel muss wieder ran. Das gestaltet sich auch schwierig.

«Probier mal mit einer Flex», sagt Gunar Hambrecht vom Dynamo, der uns interessiert zuschaut. Denn die Leute kommen und bauen meist etwas. Wenn ich im Dynamo bin, nehme ich Dinge in der Regel auseinander.

Schweres Geschütz

Jetzt wird es heikel. Die Flex – in der Fachsprache besser als «Winkelschleifmaschine» bekannt – ist ein Werkzeug mit viel Kraft und eher für grobe Arbeiten gemacht. Selbst mit der 1mm-Trennscheibe scheint mir das Teil zu grob für die Glühbirne, die zum aktuellen Zeitpunkt immer noch funktioniert. Denn ich will nach wie vor, dass der Mechanismus im Innern der Glühbirne unbeschädigt bleibt.

Aber Gunar hat Recht. Mit dem Dremel komme ich hier nicht weit. Das «What could possibly go wrong»-Level steigt ans obere Ende der Messskala. Ich kann aber nichts dagegen tun, weil wenn ich in einigermassen raisonabler Zeitspanne an die Platine rankommen will, dann muss ich mit schwerem Geschütz auffahren.

Schweres Geschütz: Die Flex soll das Innenleben der Glühbirne freilegen

Ich rede mir ein, dass ich gute Chancen habe, alles sauber über die Bühne zu bringen. Wie breit kann so eine Platine denn schon sein? Einige Millimeter, ja? Ich habe also von den 360 Grad nur so gefühlte 45 Grad an denen ich nicht schneiden darf, damit die Platine nicht kaputtgesägt wird. Einziges Opfer: Die LED-Platte. Die wird zersägt, weil die fest verklebt ist.

Rate mal, welche 45 Grad ich treffe?

Die Platine! Endlich!

Aber ich bin zum Glück vorsichtig und komme an der Platine ganz knapp vorbei. Spätestens jetzt wird die Glühbirne wohl nie mehr leuchten. Doch dafür ist der Teardown beendet. Vor mir liegt die offene Platine. Sie ist zwar noch mit Kabel an die Kontaktfläche für den Strom gebunden, aber mit einem beherzten Rupfen hat sich das auch erledigt. Die Plastikteile und der Kontakt fliegen in den Kübel und vor mir liegt das Computerherz der Scene Switch.

Das ist es, was die Philips Scene Switch so halb smart macht

Mit dem Freilegen der Platine gibt mir die Scene Switch ihre letzten Geheimnisse preis. Ich werde nicht in den Code blicken, denn ein Blick auf die grüne Plastikplatte, die farbigen Resistoren und Kondensatoren, zeigt mir wie das Ding funktioniert. Mission accomplished.

Der Strom, der die LEDs zum leuchten bringt, wird durch eine von mir nur leicht angesägte Kupferspule gejagt, die auch den Computer mit Strom versorgt. Die grüne Platine fungiert als eine Art Miniatur-Mainboard und die Kondensatoren und die kleinen Chips speichern wohl nur drei Outputwerte: 100, 40 und 10. Zudem können sie von 0 bis 5 zählen, was den Sechs-Sekunden-Aus-Mechanismus erklärt.

Eigentlich ist der Aufbau der Scene Switch simpel.

  • Die runde Glühbirne sorgt für eine Verteilung des Lichts
  • Die flach angebrachten LEDs sorgen für das Licht
  • Die Platine speichert Einstellungen und hat eine kleine Batterie, die den Speicher am Leben hält

So simpel das auch sein mag, so interessant ist die Umsetzung. In einem Zeitalter wo High-Tech der letzte Schrei zu sein scheint, kann auch simple Technologie erstaunen und Fragen aufwerfen, deren Antworten nur mit einer Flex zu finden sind. Ach ja, Spass hat es auch gemacht. Gebe ich offen zu.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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