
Kritik
«Tron: Ares» ist schön und laut – nur mutig ist er nicht
von Luca Fontana

Was, wenn der gefährlichste Jäger des Universums der Schwächste seines Clans ist? «Predator: Badlands» kehrt die Formel um – und erzählt ein Monster-Märchen über Ehre, Kodex und Veränderung.
Keine Sorge: Die folgende Filmkritik enthält keine Spoiler. Ich verrate dir nicht mehr, als ohnehin schon bekannt und in den Trailern zu sehen ist. «Predator: Badlands» läuft ab dem 6. November im Kino.
als Jäger mit Kodex.
Mit «Predator: Badlands» treibt Trachtenberg diesen Gedanken weiter. Er erzählt nicht die x-te Geschichte über Menschen, die gegen ein Monster überleben müssen, sondern eine, in der sich das Monster zuerst beweisen muss, um zu überleben. Das fühlt sich gut an. Neu. Vielleicht sogar überraschend.
Dass Hollywood es überhaupt noch schafft, mich zu überraschen, hätte ich ehrlich nicht gedacht. Zu oft werden alte Marken ausgepresst, bis auch die letzte Nostalgie verdunstet ist. Aber siehe da: «Predator: Badlands» beweist, dass selbst ein totgeglaubtes Franchise neues Blut lecken kann – wenn man es nur lässt. Da soll noch einer sagen, es gäbe keine frischen Ideen mehr in Hollywood. Es gibt sie. Nur hört ihnen selten jemand zu.
Gut also, dass man sich bei 20th Century Studios einen Ruck gegeben hat und Dan Trachtenberg, der «Badlands» nicht nur inszeniert, sondern auch mitgeschrieben hat, einen Platz am grossen Tisch gewährte. Aber während «Prey» eine Rückkehr zu den Wurzeln war, ist «Badlands» ein mutiger Sprung nach vorne.
Der Film beginnt nämlich dort, wo man ihn am wenigsten erwartet: bei einem Yautja, der nicht siegt. Dek ist der schwächste Jäger seines Clans, und damit ein Ausgestossener in einer Kultur, die Ehre mit Trophäen misst. Schwäche ist Schande, und Schande gehört getilgt. Oder besser: gejagt und getötet.
Auf der Flucht sucht Dek darum ausgerechnet auf einem Planeten Zuflucht, den selbst seine Spezies fürchtet. Dort haust nämlich ein Wesen, das als unbesiegbar gilt. Und für Dek ist klar: Wenn er der Schwächste ist, liegt sein Weg zum Überleben darin, den Stärksten zu besiegen – und damit die grösste aller Trophäen für sich zu beanspruchen …
Plötzlich sind die Rollen vertauscht. Der Jäger wird zur Beute, das Monster zum Underdog. Trachtenberg kehrt die Formel zwar um, bricht sie aber nicht. Er macht den Yautja nicht menschlich. Er macht nur das Menschliche im Yautja sichtbar. Seine Verletzlichkeit. Seine Wut. Seine Angst, bedeutungslos zu sein.
Und Dek? Der bewegt sich wie ein Fremdkörper durch ein Ökosystem, das ihn ablehnt – ein Jäger, der in einem Reich gelandet ist, in dem alles jagt.
Geil.
Und doch – spätestens dann, wenn an Deks Seite eine menschlich wirkende Begleiterin auftaucht, höre ich sie schon, die empörten Stimmen der Fans der ersten Stunde: «Ein Predator, der sich mit jemandem anfreundet? Sakrileg! Verrat am Erbe!» Doch genau das ist das Missverständnis. Dan Trachtenberg verrät gar nichts. Im Gegenteil. Gleich zu Beginn blendet der Film ein, wer die Yautjas sind:
«A Yautja is no one’s friend. A Yautja is everyone’s predator.»
Die Yautja sind keine Kameraden. Sie sind Jäger. Der Satz zieht sich wie eine Gravur durch den gesamten Film. Aber – Jäger nutzen Werkzeuge. Manche sind grob: Klingen, Speere, Netze. Andere sind raffinierter: Unsichtbarkeitsfelder, Wärmescanner, Laserkanonen, deren Treffgenauigkeit fast unheimlich ist. Alles dient demselben Zweck: das Töten zu perfektionieren.
Thia, besagte Begleiterin, eine synthetische Überlebende der Weyland-Yutani-Corporation, ist nur die nächste logische Erweiterung davon. Ein Werkzeug. Kein Lebewesen. Als Androidin – oder genauer Synthetic – ist sie nicht mehr als eine Maschine. Etwas, das man benutzt, um zu jagen. In diesem Fall sogar, um zu überleben. So zumindest redet sich das Dek schön, um nicht in Konflikt mit seinem eigenen Yautja-Kodex zu geraten.
Dass es ausgerechnet die synthetische Thia ist, die ihn für einen «Predator»-Film mit überraschend viel Wärme und Humor auf diesen Weg bringt, stört mich nicht. Ich mag diese Entwicklung sogar. Sie geschieht schleichend, fast unbemerkt. Etwa, wenn Dek aus den zahlreichen Fehlern, die er zunächst macht, lernt und das Gelernte schliesslich gegen seine Feinde einsetzt.
Für mich ist das nicht die Schwächung eines Mythos, sondern dessen dringend benötigte Weiterentwicklung.
Wenn Dek etwa seine Gegner zerfetzt, spritzt das Blut. Fliegen Gliedmassen. Zerschellen Körper. Genau darum gibt die FSK – zumindest hierzulande – den Film auch erst ab 16 Jahren frei.
Dabei bleibt «Badlands» erstaunlich elegant in seinem Tempo. Kein Moment zieht sich, kein Kampf dauert zu lange. Trachtenberg hat das perfekte Gespür dafür, wann die Spannung explodieren und wann sie atmen muss. In einem Moment zerreisst ein gleissender roter Energiestrahl das Unterholz, im nächsten herrscht wieder diese gespenstische Stille, die sich wie eine zweite Haut über den Film legt.
Jep, Trachtenberg hat auch handwerklich einiges auf dem Kasten.
Mit «Predator: Badlands» zeigt Dan Trachtenberg, dass es keinen radikalen Bruch braucht, um ein Franchise neu zu beleben. Nur Mut, was Neues zu probieren. Denn er schaut dorthin, wo andere bloss das Monster sahen: ins Innere der Kreatur. In seine Kultur, seinen Kodex, seinen Zweifel.
Natürlich ist «Badlands» damit kein Meilenstein der Filmgeschichte. Aber er ist ein verdammt gut gemachter Actionfilm. Rau, packend und erstaunlich elegant inszeniert. Ein Film, der weiss, wann er laut sein muss, wann leise und wann er sogar mit den Augen zwinkern darf. «Badlands» trägt dabei eine klare Handschrift: die eines Regisseurs, der weiss, was er tut.
Ich denke, darin liegt Trachtenbergs grösster Erfolg. Er macht den Mythos nicht grösser, als er ist – er erinnert nur daran, warum er überhaupt funktioniert hat. «Predator: Badlands» ist kein Prestigeprojekt, sondern ehrliches, handwerklich starkes Genrekino. Und das allein reicht völlig, um mich wieder glauben zu lassen, dass selbst ein alter Jäger noch überraschen kann.
Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.
Welche Filme, Serien, Bücher, Games oder Brettspiele taugen wirklich etwas? Empfehlungen aus persönlichen Erfahrungen.
Alle anzeigenEs gibt Kinofiguren, die lassen sich nicht töten. Nicht mit Kugeln, nicht mit Zeit. Der Predator gehört dazu. Oder genauer gesagt: die Yautja, jene Spezies, die einst Arnold Schwarzenegger im Dschungel von Zentralamerika das Fürchten lehrte. «If it bleeds, we can kill it», sagte Arnold zwar 1987. Trotzdem war sein One-Liner der Beginn einer Mythologie – wenn auch einer, die in den folgenden Jahrzehnten fast an trashigen Reboots und Crossover-Fantasien zugrunde ging.
Und dann kam Dan Trachtenberg. Schon 2022 mit «Prey» und vor Kurzem mit «Killer of Killers» zeigte er dem Franchise, was passiert, wenn man das Monster, das aus dem Macho-Kult der Muskelberge geboren wurde, wieder ernst nimmt. Auch, weil er zweifellos ein Verständnis für die Yautja hat, wie es seit Ur-Regisseur John McTiernan keiner mehr hatte:


Vor allem aber zieht uns Trachtenberg tief hinein in diesen Körper aus Stahl und Fleisch und zeigt, wie jede Bewegung zu einem Überlebensakt wird: Der Planet, auf dem Dek strandet, ist keine trostlose Ödnis, sondern ein blühendes Inferno. Zwischen den moosbewachsenen Bäumen lauern Raubtiere, deren Zähne wie Glasscherben funkeln. Äste greifen nach allem, was sich bewegt. Gebüsche speien Gift. Würmer explodieren. Selbst das Gras ist eine Waffe, so scharf, dass es Fleisch zerschneidet, sobald man es berührt.


Dek bleibt dabei stets, was er ist: ein Killer. Und kein dummer. Er ist zwar jung, übermotiviert, für einen Yautja eher schmächtig und manchmal zu forsch – doch er lernt. Immer. Er analysiert, beobachtet, passt sich an. Und genau darin liegt diese frische neue Richtung, in die sich «Badlands» traut, zu gehen: Der Film zeigt einen Yautja, der nicht stärker wird, weil er brutaler wird, sondern weil er begreift, dass Stärke ohne Anpassung nichts wert ist.
Eines noch: Auch wenn «Predator: Badlands» in den USA mit einem PG-13-Rating durchgewunken wurde, was viele Fans zu Recht besorgt hat – zahm ist hier gar nichts. Dan Trachtenberg inszeniert Gewalt mit einer physischen Direktheit, die schmerzt. Das ist aber nichts Neues. Das wissen wir schon von «Prey» und «Killer of Killers».


DJI Mini 4 Pro (RC-N2)
34 min, 249 g, 48 Mpx