Siemens auf der IFA: Von Kühlschränken und intelligenten Öfen
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Siemens auf der IFA: Von Kühlschränken und intelligenten Öfen

Luca Fontana
3.9.2019

Siemens präsentiert an der IFA in Berlin Weltneuheiten, die verblüffen wollen – am Beispiel des Metropolitan Lifestylers. Trotz viel Marketing-Geschwafel: Interessant sind die neuen intelligenten Haushaltsgeräte allemal.

Weltneuheiten. Das Wort betont der charismatische Roland Hagenbucher, Geschäftsführer Siemens, als er die üppig ausgestattete Küche betritt, die zu seiner persönlichen Bühne wird. Dann spricht er über Megacitys – riesengrosse Metropolen. Immer mehr davon gibt‘s auf der Welt. Entsprechend habe sich Siemens mit seinen Haushaltsgeräten dem Metropolitan Lifestyle verschrieben.

Fragt sich nur, was zum Henker das zu bedeuten hat.

Metropolitan Lifestyler: Reden wir über Laura, Steffen und Andreas

Wenn Siemens vom Metropolitan Lifestyler redet, dann geht’s um Urbanisierung. Dem Trend weg vom Land, hin zur Stadt. Dahin, wo Pioniere leben, die neue Konsum- und Lebensstile ausprobieren. Early Adopter werden sie auch genannt, also frühe Adaptierer.

Etwa zweitausend dieser Early Adopters hat Siemens in Deutschland befragt. Zweihundert davon gehören offenbar der Kategorie der Metropolitan Lifestyler an. Aha. Um zu verdeutlichen, was es mit dem Lifestyle auf sich hat, holt Hagenbucher aus. Drei fiktive Menschen — Buying Personas — werden vorgestellt: Die 25-jährige Laura aus Berlin, der 63-jährige Steffen aus Köln und der 40-jährige Andreas aus München.

Darf ich vorstellen? Laura, Steffen und Andreas.
Darf ich vorstellen? Laura, Steffen und Andreas.

Du musst wissen: Marketing-Menschen lieben es, sich solche ganz detaillierten, fiktiven Profile auszudenken und mit Marketing-Bla auszuschmücken. So können sie sich besser vorstellen, wem genau sie ihre Produkte überhaupt verkaufen wollen.

Laura geht nach der Arbeit gerne bis spät abends aus. Macht Party. Steffen ist sportlich und nimmt an Marathons teil. Andreas ist politisch engagiert und FC-Bayern-München-Fan. Alle drei sind weltoffene Menschen und interessieren sich für technische Innovationen. Alle drei lieben das Stadtleben. Denken, dass sie da mehr Work-Life-Balance haben. Dennoch empfinden sie das Stadtleben als anstrengend, hektisch und wünschen sich entlastende Lösungen.

Da kommt Technologie ins Spiel. Denn Technologie sei für Laura, Steffen und Andreas nicht bloss Spielerei oder Freizeitbeschäftigung, sondern auch etwas, das den Alltag erleichtern und effizienter machen soll. Nur dann seien Innovationen wirklich nützlich.

The Circle of Life der Metropolitan Lifestyler?
The Circle of Life der Metropolitan Lifestyler?

Unsere drei Metropolitan Lifestyler wünschen sich von ihren Haushaltsgeräten also effiziente Schnellprogramme, intelligente Services und überhaupt etwas Mitdenken. Schlüssel dazu sei das Internet: das Internet der Dinge — the internet of things. Die Lifestyler legen Wert auf Ausstattung und sind auch mal bereit, dafür etwas mehr Geld auszugeben. Gerade in der Küche. Denn das sei für sie nicht nur Kochnische, sondern bei Besuchen auch ein Begegnungsort, der Persönlichkeit und Status zum Ausdruck bringt.

Da sind wir wieder. Tief in Marketingsprech-Territorium.

Smarte Waschmaschinen und bügelnde Trockner

Roland Hagenbucher steht zwar in der Küche, redet zunächst aber von Waschmaschinen. Das besondere am neuesten Modell, dem iQ800, sei «powerSpeed 59». Es bedeutet, dass 5 Kilo Wäsche in weniger als einer Stunde gewaschen werden. Das geht, in dem Waschmittel direkt in die Textilie eingebunden wird, was Schmutz besser bekämpft, bei noch weniger Wasserverbrauch: Energieeffizienzklasse A+++.

Die KI soll zudem erkennen, wie schmutzig die Wäsche ist und das Waschprogramm entsprechend anpassen. Die KI erkennt auch, wie mies die Wäsche riecht, selbst wenn sie keine Flecken hat: Durch das Einsprühen von Aktivsauerstoff werden schlechte Gerüche entfernt. «Das spart Zeit, wenn ein gebrauchtes, fleckenloses Hemd mal eben aufgefrischt werden muss», so der Geschäftsführer.

Die beiden sind wie füreinander gemacht.
Die beiden sind wie füreinander gemacht.

Der dazu passende Trockner hat dieselbe Modellbezeichnung wie die Waschmaschine: iQ800. Laut Hagenbucher der komfortabelste Trockner der Welt. Oha. Okay. Der ist vielleicht etwas voreingenommen. Aber seine Aussage beruht auf drei Eckpfeilern, die es in sich haben:

  1. «Intelligent Dry»: Die Waschmaschine wird über WLAN mit dem Trockner vernetzt und sendet alle relevanten Informationen des benutzten Waschprogramms zum Trockner. Dieser wählt dann automatisch das entsprechende Trocknungsprogramm und passt es individuell an.
  2. «Intelligent Cleaning»: Ein System, das den Flusensieb selbstständig ausspült. Die Flusen gelangen in ein Depot, das nur alle 20 Trocknungsvorgänge geleert werden muss.
  3. «Smart Finish»: Trockene und hochwertige Textilien wie Hemden können in den Trockner gelegt werden. Anschliessend wird heisser Dampf in den Trockner gesprüht, der die Wäsche von Knittern und Falten befreit. Damit entfällt das lästige Bügeln.

Das klingt schon ziemlich komfortabel. Womöglich hat Hagenbucher ja doch recht.

Flexibler Induktionsherd und Design-Abzugshauben

Ganz stolz zeigt Roland Hagenbucher auf die pechschwarze Herdplatte vor ihm: Da ist keine Bedruckung zu sehen. Von «Active Light» redet er dann. Einer blauen Aktivmatrix, die den Induktionsherd von unten her beleuchtet. Das sieht tatsächlich sehr schick aus. Wirklich beeindruckend ist aber, was bei Siemens «vario Motion» genannt wird: Die beheizte Fläche passt sich via Sensor automatisch an die Form der benutzten Töpfe und Pfannen an.

Da kannst du Tetris mit Bratpfannen spielen. Das meine ich ernst. Und ich find’s super.
Da kannst du Tetris mit Bratpfannen spielen. Das meine ich ernst. Und ich find’s super.

Dann geht’s um Abzüge. Siemens bietet Herdplatten an, wo der Abzug integriert ist. Statt nach oben entweicht der Dampf also seitlich. Den Aufsatz kann mit einem Handgriff entfernt und in der Spülmaschine gewaschen werden.

Induktionsherd mit eingebautem Abzug. Recht nice.
Induktionsherd mit eingebautem Abzug. Recht nice.

Stolz ist Hagenbucher aber auf den Designer-Dunstabzug, der oben an der Decke an vier Stahlseilen hängt. «Dem Metropolitan Lifestyler liegt Design ja sehr am Herzen», sagt er. Die Abzugshaube sieht tatsächlich sehr elegant aus und kann via Sprachbefehl auch rauf- und runtergelassen werden, je nach Bedarf.

Live zu sehen gab’s den Abzug am Stahlseil leider nicht.
Live zu sehen gab’s den Abzug am Stahlseil leider nicht.

Anschliessend zeigt der Siemens-Geschäftsführer das Innere eines Weinlagerschranks, wo auf jeder Ebene LED-Lichter für unterschiedliche Stimmungen sorgen — «der Metropolitan Lifestyler möchte ja seine Persönlichkeit zum Ausdruck bringen» — und einen amerikanischen Side-by-Side-Kühlschrank mit einem eingebauten Eiswürfel-Zubereiter. Im Inneren des Kühlschranks befindet sich eine Netzwerkkamera, mit der jederzeit auf dem Handy geprüft werden kann, was noch da ist und was nicht. Gerade beim Einkauf sehr nützlich. Hashtag foodwaste und so.

Vernetzung via Amazons Alexa

Ganz zum Schluss geht’s noch um Vernetzung. So sei die Home-Connect-App Siemens erneuert worden, um Haushaltsgeräte noch einfacher zu steuern. Zudem sollen immer mehr Geräte via Amazons Alexa sprachgesteuert werden. Das demonstriert Hagenbucher sogleich: «Sesam öffne dich», sagt er, und hinter ihm öffnet sich der Pizza-Backofen. Applaus von den Rängen der Medienschaffenden.

Roland Hagenbucher spricht zu Alexa.
Roland Hagenbucher spricht zu Alexa.

Summa summarum: Metropolitan Lifestyler erwarten von ihren Geräten viel mehr, als bloss, dass der Kühlschrank kühlt oder die Herdplatte heizt. Hagenbucher: «Haushaltsgeräte sollen smart sein und Komfortfunktionen bieten, die den Alltag unterstützen.» Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Siemens mit diesen ominösen Metropolitan Lifestyler eigentlich nur Bedürfnisse schaffen will, die es noch gar nicht wirklich gibt.

Dennoch: Die Zukunft des Smart Homes bleibt höchst interessant.

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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