Totgesagte fliegen länger
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Totgesagte fliegen länger

Der Marshelikopter Ingenuity galt als Testgerät, von dem nicht einmal klar war, ob es auf dem Mars überhaupt abheben könnte. Nun hat die Drohne ihren 50. Flug absolviert.

Vor fast zwei Jahren hob der Marshelikopter Ingenuity das erste Mal ab. Damals wollte die NASA das ultraleichte Rotorgerät nur zu Testzwecken insgesamt fünfmal aufsteigen lassen. Dieser Plan ist jedoch längst überholt: Nun hat Ingenuity am 13. April 2023 seinen 50. Flug absolviert, wie die US-Raumfahrtbehörde in einer Pressemitteilung berichtet.

Auf seinem Jubiläumsflug stellte der kleine Helikopter zudem einen neuen Höhenrekord auf: Er stieg laut NASA 18 Meter auf. Ingenuity legte dabei eine Strecke von mehr als 322 Metern zurück und benötigte dafür knapp zweieinhalb Minuten. Anfangs galt der Einsatz des Fluggeräts als reine Testmission – es ging darum zu zeigen, dass ein Minihelikopter überhaupt auf dem Mars genutzt werden könne. Inzwischen hat die NASA das ursprüngliche Vorhaben angepasst: Ingenuity hilft aus der Luft, das Terrain zu erkunden und so die Arbeit des Marsrovers Perseverance am Boden zu erleichtern.

«Als wir zum ersten Mal geflogen sind, dachten wir, sehr froh sein zu können, wenn wir fünf Flüge schaffen würden», sagt Teddy Tzanetos vom Jet Propulsion Laboratory im kalifornischen Pasadena, das den Helikopter konstruiert hat, gemäss der Pressemitteilung. «Wir haben die erwartete kumulative Flugzeit seither um 1250 Prozent und die erwartete Flugstrecke um 2214 Prozent übertroffen.» Wie lange Ingenuity aber noch einsatzfähig sei, liesse sich, so Tzanetos, nicht vorhersagen. Das Gerät zeige aber bereits deutliche Abnutzungsspuren.

© NASA / JPL-Caltech / ASU / MSSS / Flieg, Ingenuity, flieg! Der kleine Helikopter absolvierte seinen 47. Flug am 9. März 2023. Das Video zeichnete die Mastcam-Z des Marsrovers Perseverance auf.

Vor dem ersten Testflug war unklar, ob Ingenuity überhaupt aufsteigen könnte: Die Marsatmosphäre ist extrem dünn – auf dem Boden beträgt ihr Druck weniger als ein Prozent verglichen mit den Bedingungen auf der Erde. Allerdings herrscht auf dem Roten Planeten eine schwächere Schwerkraft, so dass Ingenuity nur etwa ein Drittel seines irdischen Gewichts hat. Damit der Minihelikopter trotz der erschwerten Bedingungen einsatzfähig sein würde, hatten die Ingenieure ihn aus extrem leichten Materialien gebaut. Das Gerät wog auf der Erde nur 1,8 Kilogramm und ist einen halben Meter hoch. Es verfügt über zwei gegenläufige Rotoren, die 1,2 Meter in der Länge messen. Das Leichtgewicht fliegt gemäss einer vorprogrammierten Route, die von der Erde aus über den Marsrover übermittelt wird. Denn auf Grund der weiten Entfernung und der dadurch bedingten Verzögerung von Funksignalen kann Ingenuity nicht direkt gesteuert werden.

Die NASA schickte den Marshelikopter Ende Juli 2020 zusammen mit dem Marsrover Perseverance ins All. Im Februar 2021 erreichte die Mission den Roten Planeten. Nachdem die Landesonde im Jezero-Krater auf der Nordhalbkugel aufgesetzt hatte, führte die NASA am 19. April 2021 erfolgreich den ersten Testflug mit dem kleinen Helikopter durch. Dabei schwebte das Vehikel zirka 39 Sekunden über dem Marsboden, in einer Höhe von drei Metern.

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Titelbild: © NASA/JPL-Caltech/ASU/MSSS (Ausschnitt) Marsrover Perseverance fotografierte den Marshelikopter am 15. Juni 2021, als er am Boden ruhte.

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