Deine Daten. Deine Wahl.

Wenn du nur das Nötigste wählst, erfassen wir mit Cookies und ähnlichen Technologien Informationen zu deinem Gerät und deinem Nutzungsverhalten auf unserer Website. Diese brauchen wir, um dir bspw. ein sicheres Login und Basisfunktionen wie den Warenkorb zu ermöglichen.

Wenn du allem zustimmst, können wir diese Daten darüber hinaus nutzen, um dir personalisierte Angebote zu zeigen, unsere Webseite zu verbessern und gezielte Werbung auf unseren und anderen Webseiten oder Apps anzuzeigen. Dazu können bestimmte Daten auch an Dritte und Werbepartner weitergegeben werden.

Hintergrund

Ultra HD Premium: Noch ein Logo, das die Welt nicht braucht

Luca Fontana
16.1.2018
Bilder: Thomas Kunz

Labels sollten für die Kunden Klarheit schaffen. Das geht aber oft schief. Neustes Beispiel: Ultra HD Premium. In der Theorie gut, in der Praxis irrelevant. Hier erfährst du, wo das Problem liegt.

Oft drohen wir Normalsterbliche am Begriffe-Wirr-Warr der Technik-Branche zu scheitern. Kennst du das, wenn du kurz vor einer grossen Investition stehst und kurzzeitig zum Experten der Stunde mutierst? Weil dann liest du ganz viele schlaue Artikel, informierst dich, fachsimpelst mit dem Verkäufer im Laden, bringst das neuerworbene Objekt der Begierde nach Hause und gönnst dir einen ordentlichen Schulterklopfer.

Eine Weile hält das angenehme Gefühl der Weisheit an.

Dann, gefühlte 10 Jahre später, stehst du wieder auf Anfang. Weil neue Begriffe, Logos und Labels dir «the next incoming of Jesus» versprechen. Die Hersteller erfinden neue Features, von denen du gar nicht wusstest, dass du sie willst. Etwa so, wie wenn du nach dem Kardio-Training schmerzhaft Muskeln bemerkst, deren Existenz dir bis dato verborgen blieb.

Ein bisschen in diese Kerbe schlägt die UHD Alliance, die uns Anfang 2016 mit ihrem eigenen, exklusiven Beitrag in Form eines Labels beglückte: Nach wochenlangen, knochenharten und kontrovers geführten Verhandlungen mit den Herstellern erblickte «Ultra HD Premium» das Licht der Welt.

Das erklärte Ziel ist es, Ordnung ins Logo-Chaos der Hersteller zu bringen: Das Label soll dir signalisieren, dass der Fernseher deiner Wahl die Mindestanforderungen erfüllt, um die volle Dröhnung High-End zu garantieren – «premium» High-End eben.

Also alles klar in Sansibar? Mitnichten.

Bevor wir rennen, lernen wir zu laufen: Was ist Ultra HD?

Marketing, wie wir es kennen und lieben.

Aber legen wir den sarkastischen Unterton beiseite. Zumindest für die folgenden Zeilen. Denn die Absicht hinter dem (nicht mehr ganz so) frischen Label ist durchaus löblich.

Warum? Hier meine Theorie: Vermutlich liegt es daran, dass sich kaum ein Kunde vorstellen kann, was er kriegt, wenn Ultra HD auf der Verpackung steht. Offenbar liegt der Ausdruck zu nahe an Full HD, reime ich mir mal zusammen, und die Verwechslungsgefahr ist entsprechend hoch. Deswegen propagieren die Hersteller weiterhin den dem Begriff «4K», weil hier die Kunden besser verstehen, dass sie es mit etwas ziemlich ultra Hochauflösendem zu tun haben.

Du siehst: Wenn «4K» draufsteht, bekommst du meistens gar keine 4K-Auflösung, sondern Ultra HD (3840 horizontale Bildpunkte). Ich meine, wen kümmert schon der Anspruch auf hundertprozentige Korrektheit?

Was bedeutet Ultra HD Premium?

Kommen wir zum Filetstück dieses Artikels, der Gretchenfrage, um die sich alles dreht: Was zum Teufel ist Ultra HD Premium denn nun?

Es handelt sich um ein Label, das von der UHD Alliance Anfang 2016 ins Leben gerufen wurde. Mitglieder dieser Allianz sind unter anderem Hersteller und Filmstudios wie Samsung, LG, Sony oder Panasonic sowie Disney oder 20th Century Fox. Ebenfalls mit an Bord ist Netflix.

Das Ziel: Der Kunde soll im Logo-Chaos erkennen, welche Fernseher tatsächlich die komplette High-End-Erfahrung bieten, wie es sich der anspruchsvolle Käufer vorstellt. Sprich: Die beste Auflösung, die besten Kontraste, die schönsten Farben. Die Anforderungen sind für alle Hersteller gleich, damit niemand schummeln kann, und ein unabhängiges Gremium der UHD Alliance vergibt die Labels.

Die Anforderungen an deinen Premium-TV lassen sich auf folgende vier Eckpunkte reduzieren: Auflösung, Farbtiefe, Farbraum und Dynamikumfang. Sie sind alles andere als trivial, wie du gleich erkennen wirst.

1. Mindest-Auflösung 3840 × 2160 Pixel

Nun, das ist noch der einfache Teil. Die Auflösung des TVs muss mindestens derjenigen von Ultra HD entsprechen. Egal welche Zoll-Grösse, das Bild deiner Glotze besteht stets aus mindestens 8 Millionen Pixeln. Full HD-Fernseher haben im Vergleich dazu genau einen Viertel der Bildpunkte.

2. Die Farbtiefe muss mindestens 10 bit betragen

Hier handelt es sich um eine Illustration zur Verdeutlichung der Unterschiede zwischen 10-bit und 8-bit. Der Unterschied wäre besonders bei der Sonnenspiegelung auf dem Wasser bei den wenig fliessenden Übergängen zu erkennen.

Mehr zum Thema HDR findest du hier:

Beachte: Ein einziges Bild wird nie mit so viel unterschiedlichen Farben gleichzeitig dargestellt. Dennoch – je grösser das Farbspektrum, aus dem dein TV das perfekte Bild zusammensetzen kann, desto natürlicher wirkt das Bild auf das menschliche Auge. Unabhängig davon, ob du die Anzahl unterschiedlicher Farben bewusst wahrnehmen kannst oder nicht.

3. Über Farbräume: BT.2020 und DCI-P3

Die ersten zwei Anforderungen erfüllt fast jeder Mittelklasse-Fernseher, den du heute im Handel kriegst. Ganz anders sieht es mit dem Farbraum aus: Hier trennt sich die Spreu vom Weizen!

Eine kleine Vorwarnung: Wenn dir das oben schon zu technisch war – es wird leider nicht besser. Sorry.

Nur, dass wir in unserem Fall von Dingen wie Hellrot, Blütenweiss oder Kadettenblau sprechen. Niedlich, oder?

Bildliche Darstellung der gängigsten Farbräume inklusive DCI-P3 und BT.2020 (Rec. 2020). Bildquelle: Tested.com

Innerhalb des definierten Farbraums befinden sich also, wie in einem Vokabular, genau definierte Farben. Ein Ultra HD Premium-Fernseher muss die Farben innerhalb des Farbraums des BT.2020-Standards verarbeiten können und bei der Wiedergabe mindestens 90% der Farben des DCI-P3-Standards abdecken. Herkömmliche Full HD-Fernseher geben im Vergleich dazu bloss den sRGB / Rec. 709 Standard wieder, der wiederum nur 80% des DCI-P3 Farbraums abdeckt.

Auch hier handelt es sich um eine Illustration zur Verdeutlichung der Unterschiede zwischen den verschiedenen Farbräumen.

Oder um bei meiner Metapher zu bleiben: BT.2020 ist eine Sprache mit einem noch grösseren Vokabular als DCI-P3, sozusagen.

4. Mindest-Dynamikumfang bei HDR

HDR ist nicht gleich HDR. Auf die Gefahr, mich zu wiederholen: Lies den oben verlinkten Artikel, wenn du Lust hast, um einen tieferen Einblick ins Thema zu bekommen. An dieser Stelle werde ich nur so tief in die Thematik eingehen, wie für diesen Artikel nötig ist.

HDR ist die Abkürzung für High Dynamic Range. Es bedeutet, dass der Kontrastumfang, also der Unterschied zwischen dem dunkelsten und dem hellsten Bereich im Bild, um ein Vielfaches höher ist als bei herkömmlichen Full HD-TVs. Dadurch lassen sich noch mehr, noch sattere und noch natürliche Farben darstellen als je zuvor.

Um mit dem Ultra HD Premium-Label ausgezeichnet zu werden, muss ein Fernsehgerät in puncto Kontrastumfang gewissen Mindestanforderungen entsprechen. Ich erklärs dir.

Momentan beherrschen zwei unterschiedliche Technologien den TV-Markt: LCD und OLED. Der wesentliche Unterschied dieser beiden Technologien ist, dass bei OLED-Bildschirmen die Leuchtdioden (Pixel) organisch sind und sich bei Bedarf selber an- oder ausknipsen. Genau wie bei einer Lampe. Der Vorteil: Ein unerreicht tiefer Schwarzwert. LCD-Bildschirme hingegen strahlen heller, was lichtdurchfluteten Wohnzimmern zugutekommt.

Klar, ein bisschen getrickst wurde schon. Das Bild soll dir nämlich veranschaulichen, wie HDR durch den enormen Kontrastumfang das Farbspektrum erhöht und so für noch sattere und natürlichere Farben sorgt.

Der UHD Alliance ist es egal, wie hell das Bild leuchtet oder wie tief das dargestellte Schwarz ist. Vielmehr geht es um den Unterschied zwischen jenen zwei Extremen. Es kommt nicht darauf an, ob LCD oder OLED die angewandte Technik ist – Hauptsache, der Kontrast- oder Dynamikumfang entspricht einer gewissen Mindestspannweite. Um diese zu erreichen, gibt es zwei Varianten:

  • Variante 1: Eine Spitzenhelligkeit von mindestens 1000 Nit bei einem Schwarzwert von maximal 0.05 Nit.
  • Variante 2: Eine Spitzenhelligkeit von mindestens 540 Nit bei einem Schwarzwert von maximal 0.0005 Nit.

Oder mit anderen Worten: Die UHD Alliance hat einen Weg gefunden, alle glücklich zu machen – juhui!

Also ist das Ultra HD Premium-Label doch noch etwas Gutes?

In der Theorie schon. Ultra HD Premium soll alles vereinen, was die neuere Generation Flachbildschirme für das anspruchsvolle Heimkino leisten müssen. Käufer richten sich nach dem Logo, und können getrost das ganze Marketing-Sprech ignorieren. Niemandem wird ein High-End-Produkt vorgegaukelt, wenn das Logo fehlt. Für den Konsumenten ein Gewinn, oder?

Was gegen das Label spricht

Der Haken: Stell dir vor, es gibt ein einheitliches Label für alle – und niemand macht mit. Gut, so schlimm ist es nicht. Es reicht aber, dass ein grosser Hersteller wie Sony – trotz Mitgliedschaft bei der UHD Alliance – nichts von Ultra HD Premium wissen will. Obwohl einige TVs des japanischen Giganten die Standards durchaus erfüllen.

Wenn die Hersteller dann noch ihre eigenen Marketing-Begriffe in das kunterbunte Sammelsurium an Logos und Labels werfen, ist das Chaos perfekt. So setzen Samsung und LG lieber auf «SUHD» oder «Super Ultra HD», während Panasonic und Sony auf das hauseigene 4K-Logo schwören. Und als ob das nicht genug wäre, gibt es noch die kaum genügend erklärten Ultra-HD-Blu-rays, die seit Frühjahr 2017 mit einem eigenen 4K-Siegel auf den Markt gebracht werden.

Wer soll hier noch den Überblick bewahren?

Ein doofer Trend

Schlechte Display-Einstellungen? Jep, manche Hersteller stimmen die Hardware-Komponenten so sehr auf die Ultra HD Premium-Voraussetzungen ab, dass gewisse Einstellungen vorgenommen werden, obwohl sie für den Fernseh-Genuss nicht optimal sind. Etwa dann, wenn das Bild so hell strahlt, dass es dir beim Betrachten die Augen aus dem Kopf brennt. Mühsames nachjustieren, bis der Bildeindruck wieder stimmt, ist angesagt.

Und der Handel?

Ausblick

84 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


Hintergrund

Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

Alle anzeigen