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Hintergrund

Von der Idee zum PC-Gehäuse-Designerstück: ein Blick hinter die Kulissen bei Be Quiet

Kevin Hofer
20.10.2025
Bilder: Kevin Hofer

Beim PC-Komponentenhersteller Be Quiet im norddeutschen Glinde entstehen PC-Gehäuse, die längst mehr sind als einfache Metallboxen. Ein Besuch gibt Einblicke in die komplexe Entwicklung moderner Computer-Gehäuse – von der Idee bis zum fertigen Produkt.

Die Fahrt nach Glinde bei Hamburg führt mich in eine unscheinbare Industriestrasse. Hier, nur wenige Kilometer östlich der Hansestadt, hat Be Quiet – «be quiet!» in eigener Schreibung – seinen Hauptsitz. Ich bin hier, um einen Blick hinter die Kulissen der Gehäuseentwicklung zu werfen – bei Marco Marquardt, Head of Business Unit für PC-Gehäuse.

Von der Skizze zum fertigen Produkt

«Es beginnt alles mit einer Marktanalyse», erzählt mir Marco, als ich ihn nach den ersten Schritten bei der Entwicklung neuer PC-Gehäuse frage. «Wir müssen wissen, was der Markt hergibt und welcher Bedarf existiert.» Sobald dieser geklärt ist, geht es in die Designphase. Als Beispiel nennt er das Light Base, Be Quiets Showcase-PC-Gehäuse.

Die Grundform mit Glasfronten war vorgegeben, aber ansonsten hatten wir freie Hand. In der Designphase entstanden ganze 25 Entwürfe.

Mit diesem ersten physischen Modell führt das Team Performance- und Kompatibilitätstests durch. Oft entdecken sie dabei Probleme: Der Platz für eine Wasserkühlung ist zu knapp bemessen, ein Kabel passt nicht durch die vorgesehene Öffnung. Jede kleinste Designentscheidung hat Auswirkungen auf Performance, Kompatibilität und dem Handling des Produkts.

Genügt ein Prototyp den Anforderungen von Marco und seinem Team, folgt die Tooling-Phase – 90 Tage, in denen die Werkzeuge für die Massenproduktion gefertigt werden. «Wir durchlaufen meist zwei bis drei Tooling-Stufen. Am Ende muss alles perfekt passen».

Die Entwicklungszeit variiert stark. «Wenn wir schnell sind, dauert es neun Monate von der Idee zum fertigen Produkt. Bei komplexeren Gehäusen wie dem Dark Base 901 waren es um die 15 Monate.» Auch wenn die Spanne relativ gross ist, hätte ich nicht erwartet, dass es so schnell geht.

Früher liess sich die Grafikkarte ohne Probleme am Slot hinten im Gehäuse verbauen. Heute müssen wir darüber nachdenken, wie wir Grafikkartenhalter am besten platzieren.

Besonders faszinierend finde ich, dass sogar verschiedene Materialien Probleme bereiten können. «Bei einem weissen Gehäuse verhält sich der Kunststoff anders als das Metall», erläutert Marco. «Wir müssen darauf achten, dass nicht zwei unterschiedliche Weisstöne entstehen.»

Zwischen Enthusiasmus und Vernunft: die Kunst des Fokussierens

Aber nicht nur technischen Herausforderungen sehen sich Marco und sein Team gegenüber. «Ich bin sehr enthusiastisch und möchte viele Features einbauen», gesteht er. «Aber oft muss ich abschätzen, ob das den Preis für die Kundschaft nicht zu stark erhöht.»

Diese Balance zwischen Innovation und Wirtschaftlichkeit zieht sich durch die gesamte Entwicklung. «Wenn ein Gehäuse maximal 80 Euro kosten darf, müssen wir überlegen: Welche Features sind für die Kundschaft in diesem Segment am wichtigsten?»

Besonders aufwändig sind die Frontplatten. «Bei einem Gehäuse haben wir mal durchgezählt – die Frontplatte bestand aus 18 verschiedenen Einzelteilen», erzählt Marco.

Die Bedeutung von Gehäusen hat sich in den letzten 20 Jahren grundsätzlich verändert. «Wenn wir alte PC-Gehäuse betrachten, die nur graue Kästen waren, die vergilbten und unterm Schreibtisch standen, sind sie heute die Bühne für die Komponenten und nehmen einen ganz besonderen Platz im Gaming Setup ein », erklärt Marco.

Vor allem Gamer stellen es sich auf den Schreibtisch. PC-Gehäuse sind heute oft Designerstücke, die sichtbar sein sollen.

Diese emotionale Komponente spiegelt sich in den aktuellen Trends wider: Das Showcase-Segment wächst kontinuierlich und gleichzeitig werden die Gehäuse kleiner.

Wo sich Prototypen bewähren müssen

Marco führt mich durch das Testlabor – einen Raum voller Messgeräte, Gehäuse-Prototypen und interessanterweise auch Konkurrenzprodukten. «Wir müssen uns angucken, was die Mitbewerber machen», erklärt er unverblümt.

Die Tests sind umfangreich: thermische Tests mit Hitze-Dummies oder echten Komponenten, Geräuschmessungen, Belastbarkeitstests für das Gehäusematerial. «Wir machen Falltests, bei denen das verpackte Gehäuse aus einem Meter Höhe auf jede Ecke fallen können muss».

Manchmal führen Tests zu überraschenden Erkenntnissen, etwa beim Airflow: «Beim Pure Base 500DX wollten wir ursprünglich zwei Lüfter vorne und einen hinten installieren», berichtet Marco. «In den Tests merkten wir aber, dass es besser ist, einen der vorderen Lüfter oben zu platzieren.» Solche Optimierungen fliessen direkt in die finale Konfiguration ein.

Auf Holz als Werkstoff bei Gehäusen angesprochen, ist Marco zurückhaltend:

Einige Mitbewerber setzen mittlerweile auf Holz. Solange wir jedoch keine sinnvolle Adaption dafür haben, machen wir es nicht.

Unterschiedliche Märkte, unterschiedliche Ansprüche

Zum Abschluss unseres Gesprächs frage ich Marco nach regionalen Unterschieden. «In Asien gilt oft ‹viel ist mehr› – mehr Schnörkel und Prunk, was in Europa nicht so gefragt ist», erklärt er. «In den USA geht der Trend stärker zu Mini-ITX, was in Deutschland noch nicht so angekommen ist.» Mit der Produktpalette könne Be Quiet die meisten Anforderungen abdecken.

Bevor ich das be Be-Quiet-Büro verlasse, blicke ich noch einmal auf die verschiedenen Gehäuse in Marcos Büro. Was auf den ersten Blick wie simple Metallkästen aussieht, entpuppt sich als hochkomplexe Ingenieurslösung. Zwischen der ersten Idee und dem fertigen Produkt liegen Monate akribischer Planung, unzählige Tests und ständigen Optimierungen.

Marco und sein kleines Team schaffen es, mit Leidenschaft und Detailversessenheit aus Stahl und Glas echte Designerstücke zu kreieren. Gehäuse, die nicht mehr unter dem Schreibtisch versteckt werden, sondern stolz darauf präsentiert werden. Der Wandel vom grauen Kasten zum emotionalen Herzstück ist mittlerweile vollzogen. Aber die Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen – und Marco mittendrin.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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