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Hintergrund

Warum ein Schweizer Fotograf Shutterstock verklagte

Samuel Buchmann
12.12.2023

Online-Diebe klauen Filmmaterial von Stefan Forster und verkaufen es über Shutterstock. Das merkt der Fotograf erst, als er seine Clips in einem SRF-Beitrag sieht. Eine Lizenz dafür hatte er nie erteilt. Der Einzelfall ist schnell geklärt, doch bei Shutterstock beisst Forster auf Granit.

MobyDOK ist darüber so überrascht wie der Fotograf selber. «Die Angelegenheit ist für uns schockierend», schreibt die Berliner Firma, als sie davon erfährt. Sie bezahlt anstandslos eine nachträgliche Lizenzrechnung über 1200 Franken. «Ich gebe SRF und mobyDOK keine Schuld», sagt Forster. «Sie dachten, dass sie die Aufnahmen legal gekauft haben und sind selber Opfer.»

Der Einzelfall ist damit abgeschlossen, doch für Forster beginnt die Odyssee gerade erst.

Nachträgliche Lizenzgebühren in der Schweiz möglich

Was schnell klar ist: Die Diebe von Forsters Bildmaterial sitzen in Ländern, in denen sie rechtlich nicht belangt werden können. Der Fotograf verlangt von Shutterstock, dass sein Material von der Plattform verschwindet. Und er möchte eine Liste der bisherigen Käufer, damit er dort wie bei mobyDOK nachträglich Lizenzgebühren verlangen kann.

Ich will von Shutterstock eine Liste der Käufer, damit ich reale Lizenzgebühren verrechnen kann.
Stefan Forster, Fotograf und Filmer

Eine solche nachträgliche Forderung ist in der Schweiz möglich. Das bestätigt Rechtsanwalt Martin Steiger, Spezialist für Recht im digitalen Raum: «Ein Vorgehen ist gegen die Bild-Anbieterin wie auch gegen die Bild-Nutzer möglich. Bei den Nutzern besteht das Problem, dass man auf wenig Verständnis stösst, denn diese haben das Bildmaterial – soweit für sie ersichtlich – lizenziert. Das muss in rechtlicher Hinsicht den Fotografen aber nicht stören.»

Wichtig sei, dass Werkinhaber beweisen können, dass sie weiterhin die Rechte an ihren Bildern besitzen, so Steiger. «Viele Fotografen treten die Rechte an Bildmaterial teilweise ab, zum Beispiel an Bildagenturen.» Bei Stefan Forster ist das nicht der Fall. «Ich benutze nie Agenturen, sondern verkaufe meine Arbeit immer nur direkt.»

Über die Höhe der Lizenzgebühren werden sich die Parteien nicht immer so schnell einig wie Forster und mobyDOK. Im Zweifelsfall muss am Ende ein Gericht entscheiden. Dort drohen gemäss Martin Steiger Überraschungen: «Fotografinnen und Fotografen müssen sich klar sein, dass ihr Bildmaterial allenfalls nicht den wirtschaftlichen Wert hat, den sie behaupten. Sie haben in dieser Hinsicht manchmal unrealistische Vorstellungen.»

Hohe Hürden bei internationalen Klagen

Das Berliner Landgericht gibt dem Fotografen schliesslich recht: Shutterstock wäre verantwortlich dafür, dass Verkäufer auf der Plattform die Urheberrechte am angebotenen Material besitzen. Der Konzern erhält deshalb eine einstweilige Verfügung und eine Rechnung für die Verfahrenskosten. «Die Anwaltskosten hat bis dahin zum Glück Photoclaim übernommen», sagt Forster. Die Gerichtskosten und die Übersetzung der einstweiligen Verfügung habe er selber bezahlt.

Je nach Geldbetrag, der auf dem Spiel steht, lohnt sich eine internationale Durchsetzung eines Urteils nicht.
Martin Steiger, Spezialist für Recht im digitalen Raum
Als Marktplatz für Kreative verlässt sich Shutterstock auf die Integrität der Nutzer bei ihren Einsendungen auf der Plattform.
Sprecherin von Shutterstock

Dilemma zwischen Sichtbarkeit und Risiko

Stefan Forster ist enttäuscht von Shutterstocks Verhalten. Die Beweislast liegt für ihn auf der falschen Seite: «Für mich als Geschädigter war es schwierig, das Material entfernen zu lassen. Auf der anderen Seite kann anscheinend jemand innert Minuten einen Account erstellen und ohne Überprüfung geklaute Bilder und Videos verkaufen.»

Wer als Fotografin oder Filmemacher von Medienhäusern gesehen werden will, braucht Reichweite.
Stefan Forster, Fotograf und Filmer

Hat Forster selber einen Fehler begangen, als er seine Filme auf YouTube hochgeladen hat? «Nein», sagt er, «es geht heute gar nicht anders.» Wer als Fotografin oder Filmemacher gesehen werden will, brauche Reichweite: «Die Scouts von grossen Medienhäusern und Werbeagenturen durchkämmen YouTube nach gutem Material. Wer dort nicht präsent ist, existiert quasi nicht.» Erst nach jahrelanger Beziehungsarbeit habe er mittlerweile direkte Kontakte, die er nutzen kann.

Forster wünscht sich Präzedenzfälle

Auch Digitec Galaxus verwendet Bilder von Shutterstock. Bei gewissen Themen wäre eine Eigenproduktion unmöglich und eine Auftragsarbeit zu teuer. SRF gibt auf Anfrage an, ebenfalls weiterhin Material von Stockagenturen als Symbolbilder zu verwenden. Auch mobyDOK schreibt, dass es ohne oft gar nicht gehe: «Wir produzieren Filme mit überregionalen Themen. Häufig benötigen wir Bilder, die wir selbst nicht drehen können, um etwas zu erzählen.»

In der Pflicht sieht Forster vor allem die Bildagenturen. Sie sollen ihre Verantwortung wahrnehmen und die Beweispflicht umkehren: «Ich finde, Firmen wie Shutterstock müssten von Uploadern einen Nachweis verlangen, dass sie die rechtmässigen Urheber sind. Zum Beispiel die RAW-Datei.»

Dass Shutterstock die Hürden für Diebe von sich aus erhöht, glaubt Stefan Forster nicht. «Solche Agenturen haben keine eigene Motivation dazu. Sie verdienen ja an Verkäufen von geklautem Material mit.» Tatsächlich sind Foren wie Reddit voll von ähnlichen Fällen wie derjenige von Forster. Damit sich das ändert, wünscht er sich rechtliche Präzedenzfälle. «Es bräuchte schmerzhafte Bussgelder, damit diese Firmen umdenken.»

Stefan Forster wird wohl keinen solchen Präzedenzfall schaffen. Auf Anraten seines Anwalts gibt er auf. Weitere Klagen wären den Aufwand nicht wert. «Ich wurde von der Realität eingeholt», sagt der Schweizer Fotograf. Dass er es versucht hat, bereut er trotzdem nicht: «Ich wollte für meine Rechte einstehen.»

Titelbild: Stefan Forster

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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