Wie sich die Temperatur auf die Lebenszeit einer SSD auswirkt
Ratgeber

Wie sich die Temperatur auf die Lebenszeit einer SSD auswirkt

Kevin Hofer
16.5.2019

Die Leistung elektronischer Teile im PC wird direkt durch die Temperatur beeinflusst. Als Faustregel gilt: Je heisser, desto langsamer. Wie sieht das bei SSDs aus?

Kürzlich habe ich die WD Black SN750 M.2-SSD mit und ohne Heatsink getestet. Die Version ohne Heatsink wurde dabei bis zu 60 °C warm. Im Gegensatz dazu wurde die SSD mit Heatsink nur bis zu 36 °C warm. User Schnaiky hat daraufhin gefragt:

  • Produkttest

    WD Black SN750 im Test: Wie schlägt sich die M.2-SSD mit Heatsink?

    von Kevin Hofer

Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Bei meiner Recherche bin ich auf diverse Artikel zu Temperaturen von SSDs gestossen. Grundsätzlich gilt es bei den Temperaturen von SSDs zwischen der Temperatur für die Lagerung von SSDs – Data Retention – und der Betriebstemperatur zu unterscheiden. In vielen Artikeln zu Temperaturen werden fälschlicherweise die Angaben zur Data Retention verwendet, obwohl diese nur in sehr wenigen Fällen anwendbar sind.

Data Retention

Bei Data Retention geht es darum, wie lange Daten am Ende der Lebensdauer einer SSD bei unterschiedlichen Temperaturen gespeichert werden. Mit dem Ende der Lebensdauer ist gemeint, wenn die SSD die maximale Anzahl an Schreib-Lösch-Zyklen erreicht hat. Das dauert übrigens sehr lange. Trifft dieser Fall doch einmal ein, werden Daten bei tieferer Temperatur länger gespeichert. Die Zellen des NAND-Flashs, der Speichertyp von SSDs, entladen sich bei hoher Temperatur schneller. So werden laut JEDEC, der Standardisierungsorganisation für SSDs, die Daten bei 40 Grad 365 Tage lang gespeichert. Bei 85 Grad nur 2 Tage. Hier findest du weitere Informationen zu Data Retention.

Betriebstemperatur

Die Data Retention gilt explizit für SSDs, die die maximale Anzahl an Schreib-Lösch-Zyklen erreicht haben, sprich: Auf denen die Daten gelagert werden. Für die reguläre Betriebszeit habe ich keine verlässlichen Zahlen gefunden. Die Angaben zur Data Retention sind nicht auf einwandfrei funktionierende SSDs anwendbar.

Bei der Betriebstemperatur verhält es sich umgekehrt zur Data Retention. Gängige NAND-Flash-Speicher sind so ausgelegt, dass sie Temperaturen zwischen -40 °C und 85 °C vertragen. Temperaturen am oberen Ende dieses Spektrums begünstigen das Schreiben und Löschen auf den Speicher: Bei tieferen Temperaturen werden die NAND-Zellen durch Schreib- und Löschvorgänge stärker belastet.

  • Hintergrund

    Eine komplexe Angelegenheit: So funktioniert eine SSD

    von Kevin Hofer

Auf die NAND-Zellen haben Temperaturen bis 85 °C erstmal keinen negativen Einfluss. Gemäss einer Studie können sie sogar von hohen Temperaturen profitieren. Werden NAND-Zellen kurze Zeit 800 °C ausgesetzt, regenerieren sie sich gemäss Studie, wenn sie am Ende ihrer Lebenszeit angekommen sind. Dazu, ab welcher Temperatur NAND-Flash-Zellen tatsächlich in Mitleidenschaft gezogen werden, habe ich keine genauen Angaben gefunden.

Hohe Temperaturen sind für den NAND-Flash im Betrieb kein Problem. Viele SSDs sind gemäss Hersteller aber nur für den Betrieb zwischen 0 °C und 70 °C ausgelegt. Das liegt an den elektronischen Komponenten wie dem Controller. Wie bei CPU und GPU sollte der Controller einer SSD nicht zu heiss werden.

In einem Aktionsbeitrag zu WD-SSDs von Kollege Jan Heidenreich hat User Flashbin auf ein Video von Gamers Nexus hingewiesen.

In dem Video empfiehlt Steve Burke bei Kühlelementen für SSDs die Wärmeleitpads nur am Controller anzubringen. Die NAND-Chips sollten weder aktiv noch passiv gekühlt werden.

Wie heiss darf’s jetzt sein?

Was bedeutet das für die empfohlene Betriebstemperatur? Temperaturen zwischen 30 °C und 50 °C unter Last sind vollkommen normal. Wenn sich die SSD unter Last für ein paar Minuten etwas mehr erhitzt, beispielsweise auf 60 °C wie bei meinem SN750-Test, ist auch das noch kein Grund zur Sorge. Wenn die SSD aber konstant im Leerlauf über 50 °C ist, sollte etwas an der Kühlung geändert werden. Bei der SN750 setzt die thermische Drosselung gemäss Computer Base bei 81 Grad ein. Sprich: Die SSD bremst sich selbst, damit sie abkühlt, und setzt dann ihre Arbeit fort. Diese Drosselung wird aber nicht vom zu heissen NAND-Flash eingeleitet, sondern vom zu heissen Controller. Ein kurzer Anstieg der Temperatur in den roten Bereich sollte also keinen negativen Einfluss auf die SSD haben – wenn es nicht regelmässig geschieht.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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