Wie Wein, nur besser: 30 Jahre Sennheiser HD 25
Produkttest

Wie Wein, nur besser: 30 Jahre Sennheiser HD 25

Kevin Hofer
5.4.2018

Gewisse Weine werden mit dem Alter besser. Irgendwann sind aber auch sie ungeniessbar. Etwas, das dem Sennheiser HD 25 nicht passieren kann. Eine Liebeserklärung zum 30. Geburtstag.

Über meine Boxen dröhnte «Soweto» von «Hieroglyphics» in ohrenbetäubender Lautstärke. Über meine Kopfhörer bekam ich davon fast nichts mit. Da lief der nächste Track – «Hip Hop» von «Dead Prez» – klar und deutlich. Die Bässe knackig und die Drums exzellent hörbar. Es eröffnete sich mir eine völlig neue Klangwelt beim Auflegen. In diesem Moment habe ich mich in den Sennheiser HD 25 verliebt.

Das war Anfang der 2000er. Ich versuchte mich im DJing. Mehr schlecht als recht, weil ich das musikalische Talent eines Lindwurms habe: Ich konnte und kann nach wie vor kein Instrument spielen, geschweige denn Noten lesen oder singen! Wenn ich meinen Mund öffne, fliegen die Vögel freiwillig in die nächste Scheibe bevor überhaupt ein Ton rauskommt. Immerhin, mein Taktgefühl ist nicht das schlechteste. Aber egal, man soll das machen, was einem Spass macht. Und das tat ich.

DJing ist ein teures Hobby, speziell, wenn man es klassisch mit Plattenspielern pflegt. Zum Glück konnte ich einem Bekannten zwei Technics SL 1210 MK II samt Mischpult für 1000 Franken abkaufen. Kein schlechter Preis, zumal die Geräte erst ein Jahr alt waren. Aber bei einem MK II sind auch zehn Jahre noch kein Alter. Wie beim HD 25 auch. Wie dem auch sei, nachdem ich 1000 Franken für das Set ausgegeben hatte, war mein mickriges Studentenbudget ausgeschöpft. Für Kopfhörer reichte es leider nicht mehr. Ein Fehler, wie sich später herausstellte.

Soundqualität und etwas Geschichte

Reviews zur Soundqualität des Sennheiser HD 25 gibt es einige. Deshalb will ich hier auch keinen Roman schreiben. Die Bässe sind wie bereits erwähnt knackig und klar. Die Mitten sind ausgeglichen und ergeben mit dem Bass ein schönes Klangbild. Nur bei den Höhen zeigt der HD 25 eine kleine Schwäche. Sie klingen manchmal etwas körnig und sind nicht so ausgewogen wie die Bässe. Egal, der HD 25 ist nicht für den HiFi-Gebrauch ausgelegt, sondern war ursprünglich für die Film- und Fernsehindustrie gedacht. Gute Dämpfung der Aussengeräusche war und ist in diesen Berufssparten Pflicht für Kopfhörer. Der On-Ear-Hörer ist aufgrund seiner geschlossenen, dynamischen Bauweise wie dafür geschaffen.

Ergonomie und etwas mehr Geschichte

Dieselben Anforderungen gelten auch fürs DJing. Der vierfache DMC Champion DJ QBert verwendet die Kopfhörer beispielsweise aufgrund seines klaren Klangs. Die Musik sei unverfälscht. Als Mitbegründer der amerikanischen Turntablism-Szene muss er es ja wissen. Der HD 25 hat sich in der Folge zu einem der populärsten On-Ear-Kopfhörern für DJs gemausert und ist es bis heute. Man kann sagen, er ist der Industriestandard.

Verändert wurde am On-Ear-Hörer in all den Jahren wenig. Es gab und gibt zwar immer neue Modelle, die Veränderungen sind aber eher kosmetischer Natur. Auch das Design traf die Ansprüche von DJs, denn das wirklich grossartige am HD 25 ist, dass alle Teile ersetzbar sind. Der HD 25 will sein Innenleben (und damit meine ich die Kabel) gar nicht verstecken. Und das ist auch richtig so. Auf diese Weise können die Kabel innert Minuten getauscht werden. Selbiges gilt für die Bügel und Polster. Wenn mal was kaputtgeht, brauche ich also nicht einen neuen Kopfhörer zu kaufen, sondern ersetze nur die nötigen Teile. Das ist aber nur selten nötig. Die Dinger sind praktisch unzerstörbar.

Nicht nur was für Hip-Hop-DJs: Robin Schulz ist bekennender Fan des HD 25.
Nicht nur was für Hip-Hop-DJs: Robin Schulz ist bekennender Fan des HD 25.

Ich kann mit Marketing-Floskeln nicht viel anfangen. Aber ich kann nicht anders, als den HD 25 als zeitlos zu bezeichnen. Das puristische Design hebt sich ab von den heutigen «Lifesyle»-Beats und «Hipster»-Marshalls. Understatement ist beim Sennheiser Programm. Ein bisschen personalisierbar ist der HD 25 dann doch. So ist das Kabel in gerader oder gedrehter Form erhältlich und die Polster in verschiedenen Farben zu haben. Apropos Polster: Wem’s so geht wie mir und nichts mit Kunstleder/Pleather-Polstern anfangen kann, wird erfreut darüber sein, dass die meisten Polster in Velours kommen.

Sennheiser KBL - HD 25-II Straight Jack Plug (2m, 3.5mm, HD 25 II)
Kopfhörerkabel

Sennheiser KBL - HD 25-II Straight Jack Plug

2m, 3.5mm, HD 25 II

Sennheiser KBL - HD 25-II Straight Jack Plug (2m, 3.5mm, HD 25 II)

Sennheiser KBL - HD 25-II Straight Jack Plug

2m, 3.5mm, HD 25 II

Den HD 25 spüre ich auch nach längerem Tragen nicht. Er drückt nirgends, selbst wenn ich die Brille aufhabe. Bei On-Ear-Hörern ist das nicht selbstverständlich. Dank den Spreizbügeln lässt er sich für praktisch jede Kopfform anpassen, er passt sogar auf den Kopf meines Sohns. Die linke Ohrmuschel lässt sich wegdrehen, was vor allem fürs Beatmatching praktisch ist (wenn man das nach der alten Schule noch selbst macht).

Der Sennheiser HD 25 passt auch auf den kleinsten Kopf.
Der Sennheiser HD 25 passt auch auf den kleinsten Kopf.

HD 25 im Einsatz

Der HD 25 glänzt wie erwähnt vor allem im Live-Einsatz. Nachdem ich in meinen DJing-Anfängen einige Zeit mit einem Billig-Kopfhörer aufgelegt hatte, war der HD 25 geradezu eine Offenbarung. Auch in sehr lauten Umgebungen dämpft er gut ab und der Sound kommt klar rüber.

Während meiner Zeit als VJ fürs Fernsehen hatte ich ebenfalls eine HD 25 im Einsatz. Speziell beim Interviewführen hat er mir stets treue Dienste geleistet. Auch an der VJ-Kamera angeschlossen ist der Sound sehr klar. Ich musste einige Interviews an Konzerten oder sonstigen sehr lauten Orten führen. Als ich einmal den HD 25 nicht dabeihatte und auf die Hörer im VJ-Set zurückgreifen musste, habe ich die Toneinstellungen an der Kamera völlig falsch geregelt. Mein Interview war (beinahe) unbrauchbar. Mit dem HD 25 war schlechter Ton nie ein Thema. Auch zum Schneiden der TV-Beiträge habe ich ihn immer verwendet. Auf der manchmal sehr lauten Redaktion war die Dämpfung Gold wert und dank der genauen Tonwiedergabe entgingen mir auch die geringsten Störgeräusche nicht.

Fazit

Heute habe ich mein Projekt DJing endgültig begraben, weil mir leider die Zeit fehlt und meine beschränkten Fähigkeiten sich irgendwann auch nicht mehr weiterentwickelten. Meine Ausrüstung habe ich auch wieder, bis auf den einen Plattenspieler, verkauft. Einen HD 25 nenne ich immer noch mein Eigen. Aber leider nicht den von damals. Den habe ich verloren/wurde mir gestohlen. Ich weiss es nicht mehr so genau. Nur so viel: Seit diesem Tag nehme ich keine Kopfhörer mehr mit in den Ausgang. Vor ein paar Jahren habe ich mir dann einen neuen geholt, für die Arbeit beim Fernsehen.

Heute brauche ich ihn vor allem noch zum Musik hören, Gamen und Filme schauen im Zug. Dank der guten Dämpfung vergesse ich manchmal sogar, dass ich mich im Pendlerverkehr befinde und die etwas mehr als einstündige Fahrt vergeht wie im Fluge. Es gibt sicher Kopfhörer, die besser geeignet sind fürs Musikhören, Gamen und Filme schauen. Ich habe mich aber so sehr an den Klang des HD 25 gewöhnt, dass ich nicht bereit dazu bin, ihn gegen einen anderen zu tauschen. Und falls mal etwas kaputt geht, kann ich die Einzelteile einfach ersetzen. Spätestens wenn wir in einer komplett kabellosen Welt leben, werde ich wohl bereit sein, ihn abzugeben. Aber nein, auch dann nicht! In diesem Sinne: Happy 30th Birthday Sennheiser HD 25.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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