Windows 10 oder doch lieber Windows 11 für Alder Lake-S?
Hintergrund

Windows 10 oder doch lieber Windows 11 für Alder Lake-S?

Kevin Hofer
4.11.2021

Intel empfiehlt für Alder Lake-S Windows 11. Was heisst das für Windows 10? Ich habe den i9-12900K in Windows 10 ausprobiert und sage dir, wo du damit langsamer unterwegs bist.

Es gibt ausser ein paar Kinderkrankheiten wenig Gründe, nicht von Windows 10 auf Windows 11 umzusteigen. Speziell, wenn du ein Alder-Lake-S-System planst. Denn dieses funktioniert gemäss Intel am besten mit Windows 11. Ich habe mich trotzdem gefragt, wo mit Leistungseinbussen unter Windows 10 zu rechnen ist.

Wieso soll Alder Lake-S unter Windows 11 besser funktionieren?

Intels Alder Lake-S verfolgt einen hybriden Ansatz. Sogenannte Efficiency-Cores (E-Cores) übernehmen wenig fordernde Aufgaben wie Office-Arbeit. Die Power-Cores (P-Cores) wiederum sind dann aktiv, wenn viel Leistung gefordert wird.

Damit immer die richtigen Kerne zum Einsatz kommen, hat Intel den Thread Director entwickelt. Die sogenannte Middleware ist Schnittstelle zwischen Betriebssystem und Software auf der einen Seite und den beiden CPU-Kern-Typen auf der anderen. Der Thread Director analysiert die Arbeitslast und hilft dem Betriebssystem dabei, die Arbeitslast auf die Effizienz- und Power-Kerne zu verteilen. Damit das richtig funktioniert, empfiehlt Intel Windows 11.

Zwar wird Alder Lake von Windows 10 unterstützt. So können Betriebssystem und Prozessor kommunizieren, welche Kerne bei hoher Arbeitslast bevorzugt werden und welche bei geringer. Windows 11 führt jedoch das Konzept der Dienstgüte (SoQ) ein. Damit können Applikationen dem Betriebssystem sagen, welche Art der Arbeitslast ansteht. So versteht das System besser, welche Kern-Ressourcen benötigt werden. Das kann dazu führen, dass gewisse Applikationen unter Windows 11 mit Alder Lake-S schneller laufen als unter Windows 10.

Verhalten in Programmen

Um herauszufinden, ob und wo Leistungseinbusse festzustellen sind, lasse ich einen Teil meiner Benchmarks unter Windows 11 laufen. Sonst arbeite ich mit denselben BIOS-Einstellungen wie beim Review des i9-12900K.

  • Produkttest

    Der Intel Core i9-12900K schlägt sie alle

    von Kevin Hofer

Cinebench R20

Cinebench R20 testet, wie sich eine CPU beim Rendern von 3D-Modellen schlägt.

Beim Single Core Benchmark beträgt der Unterschied knapp 2 Prozent. Im Multi Core ist es sogar nur knapp 1 Prozent. Der Unterschied ist also minim.

CPU-Z

Der Benchmark von CPU-Z testet die Geschwindigkeit im Single Core und Multi Core einer CPU und erstellt daraus einen Score.

Auch beim CPU-Z Benchmark sind die Unterschiede gering. Im Single Core ist der Alder Lake-S Chip unter Windows 10 gar schneller als unter Windows 11. Der Unterschied beträgt jedoch nicht einmal ein halbes Prozent. Beim Multi Core ist es umgekehrt: Hier erreicht der Chip unter Windows 11 das bessere Resultat. Die Differenz beträgt aber gerade mal 1,5 Prozent.

Blender bmw27

Der Blender Benchmark rendert eine ausgewählte Szene in der 3D-Grafiksuite. Die Dauer des Tests sagt, wie schnell eine CPU oder GPU die Szenen rendert.

Zwei Sekunden oder rund 2 Prozent schneller ist der 12900K unter Windows 11. Das ist erneut ein sehr geringer Unterschied. In Realität wirst du kaum bemerken, ob die Szene innert 88 oder 86 Sekunden gerendert wird.

Photoshop

Beim Photoshop Benchmark von Puget Systems werden verschiedene Workloads durchgeführt. Genauere Infos findest du hier. Am Schluss berechnet der Benchmark einen Score, der sich an einer Referenz-Workstation orientiert.

Nicht 1, nicht 2, sondern 3 Prozent beträgt der Leistungsunterschied in Photoshop. Erneut läuft der 12900K in Windows 11 schneller als in Windows 10.

PCMark 10

Der PCMark 10 Benchmark testet diverse Szenarien wie die Ladezeit von Apps, Effizienz bei Tabellenkalkulationen, Browsen oder auch Foto- und Videobearbeitung. Er sagt also aus, wie gut sich ein Prozessor für Office-Arbeiten eignet. Daraus berechnet er einen Score.

Endlich ein grösserer Unterschied, möchte ich sagen: Im PCMark10 schneidet der Alder-Lake-S-Prozessor unter Windows 11 4,5 Prozent besser ab als unter Windows 10.

Zwischenfazit: Bei den Anwendungen liegt Windows 11 leicht vorne

Die Unterschiede reichen von nicht vorhanden bis zu 4,5 Prozent in den Anwendungs-Benchmarks. Das sind kleine Unterschiede. Das war zu erwarten, da bei den meisten Benchmarks alle Kerne möglichst ausgereizt werden sollen. Alles unter 2 Prozent Unterschied würde ich als irrelevant bezeichnen und könnte auch der Fehlerquote des Benchmarks geschuldet sein.

Die Ausnahmen bilden Photoshop und PCMark 10. Hier spielt wohl die Dienstgüte rein. Die Kommunikation zwischen Programm, Betriebssystem und Thread Director scheint unter Windows 11 besser zu laufen. Alder Lake-S kann seine Stärke mit den P- und E-Kernen ausspielen. Statt für einen Hintergrundtask einen P-Kern zu belasten, wird diese Aufgabe einem E-Kern zugespielt. So harmonieren die beiden Kern-Typen besser.

Verhalten beim Gaming

Je nach Anwendung kann der Thread Director also einen grösseren oder kleineren Einfluss haben. Wie sieht es beim Gaming aus? Hier dürfte der Unterschied vor allem bei tieferer Auflösung wie 1080p eine Rolle spielen. Je höher die Auflösung, desto geringer der Einfluss der CPU auf die Leistung. Denn bei höheren Auflösungen übernimmt die Grafikkarte mehr Rechenleistung. Hinzu kommt, dass Spiele, welche die CPU besonders beanspruchen, wohl eher auf die zwei Kern-Typen von Alder Lake-S ansprechen.

Fire Strike, Fire Strike Ultra, Time Spy und Time Spy Ultra

Die synthetischen Game Benchmarks lassen einen ersten Blick auf die Leistung in Games zu. Ich verzichte auf die Angabe des Overall Scores, der sich aus den Ergebnissen der Grafikkarte und CPU berechnet. Dies, weil die GPU-Wertung sehr inkonsistent ist.

Nur knapp ein halbes Prozent schneller ist der 12900K in Windows 11 gegenüber Windows 10 über alle Benchmarks hinweg. Ein verschwindend geringer Unterschied. In Games solltest du also nichts merken? Doch, denn synthetische Benchmarks sagen nicht die ganze Wahrheit. Ihre Ergebnisse können sogar irreführend sein.

Die Games

Ich will es genau wissen und teste es in drei Spielen meiner Test-Suite: «Shadow of the Tomb Raider», «Civilization 6» und «Red Dead Redemption». Besonders gespannt bin ich auf das Ergebnis in «Civilization 6». Hier spielt die CPU eine grössere Rolle, da das Spiel mehr CPU-Rechenleistung erfordert als die beiden anderen Spiele.

Bei den Spielen liefere ich nebst den durchschnittlichen Frames per Second (FPS) auch die Frametime in Perzentilen, und zwar 99 und 99,9. Die Messwerte der Perzentile sind in Millisekunden gemessene Frametimes. Also die zeitlichen Abstände von Bild zu Bild respektive Frame zu Frame. Die Perzentil-Werte haben die Aufgabe, vereinzelte Ausreisser zu ignorieren. 99 Perzentil bedeuten, dass 99 Prozent aller Messwerte schneller als der angegebene Messwert sind. Lautet ein Wert in der Grafik 95 FPS, laufen 99 Prozent mit einer höheren Framerate als mit 95 FPS. Genau ein Prozent läuft dagegen langsamer. Beim 99,9 Perzentil verhält es sich entsprechend gleich. Zur besseren Vergleichbarkeit wird das Ergebnis von Frametimes in Millisekunden auf den traditionellen FPS-Wert umgerechnet.

Hab ich mir’s doch gedacht: Einzig in «Civilization 6» ergibt sich ein relevanter Unterschied. In «Shadow of the Tomb Raider» und «Red Dead Redemption» liegt der 12900K unter Windows 10 und 11 beinahe immer gleichauf – sogar bei den Frametimes in Perzentilen.

Beim CPU-intensiven Game «Civilization 6» ergeben sich grosse Unterschiede. Bei 1080p- und 1440p-Auflösung ist der 12900K unter Windows 11 ganze 7 Prozent schneller. Bei 2160p-Auflösung 6,5 Prozent. Die Auflösung spielt bei diesem Spiel also nur eine kleine Rolle. Das liegt daran, dass die CPU sehr viele Berechnungen übernehmen muss. Der Thread Director arbeitet in Windows 11 offensichtlich zuverlässiger als in Windows 10. Das dürfte bei allen Games so sein, bei denen die CPU ein grosse Rolle spielt.

Fazit: Besser Windows 11

In vielen Benchmarks ist der Unterschied zwischen Windows 11 und Windows 10 nicht sonderlich gross. Es gibt aber doch ein paar Anwendungen und auch Games, die vom Thread Director und Windows 11 profitieren. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Unterschied mit fortschreitendem Technologie-Alter noch grösser wird.

Deshalb würde ich dir klar empfehlen, bei Alder Lake-S auf Windows 11 umzusteigen – auch wenn das Betriebssystem noch ein paar Kinderkrankheiten hat. Leistungsunterschiede von 0 bis 7 Prozent hören sich zwar nicht nach viel an, aber ausser etwas Zeit kostet dich das Update von Windows 10 auf 11 nichts. Du kriegst also quasi gratis mehr Leistung.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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