Wir fühlen uns immer länger jung
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Wir fühlen uns immer länger jung

Die meisten Menschen fühlen sich jünger als sie nach Lebensjahren sind. Dieser subjektive Verjüngungseffekt verstärkt sich nicht nur mit dem Alter, sondern auch von Generation zu Generation.

Wie alt fühlst du dich? Je älter du bist, desto weiter dürften sich deine objektiven von den gefühlten Lebensjahren entfernt haben. Und dieser subjektive «Verjüngungseffekt» wird von Generation zu Generation grösser. Das errechnete ein Forschungsteam anhand von Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP), einer grossen deutschen Langzeitstudie. Dort hatten knapp 15 000 Erwachsene ab 40 Jahren zwischen 1996 und 2020 mehrfach auf die Frage nach ihrem subjektiven Alter geantwortet.

Bekannt war bereits, dass sich die meisten Menschen ab der Lebensmitte nicht so alt fühlen, wie sie objektiv sind. Die Gruppe um den Psychologen Markus Wettstein von der Berliner Humboldt-Universität wollte nun wissen, wie sich dieser Effekt nicht nur mit steigendem Alter, sondern auch über die Generationen hinweg verändert.

Die Analyse der SOEP-Daten ergab: Im Mittel empfinden sich die Menschen in Deutschland rund 11,5 Prozent jünger als sie tatsächlich sind – mit 60 Jahren fühlen sie sich also im Schnitt wie Anfang 50. Mit zunehmendem Alter steigt zwar auch das subjektive Alter, aber nicht im gleichen Tempo wie das wahre Alter, sondern immer langsamer: Der Verjüngungseffekt nimmt alle zehn Jahre um 1,6 Prozentpunkte zu.

Nach eigenem Empfinden altern wir stetig langsamer

Und mit jeder Generation verstärkt sich der Effekt sogar noch. Die Menschen altern demnach heute subjektiv langsamer als noch vor 10, 20 oder 30 Jahren. So fühlt sich ein 60-Jähriger heute im Mittel noch mal um zwei Prozent jünger als ein 60-Jähriger vor zehn Jahren. Das bedeutet: Die «jüngeren» Generationen, geboren 1952 bis 1974, empfinden sich mit 40 Jahren sogar schon 13 Prozent jünger und mit 65 Jahren bis zu 17 Prozent jünger als sie sind.

Das Gefühl, jung zu bleiben, haben allerdings nicht alle im gleichen Mass. Bei Frauen ist es im Mittel stärker als bei Männern und bei Westdeutschen stärker als bei Ostdeutschen. Weniger ausgeprägt ist es ausserdem bei einsamen und bei chronisch kranken Menschen.

Das subjektive Alter gilt als «biopsychosozialer Marker»: Je jünger man sich fühlt, desto besser sind die körperliche und geistige Fitness sowie das Wohlbefinden. Doch manche gesundheitliche Risiken steigen damit auch, etwa sich mit Covid-19 anzustecken, wie die Forschungsgruppe berichtet. Sich jünger zu fühlen, zeige ausserdem eine gefühlte Distanz (Dissoziation) zur eigenen Altersgruppe, die durchaus als alt wahrgenommen werde. Das immer jüngere subjektive Alter könne somit den Trend zu negativen Altersstereotypen widerspiegeln.

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