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Bald kommen die Canon EOS R5, die R6, neue Objektive und Konverter

David Lee
9.7.2020

Canon bringt zwei spiegellose Vollformatkameras mit hoher Serienbildgeschwindigkeit und starken Videofeatures. Die EOS R5 kann sogar 8K. Zudem gibt es bald bezahlbare Superteleobjektive.

Das sind ganz schön viele Produkte aufs Mal, die Canon heute ankündigt: Zwei Kameras, vier Objektive, zwei Telekonverter. Plus Zubehör. Der Hauptkracher ist sicher die Canon EOS R5, die mit 8K-Videos im RAW-Format einen neuen Meilenstein setzt. Bemerkenswert finde ich aber auch die Teleobjektive, die trotz extremen Brennweiten leicht und günstig sind.

Canon EOS R5

Wir wissen schon seit Februar, dass Canon eine eine 8K-Kamera bringen wird. Jetzt sind alle Details bekannt. Nach den Spezifikationen zu urteilen, passt diese Kamera für jeden Bereich. Ein professioneller Allrounder.

Videofunktion:

  • 8K mit 24, 25 oder 30 fps
  • 4K mit bis zu 100 oder 120 fps
  • 8K auch im 12-Bit-RAW-Format (8192×4320) möglich

12 Bit RAW gibt es nur in 8K. 4K und Full HD sind jedoch in 10 Bit Canon Log (H.265) und 10 Bit HDR PQ verfügbar. Seltsamerweise schafft die Kamera in Full HD nicht mehr als 60 fps, in 4K jedoch 120 fps.

Die Kamera hat alle für die Videoproduktion wichtigen Features wie einen voll beweglichen LCD, Kopfhörer- und Mikrofonausgang und einen eingebauten Bildstabilisator.

Fotos:

  • 45 Megapixel Auflösung
  • 20 fps mit elektronischem und 12 fps mit mechanischem Verschluss. Das ganze bei RAW+JPEG sowie nachgeführtem Autofokus.
  • ISO-Empfindlichkeit bis 51 200 (Video bis 25 600), erweiterbar auf 102 400 ISO.
  • Autofokus (Dual Pixel AF) funktioniert bis –6 EV.
  • Objektverfolgung soll Augen, Gesichter, Köpfe, Körper erkennen und wurde mit Machine Learning trainiert.
  • Fotos können im HEIF-Format gespeichert werden.

Body:

  • Magnesiumgehäuse
  • Verschluss, der auf 500 000 Auslösungen ausgelegt ist
  • Zwei Kartenslots, einer für SD UHS-II und einer für CF Express
  • Elektronischer Sucher mit 5.76 Mio. Bildpunkten
  • WLAN 2.4/5 GHz und Bluetooth
  • USB C 3.1 kann zum Laden oder im Dauerbetrieb genutzt werden
  • Zweitbildschirm

Das Bedienkonzept orientiert sich stärker an den Spiegelreflexkameras als bei der Canon EOS R. Anstelle der etwas fummeligen Touch-Bar der EOS R kommt hier wieder der gute alte Mini-Joystick zum Einsatz. Das Drehrad neben dem Bildschirm ist ebenfalls wieder zurück.

Die Canon EOS R5 wird voraussichtlich ab Ende Juli 2020 erhältlich sein.

Canon EOS R5 (45 Mpx, Vollformat)
Kamera
−8%
EUR3034,50 statt EUR3299,–

Canon EOS R5

45 Mpx, Vollformat

Canon EOS R6

Als günstigere Alternative zur R5 hat die R6 nur 20 Megapixel und dementsprechend kein 8K-Video. Es soll sich um den gleichen Sensor wie in der Canon EOS 1D X Mark III handeln, jedoch mit einem anderen Tiefpassfilter. Der Body ist aus Polycarbonat statt einer Magnesiumlegierung und hat keinen Zweit-LCD.

Doch in vielen Punkten liegt die R6 gleichauf mit der R5, etwa bei der Serienbildgeschwindigkeit, beim integrierten Bildstabilisator, dem Autofokus und dem Sucher. Die Empfindlichkeit reicht sogar bis 102 400 ISO und ist damit etwas höher als bei der R5. Die Videofähigkeiten sind gut ausgebaut: 4K gibt es in 10 Bit, der Bildschirm ist frei beweglich und auch Kopfhörer- und Mikrofonanschluss sind vorhanden. Die R6 hat ebenfalls zwei Kartenslots, allerdings für zwei SD-Karten.

Ich konnte bereits ein Vorserienmodell der R6 ausprobieren. Sie liegt sehr angenehm in der Hand und macht einen soliden Eindruck. Dank des Verzichts auf den Zweitbildschirm hat es oben genug Platz für ein richtiges Moduswählrad. Ansonsten ist die Bedienung praktisch gleich wie bei der R5.

Es ist noch zu früh, um ein Urteil über die Bildqualität zu fällen, da ich die RAW-Files noch nicht verwenden kann und es noch Änderungen an der Firmware geben kann. Doch wenn der Sensor von der EOS 1D X Mark III übernommen wird, kannst du von einer sehr guten Performance im hohen ISO-Bereich ausgehen. Der Gesichts- und Augen-Autofokus hat bei mir beim Fotografieren von Enten mehr schlecht als recht funktioniert. Das will aber nicht viel heissen, es kommt sicher aufs Motiv an. Enten haben die Angewohnheit, ihren Kopf ständig zu verdrehen und in den Federn einzugraben.

Canon EOS R6 mit Objektiv RF 15-35mm.
Canon EOS R6 mit Objektiv RF 15-35mm.
Canon EOS R6 mit Objektiv RF 70-200mm.
Canon EOS R6 mit Objektiv RF 70-200mm.

Die Canon EOS R6 wird voraussichtlich ab Ende August 2020 erhältlich sein.

Canon EOS R6 (20.10 Mpx, Vollformat)
Kamera

Canon EOS R6

20.10 Mpx, Vollformat

Canon EOS R6 Kit (24 - 105 mm, 20.10 Mpx, Vollformat)
Kamera

Canon EOS R6 Kit

24 - 105 mm, 20.10 Mpx, Vollformat

Ein L-Supertele mit 100–500 mm

2019 brachte Canon mit dem 70-200mm-Objektiv das erste richtige Teleobjektiv für das R-System heraus. Jetzt folgt ein «Supertele» mit noch längerer Brennweite: Sie reicht von 100 bis 500 mm. Trotz grosser Maximalbrennweite ist das Objektiv mit L-Qualität nur 1525 Gramm schwer und 20 cm lang, der Filterdurchmesser beträgt 77 Millimeter. Dies geht nicht ohne Kompromiss bei der Lichtstärke: Sie liegt bei f/4.5–7.1.

Die Naheinstellgrenze ist für ein Supertele recht kurz: 90 cm bei 100 mm, 120 cm bei 500 mm. Dadurch ist ein Abbildungsmassstab von 1:3 möglich. Das Objektiv ist staub- und spritzwassergeschützt.

Voraussichtlicher Verkaufsstart: September 2020.

Canon RF 100-500mm f/4.5-7.1 L IS USM (Canon RF, Vollformat)
Objektiv
EUR3509,87

Canon RF 100-500mm f/4.5-7.1 L IS USM

Canon RF, Vollformat

Ein bezahlbares 85-mm-Objektiv

Das Canon 85mm 1.8 für Spiegelreflexkameras ist ein Klassiker. Jetzt gibt es so etwas Ähnliches auch für die Spiegellosen, wobei die Abbildungsleistung hier laut Canon besser ist. Die Lichtstärke ist mit f/2 geringfügig schwächer.

Dieses Objektiv lässt sich mit einem Abbildungsmassstab von 1:2 auf für Makros verwenden. Es hat einen Bildstabilisator, der für sich alleine fünf Belichtungsstufen kompensieren soll, gemeinsam mit dem in der Kamera integrierten Stabilisator deren acht. Es wiegt 500 Gramm und misst 9 Zentimeter.

Der Verkaufsstart des 85mm-Objektiv ist auf Oktober 2020 geplant.

Canon RF 85mm f/2.0 Makro IS STM (Canon RF, Vollformat)
Objektiv
EUR679,–

Canon RF 85mm f/2.0 Makro IS STM

Canon RF, Vollformat

Günstige und leichte Supertele-Objektive

Bereits auf Ende Juli bringt Canon zwei Superteleobjektive mit 600 und 800 mm Festbrennweite. Extreme Brennweiten also, und das zu einem bezahlbaren Preis, einem erträglichen Gewicht und einer vernünftigen Grösse.

Wie das? Ganz einfach: Canon hat die Lichtstärke geopfert. Sie liegt bei f/11, und jetzt lesen wohl die meisten gar nicht mehr weiter. Dabei ist die Idee durchaus interessant. Canon hat ein 600mm-Objektiv mit Lichtstärke f/4. Es kostet einen fünfstelligen Betrag, ist 3 Kilogramm schwer und 45 cm lang. Das RF 600mm wiegt 930 Gramm, ist 20 Zentimeter lang und kostet weniger als 800 Franken.

Das sind gute Argumente. Ich habe mal einen Nachmittag mit einem 600mm f/4 Objektiv im Zoo verbracht, um zu schauen, wie mühsam das ist. Es war extrem mühsam.

Wie brauchbar die neuen Canon-Teles in der Praxis sind, muss sich erst zeigen. Es hängt wohl stark davon ab, wie gut die Kamera mit wenig Licht performt. Die Canon EOS R6 könnte da durchaus passen. Ich hoffe, dass ich das bald testen kann.

Canon RF 600mm f/11 IS STM (Canon RF, Vollformat)
Objektiv
EUR849,–

Canon RF 600mm f/11 IS STM

Canon RF, Vollformat

Canon RF 800mm f/11 IS STM (Canon RF, Vollformat)
Objektiv
EUR1099,–

Canon RF 800mm f/11 IS STM

Canon RF, Vollformat

Übrigens: Streulichtblende und Objektivbeutel sind bei diesen Objektiven nicht im Lieferumfang enthalten. So gesehen sind die beiden Superteles nicht ganz so günstig, wie sie zuerst scheinen.

Telekonverter und Zubehör

Schliesslich gibt es die üblichen Telekonverter nun auch fürs R-System. Sie verlängern die Brennweite des Objektivs um Faktor 1.4 respektive 2.0. Die Lichtstärke sinkt um den entsprechenden Wert.

Die Telekonverter funktionieren mit den beiden Superteles und auch mit dem 100–500mm, wobei dort die Brennweite auf mindestens 300 mm eingestellt sein muss. Mit dem 70–200mm funktionieren sie leider nicht.

Der neue Akku LP-E6NH mit 2130 mAh Kapazität passt auch in Kameras, die den bisherigen LP-E6 verwendet haben, und umgekehrt. Das betrifft zum Beispiel die Canon EOS 5D Mark II-IV.

Der Akkugriff BG-R10 passt für die R5 und die R6. Der Wireless-Transmitter hingegen nur für die R5.

Canon WFT-R10B Wireless File Transmitter (Batteriegriff)
Batteriegriff
EUR562,24

Canon WFT-R10B Wireless File Transmitter

Batteriegriff

Erste Einschätzung: Jetzt passt alles zusammen

Dem spiegellosen Vollformat von Canon fehlten bislang die Kameras, die sich auf dem gleichen Niveau wie die hochklassigen Objektive bewegen. Jetzt sind sie da und das Line-Up als Ganzes ergibt Sinn. Natürlich fehlen immer noch ein paar Objektive, zum Beispiel ein kleines und preisgünstiges 50mm, aber für ein erst zwei Jahre altes System ist die Auswahl an Objektiven absolut hochklassig. Sie wird laut Canon noch dieses Jahr um zwei weitere Modelle erweitert.

Vielleicht wunderst du dich über die Reihenfolge, mit der Canon das ganze im Markt eingeführt hat. Zum Start des Systems gab es einige Super-duper-Objektive und zwei Kameras, die niemanden aus den Socken gehauen haben. Jetzt gibt es Super-duper-Kameras, dafür Objektive für Leute mit begrenztem Budget. Hätte Canon nicht Kameras und Objektive für die jeweils gleiche Zielgruppe bringen müssen?

Eine Erklärung dafür könnte die EOS 1D X Mark III von Anfang 2020 sein. Mit dem Flaggschiff führt Canon traditionellerweise neue Technologien (Sensor, neuer Bildprozessor, etc.) ein. Diese werden danach in den günstigeren Modellen zweit- und drittverwertet. Tatsächlich ist dies nun mit den spiegellosen R5 und R6 ungefähr so geschehen, wie ich es damals vermutet habe.

Und die teuren Objektive von 2018? Die haben wohl mit der Konkurrenz zu tun. Sony drohte im spiegellosen Vollformat davonzuziehen, und gleichzeitig brachte sich Nikon mit dem Z-System in Stellung. Canon musste etwas Substanzielles liefern. Nur schon, um ein klares Bekenntnis abzugeben, dass man es mit dem spiegellosen R-System ernst meint. Jetzt wissen wir, dass dem wirklich so ist.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 

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