Deine Daten. Deine Wahl.

Wenn du nur das Nötigste wählst, erfassen wir mit Cookies und ähnlichen Technologien Informationen zu deinem Gerät und deinem Nutzungsverhalten auf unserer Website. Diese brauchen wir, um dir bspw. ein sicheres Login und Basisfunktionen wie den Warenkorb zu ermöglichen.

Wenn du allem zustimmst, können wir diese Daten darüber hinaus nutzen, um dir personalisierte Angebote zu zeigen, unsere Webseite zu verbessern und gezielte Werbung auf unseren und anderen Webseiten oder Apps anzuzeigen. Dazu können bestimmte Daten auch an Dritte und Werbepartner weitergegeben werden.

Swarm Biotactics
News & Trends

Biohybride Spione: Deutsches Start-up rüstet Schaben mit Elektronik aus

Kim Muntinga
18.12.2025

Kakerlaken gelten als Schädlinge, hier werden sie zur Ressource. Das Start-up Swarm Biotactics nutzt die natürliche Robustheit und Beweglichkeit von Schaben und macht sie zu mobilen Aufklärungssystemen.

Ein deutsches Start-up arbeitet an einer Idee, die zunächst irritiert und beinahe absurd klingt, gleichzeitig aber auch fasziniert. Swarm Biotactics entwickelt sogenannte biohybride Systeme, bei denen lebende Insekten mit Mikroelektronik ausgestattet werden. Im Fokus stehen lebende Madagaskar-Fauchschaben, die mithilfe winziger elektronischer «Rucksäcke» zu mobilen Aufklärungseinheiten werden sollen.

Der Ansatz verbindet Biologie mit moderner Sensortechnik und wirft zugleich technische wie ethische Fragen auf.

Mögliche Einsatzgebiete

Die potenziellen Einsatzfelder der biohybriden Systeme sind breit gefächert. Im Katastrophenschutz könnten sie dabei helfen, Verschüttete in Trümmern aufzuspüren oder schwer zugängliche Bereiche zu erkunden, in denen herkömmliche Roboter an ihre Grenzen stoßen. Auch militärische Anwendungen liegen nahe, etwa für verdeckte Aufklärungsaufgaben in komplexem Gelände.

Die biohybriden Systeme sollen sich kontrolliert durch unübersichtliches Gelände bewegen lassen.
Die biohybriden Systeme sollen sich kontrolliert durch unübersichtliches Gelände bewegen lassen.
Quelle: Swarm Biotactics

Darüber hinaus sind zivile Einsatzszenarien denkbar. In der Industrie könnten die Systeme zur Inspektion oder Überwachung von Anlagen eingesetzt werden, etwa in engen Schächten oder abgeschirmten Bereichen. In der Forschung wiederum bieten sie neue Möglichkeiten, ökologische oder geologische Umgebungen zu untersuchen, die bislang nur eingeschränkt zugänglich sind.

Die Natur als Plattform

Klassische Miniroboter sind aufwendig zu bauen, teuer und in ihrer Energieversorgung stark limitiert. Insekten dagegen bewegen sich effizient, kommen mit minimalem Energieaufwand aus und sind extrem robust. Die Madagaskar-Fauchschabe eignet sich zudem durch ihre Größe dafür, zusätzliche Hardware zu tragen, ohne in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt zu werden.

Die entwickelten Rucksäcke enthalten Mikroelektronik, Sensoren, KI-Funktionen und Kommunikationseinheiten. Sie sollen Umgebungsdaten erfassen und drahtlos übermitteln. Dazu gehören etwa Temperaturwerte oder Hinweise auf Bewegungen und Hindernisse.

Die Schaben tragen miniaturisierte Elektronik, mit der sie als mobile Sensorplattformen eingesetzt werden können.
Die Schaben tragen miniaturisierte Elektronik, mit der sie als mobile Sensorplattformen eingesetzt werden können.
Quelle: Swarm Biotactics

Schwärme statt Einzelgeräte

Ein zentrales Element des Konzepts ist der Schwarmgedanke. Swarm Biotactics denkt nicht in einzelnen Einheiten, sondern in Gruppen vieler einfacher Träger. Mehrere ausgestattete Insekten sollen gemeinsam ein Lagebild erzeugen. Dieser Ansatz ist aus der Schwarmrobotik bekannt, gewinnt in Kombination mit lebenden Organismen aber eine neue Dimension.

Die Koordination übernimmt eine KI-gestützte Software. Sie wertet die Daten einzelner Einheiten aus, führt sie zusammen und macht daraus ein konsistentes Bild der Umgebung. Auf diese Weise lassen sich auch komplexe Terrainstrukturen erfassen und relevante Informationen gebündelt an Einsatzkräfte oder Kontrollstationen weiterleiten. Gleichzeitig erhöht der Schwarmansatz die Ausfallsicherheit: Fällt eine Einheit aus, bleibt das Gesamtsystem funktionsfähig.

Swarm Biotactics betont dabei, dass die Schaben nicht als ferngesteuerte Roboter im klassischen Sinn eingesetzt werden. Die Technik greift auf ihre natürlichen Bewegungsmuster zurück und ergänzt sie durch elektronische Impulse und KI-gestützte Auswertung. Ziel ist es, Navigation und Datenerfassung zu unterstützen, ohne das Tier vollständig zu kontrollieren.

Ethische und gesellschaftliche Fragen

Die Nutzung lebender Organismen als mobile Sensoren wirft eine Reihe ethischer Fragen auf. Kritiker befürchten, dass der Einsatz von Insekten als biohybride Systeme den Umgang mit Lebewesen trivialisiert und neue Grenzen in der Technik-Natur-Interaktion überschreitet. Insbesondere die Frage, ob und wie weit die Autonomie der Tiere eingeschränkt wird, ist Gegenstand der Debatte. Swarm Biotactics betont, dass die eingesetzten Verfahren schmerzfrei seien und die Schaben nach dem Einsatz weiterleben könnten.

Unabhängig davon bleiben praktische Bedenken bestehen. Während viele haushaltsnahe Schabenarten als potenzielle Überträger von Bakterien wie E. coli oder Salmonellen gelten, trifft dies auf die unter kontrollierten Bedingungen gezüchtete Madagaskar-Fauchschabe nur eingeschränkt zu. Dennoch hebt der Einsatz lebender Organismen als mobile Sensorsysteme biologische Risiken nicht grundsätzlich auf und wirft Fragen nach Hygiene, Kontrolle und Einsatzgrenzen auf.

Entwicklungsstand und Ausblick

Konkrete Hinweise zum Stand der Entwicklung lieferte zuletzt ein Bericht der US-Sendung 60 Minutes, ausgestrahlt von CBS News, in dem Swarm-Biotactics-Gründer Stefan Wilhelm Einblick in die Arbeit des Start-ups gab. Demnach arbeitet das Unternehmen bereits mit der Bundeswehr zusammen, um die biohybriden Systeme unter realitätsnahen Bedingungen zu testen und ihre Eignung für Aufklärungsaufgaben zu prüfen.

Technisch liegt der Fokus derzeit auf der weiteren Miniaturisierung. Das kombinierte Biologie-, Elektronik- und Robotiksystem wiegt aktuell noch bis zu 15 Gramm. Ziel der Entwickler ist es, dieses Gewicht auf rund zehn Gramm zu senken, um Beweglichkeit und Belastbarkeit der Schaben zu verbessern. Größere Einsätze hält Swarm Biotactics nach eigenen Angaben innerhalb eines Zeitraums von 18 bis 24 Monaten für realistisch.

Der Bericht macht zugleich deutlich, dass sich das Projekt noch in einer Übergangsphase befindet: zwischen experimenteller Forschung und möglichem operativem Einsatz. Ob und in welcher Form die Technologie tatsächlich breit genutzt wird, dürfte daher nicht allein von ihrer technischen Reife abhängen, sondern ebenso von politischen, regulatorischen und gesellschaftlichen Entscheidungen.

Titelbild: Swarm Biotactics

7 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Die Interessen sind vielfältig, gerne genieße ich einfach nur das Leben. Immer auf der Suche nach News aus den Bereichen Darts, Gaming, Filme und Serien.


News & Trends

Vom neuen iPhone bis zur Auferstehung der Mode aus den 80er-Jahren. Die Redaktion ordnet ein.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • News & Trends

    Kleine Schoggi-Marken zeigen Lindt und Milka, wie Fair Trade geht

    von Debora Pape

  • News & Trends

    Lazer präsentiert den Impala KinetiCore mit DualCore-Technologie

    von Patrick Bardelli

  • News & Trends

    USM Haller: Die Kunst, immer wieder neu zu überraschen

    von Pia Seidel

3 Kommentare

Avatar
later