«Civilization 6»-Review: 10 Gründe, warum «Civ 5» endlich in Rente gehört
Hintergrund

«Civilization 6»-Review: 10 Gründe, warum «Civ 5» endlich in Rente gehört

Philipp Rüegg
25.10.2016

Der König der rundenbasierten Strategiespiele ist zurück aus der Zukunft. Nach dem lauwarmen «Beyond Earth» besinnt sich Entwickler Firaxis wieder auf seine Stärken und versucht, am alten Erfolg anzuknüpfen.

Moment, bin gleich bei euch. Nur noch schnell meine Truppen verschieben. Hier noch einen neuen Distrikt bauen. Diesen Händler schicke ich noch kurz in die nächste Stadt. Was schon wieder Barbaren in meinen Gebiet? Ähm, wo war ich? Ah, ja. «Civilization 6». Wenn ihr im Duden ein Synonym für «nur noch einen Zug» sucht, steht da fettgedruckt neben einem Mann, der einen Globus stemmt: «Civilization 6», und wenn sie nicht gestorben sind, dann spielen sie noch heute. Kaum ein Spiel schafft es, die Zeit schneller verstreichen zu lassen als die Serie über die ewige Zivilisation. Teil sechs fördert das Suchtverhalten schlimmer denn je. Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt da, an dem auch hartgesottene «Civ 5»-Fans den sechsjährigen Klassiker in Rente schicken und upgraden. Und zwar aus den folgenden Gründen:

1. Weil es lebendiger ist denn je

«Civilization 6» wirkt lebendiger – und nicht nur wenn sich die Einheiten bewegen. Während unverbaute Felder gähnend leer sind, sind die Bezirke geschäftig, auf den Farmen weiden Tiere und die Bäume neigen sich im Wind – man muss nur nah genug heranzoomen. Dadurch kann man bereits sehr viele Infos über die Lage einer Stadt herauslesen, ohne ein zusätzliches Menü aufrufen zu müssen.

Auch gleicht längst nicht jede Stadt der Nächsten, da man sich nun viel mehr spezialisieren muss (mehr dazu bei Punkt 4). Besonder hübsch animiert sind die verschiedenen (Welt)Wunder, denen man beim Entstehen zusehen kann. Dazu gehören natürlich wieder die Pyramiden, aber auch die Hügelstadt Le Mont-Saint-Michel oder das Ruhrgebiet… Yep, auch das deutsche Industriegebiet gehört zur Kategorie Wunder. Hab ich mit meinem deutschen Herrscher Frederick Barbarossa natürlich gleich als Erstes gebaut.

Besonders hübsch anzusehen sind auch die Kämpfe. Von den Keulenschwingenden Barbaren bis zum schwerbewaffneten Kriegsschiff steht wieder eine riesige Armada von Einheiten zur Auswahl – vorausgesetzt, man hat sie erforscht. Die Kämpfe sind detailliert animiert, sodass man sich wieder fühlt, wie als Kind im Sandkasten mit seinen Spielzeugsoldaten.

2. Weil die Karte nie schöner war

Bereits bekannte, aber nicht sichtbare Gebiete werden als Zeichnungen dargestellt.

Das Spielfeld von «Civilization» war schon immer eine riesige Weltkarte. Nicht zwingend die Welt, wie wir sie kennen, aber halt mit Seen, Bergen und Graslandschaften. Im jüngsten Ableger wurde der Karte besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt. Sie sieht aus wie eine historische Landkarte aus Pergament mit Seemonstern und nautischen Sternen. Hat man ein Gebiet bereits erkundet, ist aber mit den Einheiten zu weit davon entfernt, zieht der Nebel des Krieges auf (Fog of War). Dabei kommt aber kein wirklicher Nebel zum Einsatz, stattdessen wird das entsprechende Gebiet wieder als Landkarte dargestellt, nun aber wesentlich detaillierter und erweitert um die vorhandenen Kenntnisse. Ein echter Hingucker.

3. Weil es die richtige Mischung aus alt und neu ist

Alte Hasen werden sich schnell zurechtfinden. Das Tutorial lässt sich einstellen zwischen Serien-Neuling und neu in Teil 6. Wieder kann man auf verschiedene Arten den Spielsieg erringen. In dem man alle besiegt, über Diplomatie, Kultur etc. Spannend ist, dass die gegnerischen Mächte nun einer bestimmter Agenda folgen – eine davon ist öffentlich, die andere kann man über Spionage herausfinden.

Verändert hat sich auch der Einsatz der Baumeister. Sie verfügen nun nur noch über drei Bauaktionen – ausser man verfügt über den entsprechenden Bonus.

Truppen nehmen wieder separate Felder ein und können erst im späteren Spielverlauf gestapelt werden und auch dann nur bis maximal drei.

Wichtige Persönlichkeiten wie William Shakespeare oder James Watt können in Wunder oder Bezirken untergebracht werden, aber auch hier müssen die Voraussetzungen beachtet werden.

4. Weil man nicht mehr einfach alles bauen kann

Die Hauptänderung dürften die Bezirke sein. Spezialisierungen, die man in seiner Stadt bauen kann. Militär, Theater, Wirtschaft, Forschung, es gibt sie für zahlreiche Bereiche. Sie nehmen jeweils ein Feld ein und können nicht irgendwo platziert werden. Bestimmte Voraussetzungen müssen erfüllt werden. Erst die Distrikte erlauben anschliessend den Bau von weiteren wichtigen Gebäuden wie Banken, Universitäten und dergleichen. Man kann nicht wie früher in jeder Stadt alles bauen. Dazu fehlen der Platz und die Zeit.

Weltwunder nehmen wie Minen und Bezirke ebenfalls ein separates Feld ein. Es gilt also schlau zu planen, was man wohin baut. Besonders weil viele Gebäude gewisse Voraussetzungen erfüllen müssen, wie an einem Fluss oder nicht neben einem bestimmten Bezirk.

5. Weil es noch mehr zu erforschen gibt

Karten mit unterschiedlichen Boni werden freigeschaltet und können je nach Regierungssystem eingesetzt werden.

Neben dem klassischen Forschungsbaum, der neue Gebäude und Einheiten freischaltet, gibt es nun mit Kulturpunkten die politische Ausrichtung zu bestimmen. Dabei schaltet man Karten frei, die in vier Feldern Militär, Wirtschaft, Diplomatie sowie einer Bonus-Kategorie platziert werden können und unterschiedliche Boni mit sich bringen. Die Anzahl einsetzbarer Karten hängt vom politischen System ab. Eine Monarchie kann mehr Militärkarten benutzen, während Demokratie mehr auf Wirtschaft setzt.

6. Weil das Terrain wichtiger geworden ist

Musste man schon früher gewisse Bauten wie den Hafen an vordefinierten Stellen bauen (am Meer), so sind im sechsten Teil wesentlich mehr Gebäude von der Landschaft abhängig. Das macht das Spielfeld interessanter und man muss seine Siedlungen geschickter planen.

7. Weil die Herrscher echte Persönlichkeit besitzen

Weil man sich (ich zumindest) ständig mit den gegnerischen Herrschern in die Haare kriegt, wird man sehr häufig das Diplomatiefenster mit Kleopatra, Roosevelt oder Gandhi sehen. Knapp 20 Oberhäupter streiten sich um die Weltherrschaft und alle sind vorzüglich animiert. Sie drohen, schelten, schmeicheln, loben und alles mit überschwänglicher Mimik und Gestik. Herrlich.

8. Weil es Quests gibt

Um die Forschung voranzutreiben, können nun kleinere Quests erfüllt werden. Beispielsweise zwei Baracken errichten oder eine bestimmte Ressource abbauen und schon erhält man einen Boost für ein bestimmtes Forschungsfeld. Da es die Forschungszeit erheblich senken kann, lohnt es sich, die Aufgaben gezielt anzugehen.

9. Weil der Soundtrack zum Nachsummen animiert

Da man davon ausgehen kann, dass man extrem viel Zeit in «Civilization 6» verbringen wird, darf ein guter Soundtrack nicht fehlen. Nicht zu aufdringlich, aber auch nicht zu monoton darf er sein. Komponist Christopher Tins macht den Auftakt und unterstreicht das Spiel mit einer Titelmelodie, die man auch Stunden später noch mitsummt.

10. Weil man nicht mehr aufhören kann

Der Qualitätsstempel schlechthin für jedes «Civ»-Game. Nur noch ein Zug. Nur noch ein Zug. Und schon ist es spät in der Nacht. Während man spielt, spürt man, dass man nie mehr aufhören möchte und wenn man nicht spielt, plant man seine nächste Züge im Kopf. «Civilization 6» ist für mich von vorne bis hinten ein rundes Spiel. Nach dem enttäuschenden letzten Teil fährt Firaxis wieder zur Höchstform auf und liefert ein fantastisches Spiel, bei dem euch nur eines fehlen wird – eure Freizeit.

Tipp: Schaltet in den Optionen die Tagesanimationen ein, dann wechselt das Spiel die Tageszeiten und sorgt mit hübschen Tag-, Nachtwechsel zusätzlich für Abwechslung.

«Civilization 6» wurde uns von 2K zur Verfügung gestellt.

2K Games Sid Meier’s Civilization VI (PC, DE)

2K Games Sid Meier’s Civilization VI

PC, DE

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Als Game- und Gadget-Verrückter fühl ich mich bei digitec und Galaxus wie im Schlaraffenland – leider ist nichts umsonst. Wenn ich nicht gerade à la Tim Taylor an meinem PC rumschraube, oder in meinem privaten Podcast über Games quatsche, schwinge ich mich gerne auf meinen vollgefederten Drahtesel und such mir ein paar schöne Trails. Mein kulturelles Bedürfnis stille ich mit Gerstensaft und tiefsinnigen Unterhaltungen beim Besuch der meist frustrierenden Spiele des FC Winterthur. 


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