DCs Superhelden-Revolution: Was passiert, wenn die Urheberrechte auslaufen?
Hintergrund

DCs Superhelden-Revolution: Was passiert, wenn die Urheberrechte auslaufen?

Luca Fontana
19.1.2024

Superman und Batman sind zwei der bekanntesten Superhelden der Welt. Ihre Urheberrechte laufen jedoch in den nächsten Jahren aus. Was bedeutet das für die Zukunft der Figuren?

Einst entwickelte Zack Snyder eine ziemlich abgefahrene Geschichte für sein DC Extended Universe. Darin hätte Batman Supermans Freundin, Lois Lane, geschwängert. Eine Nebenhandlung, die sich während des Films «Justice League» abgespielt hätte – bevor Superman wieder zum Leben erweckt wurde. Am Ende des Films wäre dann aber Batman gestorben, und Lois hätte ihren Nachwuchs zusammen mit Superman grossgezogen.

Comic-Puristen schüttelt es nur schon bei der blossen Vorstellung einer solchen Handlung. Den Verantwortlichen bei Warner Bros. und DC Studios wohl auch; Snyders Version wurde noch in der Konzeptionsphase abgeschmettert. Das geht. Schliesslich haben die beiden Filmstudios das Urheberrecht an Superman und Co. fest im Griff. Noch.

Aber was passiert, wenn die Urheberrechte an Superman und Batman auslaufen?

Superhelden leben ewig – Urheberrechte nicht

«Eine traurige Tatsache in Hollywood ist, dass zwar Superhelden nie wirklich sterben, aber ihre Urheberrechte schon», schreibt Branchenmagazin Variety. Ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Disney auch nicht. Dort singt man seit Anfang Jahr ein Lied davon, als das Urheberrecht an Mickey Mouse ausgelaufen ist. Zumindest jenes an der Version aus «Steamboat Willie». Noch am selben Tag wurde ein Trailer zu einem Horror Game mit Steamboat-Willie-Mickey veröffentlicht. Natürlich ohne den Segen des Hauses der besagten Maus – aber dennoch komplett legal.

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Was passiert ist? Mit dem Ablauf des Urheberrechts des 1928er Mickeys ging die knuffige Maus ins Allgemeingut über – in die sogenannte Public Domain. Werke, Figuren und Charaktere, die nicht mehr durch das Urheberrecht geschützt sind, stehen damit frei zur Verfügung. Das passiert in der Regel 70 Jahre nach dem Tod der oder des Urhebers. Gibt es keinen expliziten Urheber, oder ist dessen Todeszeitpunkt unbekannt, wird ab Veröffentlichung des Werkes gezählt.

Was für Mickey gilt, gilt selbstverständlich für alle. Auch für Comic-Ikonen wie Superman, Wonder Woman und Batman, den nächsten gezeichneten Ikonen, deren Urheberrechte ablaufen werden.

Batman und Lois Lane könnten ein gemeinsames Kind haben – oder doch nicht?

Snyders Vision, wie sie einst von Warner Bros. und DC abgeschmettert wurde, könnte Wirklichkeit werden. Zumindest bräuchte Synder nicht mehr die Erlaubnis DCs, eine solch unorthodoxe Story zu realisieren. Zunächst muss Snyder aber noch warten. Superman und Lois Lane werden erst im Jahr 2034 in die Public Domain übergehen. Dicht gefolgt von Batman im Jahr 2035, dem Joker im Jahr 2036 und Wonder Woman im Jahr 2037.

Und dann?

«Es wird gleich zum Stichtag hunderte neue, aber unautorisierte Comics geben», sagt Chris Sims, ein Comic-Autor und Batman-Experte, im Variety-Artikel. Auch die Filmwelt wird sich auf die Charaktere stürzen. Ihre eigenen Versionen erstellen. So wie es bereits mit Figuren wie Dracula oder Robin Hood passiert ist – Figuren, die längst zur Public Domain gehören. Einschränkungen gebe es aber trotzdem, sagt Sims. «Du bekommst zwar Batman, aber nicht Robin. Du darfst zwar Superman neuverfilmen, aber ohne Kryptonit zu erwähnen.»

Superman und seine grösste Nemesis: Kryptonit.
Superman und seine grösste Nemesis: Kryptonit.
Quelle: DC Comics

Was Sims meint, ist, dass das Urheberrecht nicht allgemein für die Figur, sondern nur pro einzelne Iteration der Figur gilt – und entsprechend auslaufen kann. Sprich: Die erste Version von Superman im Jahr 1938 hatte keinen Kryptonit als Schwäche und konnte auch noch gar nicht fliegen, sondern nur sehr weit springen. Das Urheberrecht, das 2034 zerfällt, betrifft also nur exakt diese Version von Superman. Bis Superman auch ausserhalb einer DC-Produktion von Kryptonit geschwächt werden oder sogar fliegen darf, werden weitere Jahre vergehen.

So schützt sich DC vor dem Zerfall des Urheberrechts

Bei DC ist man sich dessen durchaus bewusst, wie Variety berichtet. Schon 2001 stellte Jay Kogan, der damalige stellvertretende Leiter der Rechtsabteilung von DC, eine Strategie zum Schutz von Figuren und Charaktere vor. Vor allem für jene, die in den nächsten Jahrzehnten in die Public Domain fallen würden. Da nur die älteren Versionen den Schutz verlieren, drängte er darauf, die DC-Charaktere stets frisch und aktuell zu halten.

Tatsächlich hat DC gute Arbeit geleistet, nicht nur Supermans Erscheinungsbild, sondern auch dessen Charakteristiken, Kräfte und Schwächen über die Jahre hinweg immer wieder leicht zu verändern. Oder eben: «frisch und aktuell» zu halten. Für das Urheberrecht entstand so jedesmal eine neue Iteration der Figur, auch wenn das Grundwesen der Figur nie verändert wurde. Gleichzeitig gingen diese neuen Stärken und Schwächen so stark ins kollektive Bewusstsein der Menschen über, dass jede unautorisierte Version Supermans bloss wie eine zweitrangige, billige Kopie wirken würde.

Was wäre Superman schliesslich ohne Kryptonit? Oder ohne das ikonische «S» auf seiner Brust? Das «S», das erst seit dem 2003er-Comic «Superman: Birthright» als explizites Symbol der Hoffnung der Kryptonier gilt?

Das sei kein S auf seiner Brust, sondern das kryptonische Symbol der Hoffnung, sagt Superman in «Man of Steel».
Das sei kein S auf seiner Brust, sondern das kryptonische Symbol der Hoffnung, sagt Superman in «Man of Steel».
Quelle: «Man of Steel» / Warner Bros. & DC Studios

«Die Öffentlichkeit sollte darauf konditioniert werden, Werke von Dritten, in denen die Figuren eines Markeninhabers vorkommen, als zweitklassige Fälschungen zu betrachten», schrieb Rechtsabteilung-Kogan in eben jenem Bericht. Das ist clever. DC sorgt damit dafür, dass nicht mehr das Urheberrecht ihre Figuren schützt, sondern die Fans.

Wird das Auslaufen der Urheberrechte Kryptonit für DC sein?

«Die Produzenten von Filmen und Comics werden sich trotzdem auf diese Figuren stürzen», prophezeit Mark Waid, ein Comic-Autor und Historiker, der vor allem für seine Arbeit an DC Comics-Titeln wie eben «Superman: Birthright» bekannt ist. Schliesslich lasse sich auch damit Geld verdienen. «Wie wäre es mit Superman gegen Godzilla? Das ist zwar eine Grauzone. Aber wir arbeiten ja mit der Geschwindigkeit des Kapitalismus, nicht wahr?», fügt er im Gespräch mit Variety an.

Comic-Autor Chris Sims glaubt ebenfalls daran. Aber: «Es wird auf die Ausführung ankommen. Und es gibt nur eine Firma, die es gewohnt ist, ‹Superman›-Geschichten zu erzählen.»

Titelfoto: «Man of Steel» / Warner Bros. & DC Studios

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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