Die Hobbys deiner Kinder sind auch deine Hobbys
Meinung

Die Hobbys deiner Kinder sind auch deine Hobbys

Katja Fischer
20.1.2023

Als Mutter oder Vater hast du hunderte Teilzeitjobs. Einer davon: Hobby-Managerin oder -Manager. Wichtigste Kompetenzen sind Flexibilität und Organisationstalent. Denn wehe, es gibt eine unverhoffte Planänderung wie kürzlich bei mir.

Meine Tochter ist in der ersten Klasse und hat drei Hobbys. Noch vor einem Jahr war es eins. Wenn das exponentiell so weitergeht, sind wir in der dritten Klasse bei 27 Hobbys angelangt. Indiskutabel, klar. Aber ginge es nach ihr, würde sie wohl tatsächlich auch noch ins Geräteturnen, in die rhythmische Gymnastik, in die Klavierstunde und in den Malunterricht. Sie hat viele Ideen und Interessen – und noch viel mehr Energie.

Bei aller Liebe. Mal abgesehen davon, dass das ihren Stundenplan sprengen würde – mein Mann und ich haben auch noch ein Leben. Und eigene Hobbys. Die kleine Schwester im Übrigen ebenfalls, auch wenn es nur – Pardon, erst – das Kindertanzen ist.

Der Punkt ist: Die Hobbys deiner Kinder sind auch deine Hobbys.

Wenn die Planung ins Straucheln kommt

Streng genommen sind sie für dich sogar mehr als nur Hobbys. Sie sind ein Teilzeitjob. Nur, dass du für die Arbeit nicht bezahlt wirst. Du bezahlst, und das nicht zu knapp.

Im Gegenzug erhältst du für die Freizeitbeschäftigungen deiner Kinder ein äusserst vielseitiges Jobprofil: Als Hobby-Managerin oder -Manager organisierst, jonglierst und kutschierst du, bei Bedarf auch am Wochenende. Du wartest mit vorbereiteter Snackbox und gepackter Sport- oder Instrumententasche vor der Schule. Fährst von A nach B und von B nach C. Besorgst zwischendurch das nötige Equipment. Ballettschläppchen oder Fussballschuhe in der passenden Grösse, neue Tennisbälle oder Gitarrensaiten – was immer gerade vonnöten ist.

Und wenn sich im Programm etwas ändert, darfst du deine Organisations- und Improvisationsskills so richtig beweisen. Dann planst du das Familienleben von Neuem um die Hobbys deiner Kinder herum. Stimmst Schulstundenplan und Job mit Freizeitbeschäftigungen ab. Suchst Kinderhütemöglichkeiten und Fahrgemeinschaften. Und erstellst neue Ablauf- und Zeitpläne.

Genau das ist bei uns gerade passiert. Unsere familiäre Wochenplanung, die seit den Schulsommerferien in Kraft ist und immerhin ein Jahr hätte Bestand haben sollen, wurde vorzeitig über den Haufen geworfen. Die Turngruppe der Tochter wird mitten im Schuljahr nicht nur in eine andere Halle und in eine andere Ortschaft verlegt, sondern auch gleich auf eine neue Uhrzeit und sogar auf einen neuen Wochentag. Notabene auf einen Arbeitstag von meinem Mann und mir, der alleine schon mit Hort- und Kita-Bring-und-Abholerei durchgetaktet ist. Wenn schon, denn schon.

Meine Reaktion auf die Hiobsbotschaft liesse sich in einem Lehrmittel für Lehrpersonen oder Vereinsleitende mit der Überschrift «Wie Eltern auf unvorhergesehene Planänderungen reagieren» mühelos darstellen.

  • Phase 1: der totale Schock.
  • Phase 2: die blanke Wut.
  • Phase 3: der vergebliche Einspruch.
  • Phase 4: die schleichende Akzeptanz.

Was willst du machen? Unsere Tochter liebt ihr Hobby, also versuchen wir, es ihr möglich zu machen. Wir haben die News verdaut, vergeblich versucht, die Gruppe zu wechseln, nach anderen Lösungen gesucht und am Ende umdisponiert.

Irgendwo zwischen Overkill und ohne Hobby

Während der Neuorganisation versuchte ich mich an meine eigene Kind- und Jugendzeit zurückzuerinnern. Ballett, Mädchenriege, Blockflöte, später Hip-Hop-Tanzen, Fussball, Klarinette und Saxofon – ich staune selbst über die -Liste an Hobbys, die im Laufe der Jahre ziemlich lang geworden war. Und dann war da ja auch noch die nicht weniger umfangreiche Liste meines Bruders. Was das für meine Eltern bedeutete, wusste ich damals nicht und kümmerte mich auch nicht. Jetzt frage ich mich jedoch ernsthaft, wie ich ein erhöhtes Pensum als Hobby-Managerin schaffen soll, wenn erst die jüngere Tochter in die Schule kommt.

«Ist doch schön», sagt mir eine Freundin. «Ihr seid Hobby-Menschen. Ich suche heute noch nach einer Freizeitbeschäftigung, die zu mir passt.» Und eigentlich hat sie recht. So viele Menschen tingeln interesselos durch ihre Freizeit. Probieren hunderte Dinge aus, die sie nach ein paar Monaten wieder aufgeben. Eltern schleppen ihre Kinder von Schnupperstunde zu Infonachmittag – in der Hoffnung, sie für irgendwas begeistern zu können. Während uns die Beschäftigungen und Leidenschaften stets in den Schoss fielen.

Ich werde meine Kinder höchstens bremsen müssen, damit das Familienleben nicht ganz auf der Strecke bleibt. Und damit sie sich nicht selbst übernehmen. Denn neben den hobbylosen Kindern gibt’s eben auch die hobbyvollen: Die, die an den Kindergeburtstagspartys fehlen, weil sie immer anderweitig verplant sind. Die, die vom Cello- direkt in den Klavierunterricht hetzen, vom Balletttanzen ins Eiskunstlaufen und vom Frühfranzösisch in die Singstunde. Auch das will ich für meine Kinder nicht.

Eine Frage des Masses

Ich will Mittelmass, einfacher Durchschnitt. Was eine vage Masseinheit ist, weil es für jedes Kind etwas anderes bedeutet und darum wie so vieles einfacher gesagt als getan ist. Wie viel ist denn schon gut und genug? Mit der Frage werden wir uns immer wieder aufs Neue auseinandersetzen müssen. Genauso mit der eigentlichen Organisiererei. Einen Vorgeschmack haben wir dank dem neuen Turntag der Tochter jetzt schon einmal bekommen.

Ob unser frisch aufgesetzter Familienplan aufgehen wird, wird sich indes erst noch zeigen. Wenn nicht, werden wir ihn nochmals justieren oder das Hobby ganz an den Nagel hängen müssen. Spätestens mit dem neuen Stundenplan nach den Sommerferien wird dann sowieso wieder alles anders. Wie ich kürzlich schon in einem anderen Zusammenhang erwähnt habe: Als Eltern lebst du ständig nach dem Trial-and-Error-Prinzip.

Wie sieht das Hobby-Management bei euch aus? Und wie viele Hobbys hat dein Kind? Stimme ab und/oder hinterlasse einen Kommentar unten.

Umfrage Kinder-Hobbys

Wie viele (organisierte) Hobbys hat dein Kind?

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Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

Titelfoto: Katja Fischer

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Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.


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