Die Nikon D70 im heimlichen Produktiveinsatz
Hintergrund

Die Nikon D70 im heimlichen Produktiveinsatz

David Lee
8.6.2023

Ist eine Kamera von 2004 heute noch brauchbar? Um das zu testen, habe ich Bilder mit der Nikon D70 gemacht und in einen Artikel geschmuggelt. Gemerkt hat es niemand.

Das Titelbild für meinen Testbericht zur Nikon Z 8 habe ich mit der fast 20 Jahre alten Nikon D70 gemacht. Und weitere Fotos, welche die Z 8 zeigen. Erzählt habe ich das bis jetzt niemandem, auch nicht den zwei Kollegen, die den Artikel vor dem Veröffentlichen korrekturgelesen haben. Es gab keine Kritik, nicht einmal skeptische Fragen, was das für Bilder seien.

  • Produkttest

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    von David Lee

Das soll nicht heissen, dass diese Bilder super sind. Aber sie fallen nicht negativ auf. Dabei ist die D70 aus einer anderen Zeit. Sie hat sechs Megapixel und fünf Autofokus-Punkte. Der briefmarkengrosse Bildschirm ist aus heutiger Sicht lächerlich. Ich kann die Bilder damit nicht beurteilen. Mit dem Sucher auch nicht, denn bei einer Spiegelreflexkamera zeigt der Sucher keine geschossenen Bilder an. Videos erzeugen kann die Nikon D70 auch nicht.

Das Alter der Nikon D70 (links) erkennst du am kleinen Bildschirm. Rechts die Nikon D7500.
Das Alter der Nikon D70 (links) erkennst du am kleinen Bildschirm. Rechts die Nikon D7500.
Quelle: David Lee

Aber akzeptable Fotos machen, das geht. Besondere Tricks braucht es dazu nicht. Ich gehe ähnlich vor wie mit anderen Kameras, auch wenn es zwei, drei Besonderheiten zu beachten gibt.

Produktfotos mit der D70

Für die Produktfotos stelle ich die D70 auf 200 ISO ein. Das ist der tiefstmögliche Wert. Damit hält sich das Bildrauschen in Grenzen. Es werden lange Belichtungszeiten nötig, aber das ist bei Produktfotos kein Problem: Das Produkt bewegt sich nicht. Alles, was ich brauche, ist ein Stativ.

Auch mit einem Stativ kann es kleine Erschütterungen geben. Daher verwende ich den Selbstauslöser. Die fünf bis zehn Sekunden zwischen der Aufnahme und der letzten Kameraberührung sorgen dafür, dass nichts verwackelt. Das mache ich mit jeder Kamera so. Bei der D70 ist es mühsamer als mit anderen Geräten, denn der Selbstauslöser muss nach jeder Aufnahme erneut aktiviert werden. Mehrmals vergesse ich das und nerve mich.

Anders als spätere Spiegelreflexkameras hat die D70 keine Spiegelvorauslösung. Diese Funktion dient ebenfalls dazu, Verwackler zu vermeiden. Bei einer Spiegelreflexkamera klappt der Spiegel unmittelbar vor der Aufnahme hoch, und zwar mit einer hohen Geschwindigkeit. Das verursacht eine kleine Erschütterung, wodurch ein Bild selbst mit Stativ noch leicht unscharf werden kann. Die Spiegelvorauslösung ist nichts anderes als eine kleine Pause zwischen Spiegelschlag und Aufnahme, typischerweise eine oder zwei Sekunden.

Bei kurzen oder sehr langen Belichtungszeiten ist der Spiegelschlag meist kein Problem. Bei meinen Versuchen habe ich Glück: Die Aufnahmen werden scharf.

200 ISO, 1/5 Sekunde, f/9, in Lightroom nachbearbeitet.
200 ISO, 1/5 Sekunde, f/9, in Lightroom nachbearbeitet.
Quelle: David Lee

Weil ich anfänglich nicht wusste, ob die Qualität der D70 genügt, habe ich auch mit der Nikon D7500 Produktbilder geschossen. Die D7500 stammt aus dem Jahr 2017.

Ähnliche Aufnahme mit der D7500. 100 ISO, 1 Sekunde, f/11.
Ähnliche Aufnahme mit der D7500. 100 ISO, 1 Sekunde, f/11.
Quelle: David Lee

Das Bild vom Kartenfach stammt von der D7500. Da war mir das von der D70 zu wenig gut. Das hat aber nichts mit der Kamera zu tun. Beim Bild mit der D7500 habe ich besser belichtet und eine bessere Perspektive gewählt. Mit anderen Worten: Ich habe ein besseres Bild gemacht. Nicht die Kamera.

Foto des Kartenfachs, aufgenommen mit der D70. Schlecht, aber nicht wegen der Kamera, sondern wegen mir: Der Blickwinkel von oben erzeugt schräge Linien, die Karten sind nicht gut sichtbar und das Bild musste nachträglich aufgehellt werden.
Foto des Kartenfachs, aufgenommen mit der D70. Schlecht, aber nicht wegen der Kamera, sondern wegen mir: Der Blickwinkel von oben erzeugt schräge Linien, die Karten sind nicht gut sichtbar und das Bild musste nachträglich aufgehellt werden.
Quelle: David Lee
Das bessere Foto mit der D7500, das es in den Testbericht geschafft hat.
Das bessere Foto mit der D7500, das es in den Testbericht geschafft hat.
Quelle: David Lee

Das «Selfie»

Oftmals arbeite ich allein und habe niemanden, der mich beim Fotografieren fotografieren könnte. Also nehme ich mich selbst auf. So auch beim Testbericht der Nikon Z 8.

Das Titelbild zum Test der Z 8, geschossen mit der D70. 1/8000 Sekunde, 200 ISO, f/2,5.
Das Titelbild zum Test der Z 8, geschossen mit der D70. 1/8000 Sekunde, 200 ISO, f/2,5.
Quelle: David Lee

Mit dem Selbstauslöser passen die meisten Kameras den Fokus nicht mehr an, sobald du den Timer gestartet hast. Darum funktioniert diese Methode nur bei Gruppenbildern, Selfies werden unscharf. Die D70 ist keine Ausnahme.

Mit der D70 funktioniert die Smartphone-App «Snapbridge» nicht, die ich normalerweise zur Fernsteuerung nutze. 2004 gab es noch nicht einmal Smartphones. Ich behelfe mich mit dem manuellen Fokus, was aber ungenau ist. Damit der Fokus nicht auf den Zentimeter genau stimmen muss, blende ich ein wenig ab – auf f/2,5. Es klappt. Erst danach kommt mir in den Sinn, dass ich ja noch einen passenden Infrarot-Fernauslöser hätte. Damit würde es einfacher und besser gehen.

Ein vergleichbares Bild, mit der D7500 geschossen.
Ein vergleichbares Bild, mit der D7500 geschossen.
Quelle: David Lee

Dieser Beitrag ist kein Plädoyer für alte Kameras. Vieles geht mit einer Nikon D70 nur sehr schlecht, etwa Sport und Tierfotografie. Anderes geht gar nicht, etwa Videos. Ich bin froh, nicht mehr mit so einem Fossil arbeiten zu müssen.

Dennoch tut es gut, sich zwischendurch mal wieder in Erinnerung zu rufen, dass die Kameratechnik nicht alles ist. Meistens ist wichtiger, was und wie du fotografierst.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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